Hamburg. Ein fehlendes Tattoo auf der Brust bringt einer Prostituierten vor dem Amtsgericht einen Freispruch.

Unbefriedigend. Oder auch: tote Hose. Viel erwartet und nichts erlebt. Es lief wirklich nicht gut für den abenteuerlustigen Handwerker aus Nordrhein-Westfalen auf dem Kiez. Der 33-Jährige, mit Kollegen auf einem Ausflug nach Hamburg und auch auf Stippvisite an der legendären Meile, „wollte gucken, was da so abgeht“. Üblicherweise wohl reichlich und für jeden Geschmack etwas. Doch für den hoffnungsfrohen Touristen wurde es eine abtörnende Erfahrung. Die Bilanz: Er blechte 2800 Euro – für null Sex.

Der Installateur ist auf eine Betrugsmasche hereingefallen, von der man eigentlich annehmen sollte, dass sie zumindest in Deutschland längst bis in jeden Winkel bekannt ist. Erwartungsfroh im Zimmer einer Steige und von der Taille abwärts schon nackt, rückte er seine EC-Karte nebst PIN-Nummer heraus – und schlief ein. Am nächsten Tag stellte er fest, dass 2800 Euro abgebucht waren. Dumm gelaufen.

Zwei Vorstrafen wegen Betruges

Nun sitzt Mareile G. (Name geändert) auf der Anklagebank im Amtsgericht, seit Jahren im Geschäft mit dem käuflichen Sex aktiv, eine aparte 27-Jährige mit herausforderndem Blick, zierlichem Körper und üppiger Oberweite. Zu dem Vorwurf, sie habe mit einer noch unbekannten Mittäterin entgegen jeglichen Absprachen jeweils 1400 Euro vor und nach Mitternacht mit der EC-Karte des Freiers abgehoben, äußert sie sich nicht. Zwei Vorstrafen wegen Betruges hat die gelernte Kauffrau. Andere Verfahren endeten mit Freispruch.

Der Mann, den sie betrogen haben soll, schildert als Zeuge, wie sein Betriebsausflug im Dezember 2015 ablief. Schon morgens im Zug wurde Alkohol getrunken, auf der Hafenrundfahrt und dem Weihnachtsmarkt ebenfalls. Auf dem Kiez war ihm übel. „Schließlich musste ich mich übergeben“, erzählt der kräftig gebaute 33-Jährige. Kurze Zeit später „sprachen mich zwei Damen an, ob wir uns einen schönen Abend machen wollten“.

Suche im Internet

Als er kurz darauf weitestgehend entkleidet war, hätten sie ihn nach seiner EC-Karte und der PIN-Nummer gefragt. „Sie sagten, es solle nur geprüft werden, ob meine Liquidität vorhanden ist.“ Dann schlief er ein. „Als ich wieder aufwachte, sagten sie, ich hätte so viel Zeit bei ihnen verbracht, dass das 400 Euro kostet.“ Also gab er seine Karte ein zweites Mal heraus – um später festzustellen, dass sie 2400 Euro mehr als angekündigt abgebucht hatten.

Der 33-Jährige ging zur Polizei. Zudem ging er im Internet auf die Suche, ob er zum Thema Abzocke beim käuflichen Sex eine der Frauen entdeckt. Tatsächlich fand er mehrere Artikel mit Fotos, auf denen er eine der beiden Täterinnen wiedererkannt habe, erzählt er. Dass die Angeklagte das sei, wisse er „mit 95-prozentiger Sicherheit“. Als er die Täterin beschreiben soll, fällt ihm wenig ein: „Sie hatte so Grübchen in den Wangen – und einen tätowierten Totenkopf im oberen Bereich der Brüste.“

Vorsitzender „um Würde des Gerichts“ besorgt

Das von dem Zeugen beschriebene Tattoo an der Oberweite habe seine Mandantin definitiv nicht, versichert der Verteidiger. Es sei auch offensichtlich, dass nicht etwa irgendetwas weg­gelasert wurde. „Ich kann Ihnen versichern: Ich habe bereits einen Blick gewagt“, bekennt der Anwalt und regt nach Absprache mit seiner Mandantin an, dass sie gleich hier im Saal einen Einblick gewähren könne. Der Staatsanwältin wäre eine Untersuchung in der Rechtsmedizin lieber. Und der Vorsitzende ist „um die Würde des Gerichts“ besorgt.

Doch weil alle sich einig sind, dass das Verfahren so deutlich zügiger beendet werden kann, und die Angeklagte versichert, dass es ihr nichts ausmache, ihr Dekolleté zu entblößen, stimmt er zu. Dann geht alles ganz schnell: Sie zieht ihren Pulli so weit herab, wie es gerade noch einigermaßen schicklich ist. „Reicht das so?“, fragt die 27-Jährige keck. Es reicht: Kein Tattoo ist zu sehen, keine Narben – bloß wogende Fülle im Doppelpack, alles makellos. Das sind mal pralle Beweismittel. Freispruch.