Hamburg. Die CDU-Opposition wirft dem Hamburger Senat vor, die Rechte der Bürgerschaft zu beschneiden.
Der Streit über die Auskunftspflicht der Landesregierung gegenüber dem Parlament geht in die nächste Runde: CDU-Oppositionschef André Trepoll wirft dem Senat vor, die Rechte der Bürgerschaft zu missachten. Die Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und Opposition habe „einen neuen Tiefpunkt erreicht“, schreibt Trepoll in einem sechsseitigen Brief an Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Ungewöhnlich genug: Weil sich offenbar einiges aufgestaut hat, lädt der CDU-Politiker Scholz zu einem Gespräch ein, an dem nach dem Willen Trepolls auch Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) teilnehmen soll.
Darum geht es vor allem: Mehrfach hatte sich der Senat geweigert, Fragen zu Vorgängen in anderen Bundesländern im Rahmen von parlamentarischen Anfragen zu beantworten. In einem Fall hatte CDU-Schulpolitikerin Karin Prien gegen die teilweise Nichtbeantwortung Beschwerde eingereicht, Bürgerschaftspräsidentin Veit hatte sich dem Protest angeschlossen und Scholz Ende März schriftlich zur Beantwortung aufgefordert. Mittlerweile hat der Bürgermeister in einem vierseitigen Schreiben geantwortet. Der Senat weigerte sich aber auch beim zweiten Mal, die von Prien erneut gestellte Frage zu beantworten.
CDU erwägt Gang vors Verfassungsgericht
Trepoll verweist in seinem Brief an Scholz auf ein Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts vom 20. Mai 2010, das den Abgeordneten ausdrücklich ein weites Auskunftsrecht einräumt. So soll der Nachteil ausgeglichen werden, dass die Bürgerschaftsabgeordneten keine Vollzeitpolitiker sind, sondern in der Regel einem Beruf nachgehen und daher weniger Zeit zu eigener Recherche haben.
Der Streit um die Beantwortung Kleiner Anfragen schwelt schon lange. Senat und Behörden werfen den Abgeordneten vor, mit einer Vielzahl sehr umfangreicher und angeblich zum Teil überflüssiger Fragen die Verwaltung „lahmzulegen“. Dieses Argument lässt Trepoll angesichts der hohen Zahl von Behördenmitarbeitern nicht gelten.
„Rechte der Bürgerschaftsmitglieder achten"
Der Oppositionschef moniert außerdem, dass Behörden bisweilen die Ergebnisse Kleiner Anfragen an die Medien „durchstechen“, bevor die Antworten den Fragesteller erreicht haben. „Faktisch wird den Abgeordneten die Möglichkeit genommen, am öffentlichen politischen Diskurs ... wirksam teilzunehmen“, schreibt Trepoll.
„Mit Nachdruck möchte ich Sie bitten, dafür Sorge zu tragen, dass der Senat die Rechte der Bürgerschaftsmitglieder achtet, im Sinne der Hamburgischen Verfassung ordnungsgemäß antwortet und sich dem Diskurs mit Transparenz und Fairness stellt“, fordert Trepoll Scholz auf. Die CDU überlegt bereits, erneut das Verfassungsgericht anzurufen. Trepoll sieht sein Gesprächsangebot an Scholz als Versuch, den Gang vor das höchste Hamburger Gericht zu vermeiden.