Hamburg. Streit zwischen Bürgerschaft und Landesregierung wegen Nichtbeantwortung Kleiner Anfragen spitzt sich weiter zu
Der Streit zwischen Bürgerschaft und Senat über die Auskunftspflicht der Landesregierung gegenüber dem Parlament geht in die nächste Runde – und der Ton wird rauer. Die stellvertretende CDU-Fraktionschefin Karin Prien hat dem Senat nun erstmals „verfassungswidriges“ Verhalten vorgeworfen. Damit wird immer wahrscheinlicher, dass der Streit zwischen Senat und Bürgerschaft vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht entschieden werden muss.
Darum geht es: Prien hatte sich Anfang Februar in einer Kleinen Anfrage danach erkundigt, wie viel Mathematikunterricht die Schüler in den 15 anderen Bundesländern bekommen. Die Antwort hatte der Senat mit dem Hinweis verweigert, dass er „verwaltungsinterne Daten anderer Länder“ nicht mitteilen könne. Jedes Land dürfe nur über eigenen Angelegenheiten Auskunft geben.
Pikanterweise stellte sich Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) hinter die CDU-Politikerin und bat Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), die Antworten doch noch nachzureichen. Es half nichts: Auch bei einer zweiten Anfrage Priens blieb der Senat bei seinem Nein. Nun hat Prien erneut bei Veit Beschwerde gegen das Auskunftsverhalten des Senats eingelegt.
Dabei rückt immer mehr in den Mittelpunkt, dass Schulsenator Ties Rabe (SPD) in einer Sitzung des Schulausschusses den Eindruck erweckt hatte, er habe die Stundentafeln der anderen Länder, rücke sie nur nicht heraus. „Selbstverständlich ist dem Senat nicht zumutbar, Informationen über Angelegenheiten anderer Bundesländer zu erheben oder zu beschaffen“, schreibt Prien an Veit. „Liegen diese Informationen jedoch dem Senat vor, so stellen sie nach dem Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts vom 28. November 2013 eine öffentliche Angelegenheit der Freien und Hansestadt Hamburg dar“, so die CDU-Schulpolitikerin. Und bei öffentlichen Angelegenheiten bestehe eine Informationspflicht des Senats. Eine spannende Frage lautet also, ob Rabe die Stundentafeln hat oder nicht.
Der Streit hat absurde Züge, weil der Umfang des Mathe-Unterrichts in einem Bundesland ja kein Staatsgeheimnis ist, sondern die Stundentafeln offen zugänglich sind. So geht es dem Senat in Wahrheit um eine grundsätzliche Grenzziehung für das aus seiner Sicht ausufernde Frageverhalten der Abgeordneten. Es gehe darum, einen „Dammbruch“ zu verhindern, so ist aus dem Senat zu hören. Wenn einmal in größerem Umfang Informationen aus anderen Ländern geliefert würden, würde dies immer wieder verlangt.
Es gibt weitere Beispiele Kleiner Anfragen, in denen der Senat Antworten mit beinahe wortgleicher Begründung verweigerte, wie im Fall des Mathe-Unterrichts. So hatte sich CDU-Justizpolitiker Richard Seelmaecker Anfang März nach der Belegung der Frauenvollzugsanstalt in Lübeck und des Jugendvollzugs in Neumünster erkundigt. Solche Informationen lägen „außerhalb des Verantwortungsbereichs des Senats und der parlamentarischen Kontrolle der Bürgerschaft“, antwortete der Senat.
Auch Seelmaecker legte eine Beschwerde bei Veit ein. Die Justizbehörde hat ihm die Daten jedoch mittlerweile bei einem Termin in der Justizvollzugsanstalt Neumünster in Form einer Tabelle übergeben. Das nennt man wohl den „kleinen Dienstweg“.