Hamburg. Training sollte noch vor Gipfel absolviert werden. Innensenator betont, dass Vorbereitung auf Terrorlagen unabhängig von G20 laufe.

Schüsse krachen, ein Sprengsatz explodiert, Verletzte liegen schreiend am Boden. Es sind gestellte Szenen einer Anti-Terror-Übung der Hamburger Polizei – aber sie lassen erahnen, was auf die Beamten zukommen könnte. Nach den verheerenden Anschlägen von Paris und Brüssel hat Hamburg ein neues Anti-Terror-Konzept aufgestellt.

Im vergangenen Jahr hat die Innenbehörde neue Ausrüstung für 4,5 Millionen Euro angeschafft. Nun wurde am Mittwoch der Einsatz mit den neuen Sturmgewehren, Schutzwesten und Helmen geübt, erstmals im Zusammenspiel mit Spezialkräften. Mehr als 100 Polizisten nahmen an der Übung teil. Bereits 70 Streifenwagen in ganz Hamburg haben diese Dinge im Kofferraum. Jeder Beamte soll wissen, was zu tun ist, sollte es in Hamburg einen Terroralarm geben. Und an die Hamburger geht die Botschaft: „Die Polizei ist sehr gut vorbereitet“, wie Polizeipräsident Ralf Martin Meyer sagt.

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Hamburg: Anti-Terror-Übung der Polizei

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    Die Beamten feuern mit Platzpatronen

    Die erste Übungsszene beginnt mit krachenden Salven auf dem Gelände der Reichspräsident-Ebert-Kaserne in Hamburg-Osdorf. Kurz darauf fahren mehrere Streifenwagen heran. Die Beamten steigen aus und legen die Ausrüstung an. Über Funk kommt die Durchsage, dass es bereits Verletzte gibt. Die Täterbeschreibung lautet: „Männliche Person, dunkel gekleidet.“ Die Polizisten formieren sich in zwei Trupps, Sturmgewehre im Anschlag. „Go!“, ruft der Einsatzleiter. Ein Auto, Bäume, Hausecken und ein Fahrradschuppen werden als Deckung genutzt. Ein Mann und eine Frau, beide schwer verletzt, liegen schreiend auf dem Boden vor dem Gebäude, in dem sich der Täter aufhält.

    Die Einsatzkräfte mussten mehrere mutmaßliche Terroristen überwältigen
    Die Einsatzkräfte mussten mehrere mutmaßliche Terroristen überwältigen © HA | Michael Arning

    Zunächst kann ihnen niemand helfen, denn sie befinden sich im Schussfeld des Terroristen. Sechs Zivilisten flüchten aus dem Gebäude auf die Polizisten zu. „Macht doch was!“, brüllt einer die Beamten an. Plötzlich stürmt der Täter um sich schießend aus dem Eingang. Die Beamten feuern – mit Platzpatronen – und der Terrorist stürzt filmreif auf den Rasen. Die Verletzten rufen weiter um Hilfe, aber noch immer eilt niemand zu ihnen. Erst wird das Gelände gesichert. Als Verstärkung kommt, leisten schließlich mehrere Beamte Erste Hilfe.

    "Müssen auch in den eigenen Reihen mit Verlusten rechnen"

    „Das sind Täter, die auf uns warten“, sagt der Leiter der Bereitschaftspolizei, Joachim Ferk, über die Art von Terroristen, mit denen die Polizei in Paris und Brüssel fertig werden musste. „Wir werden auch in den eigenen Reihen mit Verlusten rechnen müssen.“ Wie diese möglichst vermieden werden können, demonstriert eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) der Bereitschaftspolizei an einer Straßensperre.

    Drei gepanzerte Geländewagen, drei Mannschaftstransporter und zwei Schützenpanzer sind hinter- und nebeneinander aufgereiht. An der Seite liegt ein Nagelband. Das verdächtige Auto fährt in die Sperre und stoppt vor einem Schützenpanzer. Schnell blockieren zwei Beamte von der Seite die Räder mit Bremskeilen. Über Lautsprecher geben die Polizisten dem Fahrer Anweisungen. „Hände an die Scheibe!“, „Schalten Sie mit der linken Hand ganz langsam den Motor aus!“ Die Beamten stehen mit Gewehr im Anschlag hinter großen rollbaren Schilden. Der Verdächtige folgt den Befehlen und lässt sich festnehmen. Es explodiert nichts, die Panzerung der Fahrzeuge wird nicht auf die Probe gestellt.

    Innensenator: „Hamburg ist sehr sicher“

    Bei der dritten Szene ist das anders. Mehrere Täter schießen vor und aus einem Gebäude. Die BFE kommt heran und kann zwei Terroristen niederstrecken. Aber sind sie wirklich außer Gefecht gesetzt? Beamte des Mobilen Einsatzkommandos fahren mit einem gepanzerten großen Geländewagen, Typ „Survivor“, vor. Als die Beamten zum Eingang gehen, geht neben ihnen ein großer Böller mit einer Stichflamme hoch. Im Schutz des Fahrzeugs nähern sich zwei Beamte einem am Boden liegenden Täter und fesseln ihn.

    „Das war keine Showveranstaltung“, sagt Innensenator Andy Grote (SPD) anschließend. Auch die normalen Streifenbesatzungen müssten geschult werden. „Wir haben eine unverändert hohe, aber abstrakte terroristische Gefahr.“ Das gelte ganz unabhängig vom G20-Gipfel, der am 7. und 8. Juli in Hamburg stattfindet. Zugleich betont der Senator: „Hamburg ist sehr sicher.“ Die Polizei der Hansestadt habe ein sehr hohes Niveau im Anti-Terror-Kampf. Das der Hamburger Öffentlichkeit zu demonstrieren, ist ein wichtiger Aspekt dieses Übungstages.