Hamburg. Er war bis 2016 Hamburg-Marketing-Geschäftsführer. Jetzt hat er zwei Firmen gegründet – und wirbt für eine andere Stadt.
Ruhestand? Das hört sich für Dietrich von Albedyll wie ein Fremdwort an. Der 66-Jährige war lange Zeit Hamburgs oberster Tourismuswerber und arbeitet nun an seiner zweiten Karriere als Unternehmer. Gleich zwei Firmen hat er gemeinsam mit Geschäftspartnern gegründet und bereits „mehrere Projekte angeschoben“, wie er sagt. Die jahrzehntelange Erfahrung in der Tourismusbranche sei sein Kapital, erzählt der ehemalige Geschäftsführer der Hamburg Tourismus GmbH (HHT) und der Hamburg Marketing GmbH.
Gebräunt vom Dubai-Urlaub kommt Dietrich von Albedyll zum Abendblatt-Gespräch in ein Restaurant in der Neustadt. Bevor er zum Tisch geht, werden erstmal andere Gäste begrüßt. Man kennt sich. Netzwerken ist sein Ding. „Mir geht es richtig gut, und ich fühle mich voller Elan“, sagt von Albedyll und lächelt.
Abrupter Abgang
Das war im Februar 2016 ganz anders. Damals musste er von einem auf den anderen Tag als Tourismuschef gehen, nur knapp zwei Monate vor seinem eigentlichen Vertragsende. Mehr als zwei Jahrzehnte lang hatte von Albedyll den Hamburg-Tourismus geprägt und Jahr für Jahr neue Rekorde bei den Übernachtungszahlen präsentiert. Eigentlich wollte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) einen Senatsempfang für ihn geben. Aber daraus wurde nach seinem abrupten Abgang nichts mehr.
Der Vorwurf: Obwohl er noch im Dienst der Stadt stand, hatte Albedyll bereits seine Beratungsfirma Albedyll Tourismus GmbH im Handelsregister eintragen lassen (wir berichteten). Es sei der Anschein eines Interessenkonflikts entstanden. Das hatte ihm zumindest Staatsrat Andreas Rieckhof (SPD) vorgeworfen. Zum ersten Mal spricht von Albedyll jetzt öffentlich über diese schweren Zeit. „Ich kam morgens um 10 Uhr ins Büro. Es folgte ein Gespräch mit der Behördenleitung, und um 12.30 Uhr habe ich meinen Posten geräumt. Ich wurde einfach fallen gelassen.“
Kein formales Ermittlungsverfahren
Wie in einem falschen Film sei er sich vorgekommen, denn: „Ich hatte ja den Aufsichtsrat der HHT mündlich über die Eintragung der Firma im Handelsregister informiert. Dass ich das nicht schriftlich gemacht habe, war der einzige Fehler.“ Es folgten weitere Untersuchungen. Auch die Dienstreisen des umtriebigen Tourismusmanagers wurden unter die Lupe genommen. Aber am „Ende wurde festgestellt, dass alles korrekt war“, sagt von Albedyll.
Die Staatsanwaltschaft hat das Vorermittlungsverfahren im August 2016 abgeschlossen. Ergebnis: Es wird kein formales Ermittlungsverfahren gegen von Albedyll eingeleitet. „Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten“ hätten sich aus den beigezogenen Unterlagen und den Sonderprüfungsberichten nicht ergeben, bestätigte die Staatsanwaltschaft Hamburg damals. In diesem Moment habe er für sich einen „Schlussstrich unter dieses traurige Kapitel“ gezogen und sich auf seinen „neuen Lebensabschnitt“ konzentriert, sagt von Albedyll.
Im Harburger Hafen ein Vier-Sterne-Hotel
Ortswechsel. Dietrich von Albedyll bittet in sein neues Büro mit Blick auf das Fleet in den Räumen seines Geschäftspartners Wolfgang Raike, einem PR-Unternehmer. Das Privileg eines Vorzimmers mit Sekretärin oder eines Mitarbeiterstabs hat von Albedyll hier nahe dem Rödingsmarkt nicht mehr: „Das ist eben echte Selbstständigkeit“, sagt er lächelnd.
Erste Aufträge hat von Albedyll bereits in der Tasche. Mit der Albedyll Hotel GmbH und Partnern wird er ein neues Vier-Sterne-Hotel mit 209 Zimmern und fünf Suiten im Harburger Binnenhafen betreiben. Die Fertigstellung ist voraussichtlich 2018/2019. „Das ist ein Leuchtturmprojekt für Harburg.“ Bei einem Haus soll es nicht bleiben. Er habe schon weitere interessante Standorte im Blick, auch im benachbarten Ausland.
Liebe zu Schwerin
Aber nicht nur für seine eigene Firma geht von Albedyll auf die Suche nach passenden Flächen, sondern auch im Auftrag für einer „renommierten deutschen Hotelkette.“
Außerdem hat von Albedyll seine Liebe zu Schwerin entdeckt. Er wolle die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern, die viel Potenzial habe, nach vorne bringen. Vor Kurzem ist Dietrich von Albedyll zum stellvertretenden Vorsitzenden der Marketinginitiative der Wirtschaft – Region Schwerin e. V. (PMI Schwerin) gewählt worden. Es gibt weitere Städte im Norden, die von seinem Know-how profitieren sollen: „Meine Aufgabe ist es dann, an diesen Orten den Tourismus nach vorne zu bringen“, sagt der Hamburger Experte.
Urlaub macht von Albedyll jetzt häufiger
Sich einfach zurückzulehnen und sein Handicap beim Golfspielen zu verbessern, kommt für ihn nicht infrage. Aber: „Ich bin jetzt mein eigener Herr und kann mein Arbeitspensum selber bestimmen.“ Meist ist von Albedyll gegen 9.30 Uhr im Büro oder reist zu Geschäftsterminen und Branchentreffen durch die Republik. Doch er gönne sich auch mal den einen oder anderen freien Tag in der Woche und sein Arbeitstag müsse nicht mehr zehn Stunden haben.
Urlaub macht von Albedyll jetzt häufiger. Eine Reise nach Sylt steht an. Auch Madrid, seiner Geburtsstadt, wird er einen Besuch abstatten. Und es gibt da noch etwas, was sich an ihm verändert hat. Sein Outfit. Das marineblaue Sakko mit den Goldknöpfen, die graue Flanellhose und die gestreifte Krawatte waren fast schon sein Markenzeichen - als er noch im Amt war. Der neue Dietrich von Albedyll kommt nun häufiger in „Jeans und Pullover“ ins Büro. Ganz leger.