Hamburg. Fünf der wichtigsten Hamburger Banker fordern rentablere Altersvorsorge und erklären, warum Kundenberatung kaum möglich ist.

Niedrigzinsen, strenge regulatorische Vorgaben der Politik, Filialsterben, Arbeitsplatzabbau – die Hamburger Bankenbranche befindet sich aktuell in einer historischen Umbruchphase. Grund genug für das Abendblatt, fünf der wichtigsten Banker der Stadt an einen Tisch zu holen. In den Redaktionsräumen des Abendblatts entwickelte sich ein launiges, spannendes, zum Teil kontroverses Gespräch mit überraschenden Aussagen.

Wie legen Hamburgs Banker derzeit ihr Geld an?

Hans-Walter Peters: Bei den aktuell extrem niedrigen Zinsen kommt niemand an der Aktie vorbei. Und hier sollte man eine Fondslösung wählen, um das Risiko zu streuen.

Stefan Knoll: Bei mir ist die Immobilie mit dabei – und zwar als Direktanlage. Zudem setze ich auch auf Aktien.

Harald Vogelsang: Ich kann Ihnen sagen, wie ich für meine Kinder das Geld anlege: Ich nehme jeden Monat einen bestimmten Betrag und investiere ihn in Aktienfonds. Wenn man das 20 Jahre lang durchhält – also quasi mit der Geburt der Kinder anfängt –, dann muss man sich auch keine Sorgen um Wertsteigerungen machen. Für meine Frau und mich gilt bei der Anlage übrigens dasselbe. Der Vorteil dieser kontinuierlichen Anlagestrategie ist es, dass man auch in Phasen Aktien kauft, in denen die Kurse gesunken sind, man die Papiere also besonders günstig bekommt.

Frank Haberzettel: Die Kollegen haben bereits das Wichtigste genannt: Auf jeden Fall gehören Aktien und Immobilien dazu. Bei Aktien orientiere ich mich persönlich auch stark international, schaue zum Beispiel in Richtung Schweiz und in die USA.

Reiner Brüggestrat: Wir haben im vergangenen Jahr unser Hausdach neu gemacht – da braucht man sich dann um Geldanlage nicht mehr viele Gedanken zu machen (lacht). Ansonsten gehören Aktien selbstverständlich dazu. Und ich experimentiere auch mal ganz gerne. So habe ich einen kleineren Betrag in einen sogenannten Robofonds gesteckt. Hier bestimmen Maschinen statt Menschen, wie das Geld angelegt wird. Und das Ergebnis ist durchaus erfreulich.

Greifen denn auch die Kunden in Hamburg wieder verstärkt zur Aktie?

Knoll: Die Niedrigzinspolitik mit der „bösen Null“ hat die Kunden wieder dazu gebracht, sich stärker mit ihrer Geldanlage zu befassen. Trotzdem habe ich nicht den Eindruck, dass wir eine stetig wachsende Aktienkultur haben. Die Deutschen sind sehr risikoscheu.

Stefan Knoll,
Deutsche Bank
Stefan Knoll, Deutsche Bank © HA | Roland Magunia

Haberzettel: Zudem handeln die deutschen Anleger sehr prozyklisch. Läuft es an der Börse gut, sind sie eher bereit, Aktien zu kaufen. Läuft es schlecht, lassen sie die Finger davon. Und das ist ein Fehler. Man sollte kontinuierlich Geld in Aktien anlegen, um auch von stärkeren Kurssteigerungen aus einer Baisse heraus zu profitieren. Insgesamt geht bei der Commerzbank aber die Nachfrage nach Aktien schon leicht nach oben.

Sind wir ein Land der Sparer?

Brüggestrat: Das trifft es sehr gut. Die Deutschen erwarten ganz einfach für ihr angelegtes Geld immer eine Gegenleistung. Diese muss nicht hoch sein, aber sie muss kontinuierlich erfolgen. Die Sicherheit steht dabei an oberster Stelle. In angelsächsischen Ländern sind die Menschen dagegen viel risikobereiter. Es ist weiterhin sehr harte Arbeit für uns Banker, die Menschen von Sinn und Notwendigkeit der Geldanlage in Aktien zu überzeugen.

Vogelsang: Ich glaube nicht, dass die Aktienscheu der Deutschen gottgegeben ist, sondern sie hat historische Gründe. Ein Grund war das Kursdesaster nach der Einführung der angeblichen Telekom-Volksaktie. Damals ist viel Unheil angerichtet worden. Dazu kam das Platzen der Neuen-Markt-Blase. Zudem ist die kontinuierliche Anlage in Aktien nie vom Staat gefördert worden – im Gegensatz zum Bausparen. Das ist ein Fehler. Wenn der Staat zum Beispiel einen Fonds mit Aktien finanziell fördern würde, welcher die hiesige Wirtschaft gut abbildet, dann würde er dadurch sogar noch Investitionen in den Standort Deutschland fördern.

Herr Peters, wie sind denn aus Ihrer Sicht die Chancen, den Staat für so eine Idee zu begeistern?

Peters: Ich halte es für eine gute Idee, wenn neben vermögenswirksamen Leistungen, die man ja auch in Aktienfonds anlegen kann, weitere Programme die Aktie ins Blickfeld der Bürger rücken würden. Gerade in Zeiten von niedrigen Zinsen ist das eine gute Möglichkeit, Vermögen zu bilden. Vielleicht sollte man aber mit so einem Vorstoß bis nach der Bundestagswahl warten.

Vogelsang: Ich würde damit nicht bis nach den Wahlen warten. Denn gerade jetzt vor der Wahl könnten einzelne Parteien, wenn sie sich unserem Vorstoß anschließen würden, damit unterstreichen, dass sie ein Herz für den kleinen Sparer haben. Diese Positionierungen der Parteien gehören jetzt in die Wahlprogramme.

Hans-Walter
Peters,
Berenberg und Bankenverband
Hans-Walter Peters, Berenberg und Bankenverband © HA | Roland Magunia

Brüggestrat: Ich fände es auch gut, wenn alle Geldinstitute – Banken und Sparkassen – sich gemeinsam hinter einen solchen Vorstoß stellen würden. Dann könnte das Thema richtig Fahrt aufnehmen.

Peters: Wir können das gerne unter den Verbänden diskutieren – und wenn wir noch vor den Bundestagswahlen einen gemeinsamen Vorstoß hinbekommen? Warum nicht!

Haberzettel: Wir als Banken müssen auch unseren Teil zu einer neuen Aktienkultur beitragen. Bei der Commerzbank machen wir das durch Aufklärung und preiswerte Anlagemodelle, bei denen wir branchenübliche Ausgabeaufschläge für Fonds abgeschafft haben.

Peters: Wenn wir über eine neue Aktienkultur reden, dann dürfen wir nicht die immer strenger werdenden politischen Regulierungen aus den Augen verlieren. Die neue EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MIFID II) lässt doch eine vernünftige Beratung des Kunden gar nicht mehr zu. Diese Richtlinie ist ein Bürokratiemonster – und viele Banken werden sich wegen der strengen Regulierungen aus der Beratung lieber verabschieden, als sich den Vorgaben unterzuordnen.

Vogelsang: Die neue Richtlinie macht eine vernünftige Beratung tatsächlich sehr, sehr kompliziert.

Angenommen jemand möchte 5000 Euro in Aktien anlegen – wie lange würde nach MIFID II dann eine Kundenberatung dauern?

Vogelsang: Mindestens 90 Minuten.

Wollen die Kunden diese Beratung denn überhaupt?

Peters: Das schon. Aber der Verwaltungsaufwand, die Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten sind so immens, dass viele Banken bestimmte Dienstleistungen und Produkte bald gar nicht mehr anbieten können.

Frank Haberzettel,
Commerzbank
Frank Haberzettel, Commerzbank © HA | Roland Magunia

Vogelsang: Zudem darf man nicht vergessen, dass es sich bei mindestens der Hälfte des Gesprächs gar nicht um eine Beratung handelt, sondern um eine reine Dokumentation. Das ist doch absurd.

Kommen wir neben Aktien auf eine andere wichtige Form der Geldanlage zu sprechen – die Immobilie. Die Preise sind extrem gestiegen, ist es heute riskant, in Hamburg eine Immobilie in guter Lage zu kaufen?

Vogelsang: Nein, es ist nur riskant, eine Immobilie in schlechter Lage zu kaufen. Allerdings gibt es durchaus ein paar Immobilien in Liebhaberlagen, die heute bereits extrem überteuert sind. Das ist aber nicht das typische Objekt, welches eine Durchschnittsfamilie sucht. Schwieriger wird es im Umland. Und zwar dort, wo die öffentliche Verkehrsanbindung nicht gut ist. Dort kann ein Kauf riskant sein. Eine Immobilienblase für Hamburg sehe ich jedenfalls nicht.

Knoll: Dagegen spricht auch der eher geringe Fremdfinanzierungsanteil beim Hauskauf.

Peters: Gute Lagen in Hamburg werden sich immer verkaufen.

Haberzettel: Mit der Immobilienkrise in Südeuropa lässt sich die Situation in Deutschland überhaupt nicht vergleichen. Die Verschuldung ist schlicht zu niedrig. Für Hamburg als einen der deutschen Immobilien-Hotspots mache ich mir sowieso keine Sorgen.

Wie ist denn die Nachfrage nach Baufinanzierungen in Hamburg?

Haberzettel: Ich gehe davon aus, dass wir 2017 wieder ein Rekordjahr haben werden. Unser Neugeschäft lag in den ersten Wochen dieses Jahres um ein Drittel über Vorjahr.

Vogelsang: Wir blicken bei Immobilien auf ein gutes Gesamtjahr zurück. Allerdings haben wir die Auswirkungen der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie, durch die Hausfinanzierungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen schwieriger wird, schon gespürt.

Harald Vogelsang,
Hamburger Sparkasse
Harald Vogelsang, Hamburger Sparkasse © HA | Roland Magunia

Knoll: Diese Richtlinie führt auf jeden Fall nicht dazu, dass mehr Immobilien gekauft werden. Und der Zeitaufwand für eine Beratung ist extrem gestiegen.

Seit 1999 sind allein bei den großen Banken rund 7000 Stellen in Hamburg verschwunden. Wird sich die Entwicklung fortsetzen?

Knoll: Ich denke, dass der größte Abbau hinter uns liegt. Wir haben als Deutsche Bank in Hamburg noch rund 1300 Arbeitsplätze. Und gerade mit Blick auf die Herausforderungen in der Kundenberatung benötigen wir ausreichend Personal.

Vogelsang: Ich denke, bei der Haspa werden wir die Zahl der Stellen eher konstant halten können. Allerdings wird sich die Art der Arbeitsplätze – vor allem durch die zunehmende Digitalisierung – stark verändern.

Brüggestrat: Das sehe ich ähnlich. Was ein Bankmitarbeiter in fünf Jahren macht, wird sich wesentlich von der heutigen Arbeit unterscheiden. So müssen zum Beispiel die Bankberater nicht nur besonders eng am Kunden sein, sondern sie müssen auch zu einem digitalen Lotsen werden. Der Kunde braucht Hilfestellungen, um sich in der vielfältigen digitalen Welt noch zurechtfinden zu können.

Gehen die Kunden überhaupt mit in die neue digitale Welt oder wollen sie – gerade die älteren – mit Online-Banking gar nichts zu tun haben?

Haberzettel: Auch die Mehrheit der älteren Kunden steht der digitalen Welt sehr offen gegenüber. Als Bank muss man heute beides haben: eine gute Online-Strategie und eine exzellente persönliche Beratung.

Peters: Unsere Kunden erwarten nach wie vor die persönliche Betreuung durch den Berater. Die wird aber ergänzt durch immer mehr digitale Angebote. So will der Kunde zum Beispiel online schauen können, wie sich sein Vermögen entwickelt. Wir haben seit 2013 unsere IT-Ausgaben verdoppelt – allerdings muss man dazu sagen, dass leider das Gros dieses Geldes in die Regulierung fließt.

Knoll: Wir haben mittlerweile alle unsere Mitarbeiter in den Filialen mit iPads ausgestattet. Die Nutzung der iPads ist aber sehr unterschiedlich. Bei einigen liegt es noch im Schrank, andere nutzen es täglich im Kundengeschäft. Nicht nur die Kunden, auch viele Beschäftigte müssen sich an den digitalen Wandel gewöhnen.

Vogelsang: Wir werden die Digitalisierung nicht zurückdrehen können. Letztlich werden Bankgeschäfte so auch einfacher. Aber der persönliche Kundenkontakt bleibt besonders wichtig ...

... weshalb die Haspa nun alle Filialen modernisiert.

Reiner Brüggestrat,
Hamburger Volksbank
Reiner Brüggestrat, Hamburger Volksbank © HA | Roland Magunia

Vogelsang: Genauso ist es. Wir wollen nicht die Fehler unserer Wettbewerber machen und das Filialnetz massiv ausdünnen. Stattdessen wollen wir, dass unsere Filialen zu Treffpunkten für Menschen im jeweiligen Stadtteil werden. Die Haspa will in Hamburg etwas machen, das in der Branche einzigartig ist – und das funktioniert nicht über digitale Angebote, sondern über persönliche Beziehungen zu den Menschen in der Nachbarschaft. Und das ist weit mehr als nur ein neues Raumkonzept.

Knoll: Man sollte die Schließung von Filialen nicht losgelöst beurteilen, sondern in einen Kontext mit Investitionen in Digitalisierung und andere Beratungsformate setzen. So bauen wir beispielsweise ein Beratungscenter in Hamburg mit über 70 neuen Arbeitsplätzen auf und ermöglichen damit Kunden einen Zugang mit erweiterten Beratungszeiten am Abend und am Sonnabend.

Haberzettel: Die Beratung ist der entscheidende Punkt. Deshalb bleiben wir als Commerzbank vor Ort und investieren in unsere rund 50 Filialen in Hamburg. Danach wird sich zeigen, wer das bessere Filialkonzept hat. Die Ideen zur Neugestaltung der Haspa-Filialen kommen mir jedenfalls sehr bekannt vor. Wenn ich mir unsere Flagship-Filialen in Hannover oder Bremen anschaue, dann habe ich den Eindruck, dass diese langsam branchenweit zum Standard werden.

Sie meinen, dass die Haspa bei der Commerzbank abgekupfert hat?

Haberzettel: Fakt ist, dass unsere Strategie funktioniert. Ich habe kein Pro­blem damit, wenn Wettbewerber das auch so sehen.

Sie haben sehr viel über die Probleme mit der Regulierung gesprochen. Ist sie nicht auch eine logische Konsequenz aus dem verbreiteten Fehlverhalten von Bankern im Umfeld der Finanzkrise? Die Deutsche Bank jedenfalls wird in Form von hohen Schadenersatzklagen immer wieder davon eingeholt.

Peters: Viele Banken sind doch von der Krise gar nicht betroffen gewesen, aber alle wurden über einen Kamm geschert. Regulierung ist sinnvoll, um die Stabilität des Finanzsystems zu wahren, aber sie muss mit Augenmaß erfolgen – gerade bei kleineren Banken.

Brüggestrat: Wir als Branche tragen eine Kollektivschuld für Fehler einzelner Banken in der Vergangenheit ab. Bei manchen Dingen, die in den letzten Jahren ans Licht gekommen sind, ist es mir schon sehr schwer gefallen, noch die Branchensolidarität zu wahren.

Wie wichtig ist eigentlich das Wohlergehen der Deutschen Bank für die bundesdeutsche Wirtschaft?

Vogelsang: Es ist für die gesamte deutsche Kreditwirtschaft wichtig, dass es der Deutschen Bank gut geht. Sie ist eben die Vorzeigebank dieses Landes – und eine exportorientierte Nation braucht eine Bank, die in ihrer Branche international vorne mitspielt.

Peters: Ich sehe das ähnlich. Wenn es der Deutschen Bank nicht gelingt, an die alte Stärke anzuknüpfen, können ausländische Banken hier Industriepolitik machen. Deshalb brauchen wir eine starke Deutsche Bank.

Brüggestrat: Seit der Finanzkrise haben allerdings die Regionalbanken – genossenschaftliche Institute wie auch die Sparkassen – in Deutschland am stärksten an Geschäft gewonnen. Ich nehme das mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis.

Haberzettel: Die am stärksten wachsende Filialbank in Deutschland ist immer noch die Commerzbank.

Brüggestrat: Falls Sie das an Kundenzahlen festmachen sollten: Diese Maßgröße erscheint mir aber immer fragwürdiger. Die Einwohnerzahl in Deutschland erreicht nicht annähernd die Größenordnung, die sich ergibt, wenn man die von den Banken genannten Kundenzahlen addiert.

Haberzettel: Mehrere Bankverbindungen zu haben, ist für viele Kunden heute normal. Entscheidend ist deshalb Wachstum bei Kunden, verwaltetem Vermögen und ausgereichten Krediten. Und da sind wir sehr erfolgreich.

Knoll: Hier fiel eben der Begriff Regionalbank. Man muss sich aber fragen, ob es für die Menschen in Hamburg wirklich einen Unterschied macht, ob die Bank, bei der sie Kunde sind, auch hier ihren Hauptsitz hat oder nicht. Ich sage meinen Kollegen zum Beispiel in der Filiale in Poppenbüttel, dass sie für Poppenbüttel da sind. Da ist es gleichgültig, dass unsere Zentrale in Frankfurt zu Hause ist.

Vogelsang: Das unmittelbare Umfeld wird für die Menschen in Zeiten der Globalisierung immer wichtiger. Hamburger reisen zwar gerne um den Globus. Wenn aber jemand, der in Harburg wohnt, zu einem anderen sagt: ,Ich fahre in die Stadt‘, dann meint er damit das Zentrum von Harburg. Sonst würde er sagen: ,Ich fahre nach Hamburg‘. Das muss man wissen, wenn man in einer Bankfiliale vor Ort arbeitet. Genau darum ist es so wichtig, in den einzelnen Stadtteilen fest verankert zu sein.

Wenn wir mit der Diskussion schon wieder in Hamburg angekommen sind – in welcher Verfassung ist der hiesige Bankenstandort?

Peters: Im Hinblick auf das Privatkundengeschäft ist Hamburg zweifellos ein guter Standort. Mittelständische Firmen hatten allerdings früher mehr Auswahl, was die potenziellen Bankpartner angeht. Einige Institute haben hier längst nicht mehr die Bedeutung, die sie noch vor zehn Jahren hatten. Damit ist es für die anderen auch schwieriger geworden, neue Mitarbeiter mit Erfahrung zu gewinnen.

Vogelsang: Auf der anderen Seite gibt es in der Stadt exzellente Privatbankhäuser wie Berenberg und M.M.Warburg, die sich gut entwickelt haben. Außerdem ist Hamburg als Stadt und als Wohnort sehr attraktiv – das macht es uns leichter, qualifizierten Nachwuchs hierher zu holen. Und wir haben inzwischen auch eine quicklebendige FinTech-Szene. Damit wird Hamburg auch interessant für junge Leute, die sich in diesem Umfeld tummeln wollen.

Knoll: Tatsächlich ist vielen noch nicht bewusst, dass Hamburg immerhin der zweitgrößte FinTech-Standort hinter Berlin ist. Die Vernetzung mit diesen jungen Firmen bietet uns Banken hier erhebliche Chancen.

Wie unterscheiden sich denn die heutigen Berufsanfänger in der Bankenbranche von denen früherer Jahrzehnte?

Vogelsang: Wichtiger als ein hohes Gehalt ist ihnen, Ideen verwirklichen zu können.

Haberzettel: Diese Erfahrung machen wir ebenfalls. Interessanterweise führt das auch dazu, dass immer mehr junge Menschen in die Selbstständigkeit wechseln, um ihre Ideen umzusetzen.

Brüggestrat: Für uns stellt sich die Frage: Wie hält man diese jungen Leute im eigenen Unternehmen? Die haben einen tollen ,Spirit‘. Wir wissen alle, dass sich unsere Branche in den nächsten Jahren stark verändern wird. Im Hinblick auf diesen Kulturwandel sind die jungen Mitarbeiter die wichtigsten Akteure.

Stichwort Kulturwandel – getreu dem neuen „Dresscode“ der Haspa sieht man selbst den Vorstandssprecher inzwischen meist ohne Krawatte, so wie auch heute. Ist das mehr als eine Äußerlichkeit?

Vogelsang: Da steckt mehr dahinter, als ich selbst dachte. Die Veränderung geht auf den Vorschlag eines Auszubildenden während eines Workshops mit den Vorständen zurück. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir ohne Krawatte gewissermaßen befreiter unterwegs sind. Das äußert sich ganz konkret darin, dass man leichter auf Ideen für Neues kommt. Wichtig ist mir aber, dass der neue ,Look‘ keine Pflicht ist.

Wie viele Haspa-Manager kommen denn noch mit Krawatte?

Vogelsang: Ich schätze, es sind ungefähr 20 Prozent.

Zum Schluss noch eine Prognose zu den Zinsen: Wann steigen sie wieder?

Vogelsang: Die Langfrist-Zinsen haben sich ja schon leicht nach oben bewegt. Für die Banken wäre es eine enorme Entlastung, wenn die Europäische Zen­tralbank wenigstens die Negativzinsen abschaffen würde. Das erwarte ich aber nicht mehr 2017.

Knoll: Die Frage ist doch, wann auch die Sparer spüren, dass es wieder eine nennenswerte Verzinsung für sie gibt. Ich fürchte, das wird in den nächsten zwei Jahren noch nicht der Fall sein.