Hamburg. Abgeschlossene Lehre war bisher Voraussetzung. Künftig bilden die Brandschützer selbst aus. Handwerk könnte Verlierer sein.

Die Hamburger Berufsfeuerwehr soll größer werden. Bis zum Jahr 2021 will sie zusätzlich mehr als 200 Beamte in den Dienst bringen. Damit dies trotz altersbedingter Abgänge möglich ist, muss die Feuerwehr jedes Jahr 120 Nachwuchskräfte einstellen.

Um junge Leute für sich zu gewinnen, rührt die Feuerwehr kräftig die Werbetrommel. Schon jetzt sind Hunderte U- und S-Bahnen mit Stellenwerbung für die Feuerwehr beklebt; es gibt auf die jungen Leute zugeschnittene Image-Filme, die Lust machen sollen auf einen „spannenden, actiongeladenen“ Job. Angedacht sind außerdem Edgar-Cards, Facebook-Aktionen und klassische Anzeigen. Genützt hat es nicht viel: Weil sich zu wenig geeignete Bewerber gefunden hatten, musste die Feuerwehr in diesem Jahr einen Lehrgang schon komplett streichen.

Angeworben werden soll schon in der Schule

Das soll sich ändern. Während die Feuerwehr bisher nur Handwerker mit abgeschlossener Berufsausbildung in die 18-monatige Laufbahnausbildung schickt, will sie nun selbst eine „Ausbildung zum Feuerwehrmann“ mit darin integrierter handwerklicher Lehre anbieten, wie Feuerwehrchef Klaus Maurer am Donnerstag ankündigte.

Kommentar: Ausbildung ist Chance für beide Seiten

Der Vorteil: Die Feuerwehr könnte die jungen Leute praktisch schon in der Schule anwerben. Nachteil: Sie setzt sich damit in direkte Konkurrenz zum ebenfalls von Nachwuchssorgen geplagten Handwerk. Für diesen Berufsweg müssen die Gesetze noch angepasst werden, erste Gespräche mit Kooperationsbetrieben laufen. Maurer: „Unser Ziel ist es, den neuen Ausbildungsgang im Sommer 2018 anzubieten.“

Zahl der Einsätze steigt

Dass eine technisch und personell gut ausgestattete Feuerwehr für Hamburg unentbehrlich ist, daran ließ Innensenator Andy Grote (SPD) am Donnerstag keinen Zweifel. Ein Blick auf die Zahlen unterstreicht das. Von Jahr zu Jahr eilt die Feuerwehr zu immer mehr Einsätzen. Mit 286.464 Alarmierungen im Vorjahr verbucht sie nun den nächsten Rekord. Die meisten Einsätze bewältigte 2016 der Rettungsdienst (254.308).

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion forderte Grote auf, die Feuerwehr in diesem Leistungsbereich zu entlasten: Zu Spitzenzeiten sollte sie verstärkt auf Hilfsorganisationen wie Malteser oder Johanniter zurückgreifen können, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU, Dennis Gladiator.

Schutzziel wird zu oft verfehlt

Dagegen musste die Feuerwehr nur 11.702-mal wegen Feueralarms ausrücken. Maurer erinnert in dem Zusammenhang an den gewaltigen Brand einer Lagerhalle an der Peutestraße (Veddel) Anfang Mai 2016 und den 83-stündigen Einsatz auf dem brennenden Containerfrachter „Arauco“ im September.

Allerdings erfüllte die Feuerwehr nur in 69,5 Prozent der Brandeinsätze das sogenannte AGBF-Schutzziel – angestrebt werden 85 Prozent. Um das Ziel zu erreichen, sollen zehn Feuerwehrleute innerhalb von acht Minuten an jedem beliebigen Brandort im Stadtgebiet sein, sechs weitere fünf Minuten später eintreffen. Doch im Vorjahr kam die Feuerwehr in vielen Fällen etwas zu spät oder mit zu wenig Leuten am Brandort an.

Hoher Krankenstand erschwert Situation

Einige Wachen schafften es noch nicht einmal, in der Hälfte der Einsätze pünktlich am Brandort zu sein. Und ohne die 68 freiwilligen Feuerwehren, die sich entgegen dem Bundestrend über einen Mitgliederzuwachs freuen, sähe es noch viel düsterer aus. Verantwortlich macht Maurer für die Entwicklung vor allem einen hohen Krankenstand seit Mitte 2016. Inzwischen sei man aber in Sachen Schutzziel wieder auf Kurs. Maurer: „Es geht hier wirklich um Feintuning.“

Es gab auch Positives zu berichten über das Jahr 2016, das die Feuerwehr mit Einsätzen wie dem Tornado über Bramfeld auf Trab hielt. So sank die Zahl der Großbrände auf 21 (2015: 27), die der Fehlalarmierungen durch Heimrauchmelder ging leicht zurück (1380). Auch gab es mit zehn Brandtoten fünf weniger als im Jahr davor. Das große Löschboot, das wohl 2018 in Dienst gestellt wird, ist im Bau, zwei kleine in Planung. Zudem stieg die Zahl der Beschäftigten bei der Feuerwehr um 110 auf fast 3000 – ein plus von vier Prozent.