Hamburg. FDP-Fraktionschefin Katja Suding spricht bei der Reform von einem „teuren Bürokratiemonster“. Grundsteuer zehnmal höher?

Wenn die Reform der Grundsteuer Realität wird, die der Bundesrat schon beschlossen hat, dann kommen auf Immobilienbesitzer und Mieter in Hamburg außerordentliche Kostensteigerungen zu. Laut einer von der Finanzbehörde erhobenen Stichprobe von rund 850, über die Stadt verteilten Gebäuden würde sich die Grundsteuer nach dem neuen Modell im Durchschnitt verzehnfachen.

Hamburg und Bayern haben im Bundesrat gegen den Gesetzentwurf gestimmt, über den nun der Bundestag entscheiden muss. „Das ist ein irrsinniges und teures Bürokratiemonster“, sagte FDP-Bürgerschafts-Fraktionschefin Katja Suding. „Neben einer immensen finanziellen Belastung der Eigentümer und Mieter würde das Reformmodell auch zu einer Überlastung von Finanzverwaltung und Gerichtsbarkeit führen.“ Die FDP fordert in einem Antrag, der am morgigen Mittwoch in der Bürgerschaft behandelt wird, den Senat auf, ein eigenes Modell einer Grundsteuerreform zu entwickeln, das die Metropolregionen nicht zusätzlich belastet.

Mehr als 650.000 Wohnungen betroffen

Dass die Bemessung der Grundsteuer reformiert werden muss, ist unumgänglich. Der Bundesfinanzhof hatte bereits in einem Urteil vom 22. Oktober 2014 festgestellt, dass die geltenden Vorschriften als verfassungswidrig anzusehen sind, weil die sogenannten Einheitswerte, die die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer sind, seit langer Zeit nicht aktualisiert wurden. Im Westen gelten die Werte von 1964, im Osten von 1935. Eine Aktualisierung, die sich an den tatsächlichen Grundstückswerten orientiert, würde vor allem in den Metropolen, in denen die Preissteigerungen sehr deutlich sind, zu erheblichen Steuererhöhungen führen.

Allein in Hamburg wären die Mieter von mehr als 650.000 Wohnungen betroffen, weil die Eigentümer die Steuer in der Regel auf die Nebenkosten umlegen. „Unter den Mietern befinden sich auch zahlreiche Personen mit geringen Einkommen, die aufgrund des hohen Mietniveaus in Metropolen wie Hamburg ohnehin einen großen Anteil ihres monatlichen Budgets für Mietzahlungen aufwenden müssen“, schreibt Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) in einem Fachaufsatz. „Insofern sind die Auswirkungen einer Grundsteuerreform ... auch in sozialpolitischer Hinsicht sensibel“, so Tschentscher.

Bodenrichtwert soll entscheidend sein

Das Reformmodell des Bundesrats sieht vor, bis 2023 alle 35 Millionen Grundstücke in Deutschland neu zu bewerten. Bei unbebauten Grundstücken soll der Bodenrichtwert entscheidend sein, bei bebauten Grundstücken zudem noch der Gebäudewert erfasst werden. Diese Werte sollen dann mit einer vom Bund festgelegten Steuermesszahl multipliziert werden. Die Länder können, wie jetzt auch, eigene Hebesätze bestimmen. Die Reform soll aufkommensneu­tral sein – Mehreinnahmen müssten durch Absenkung von Steuermesszahl und Hebesatz kompensiert werden.

Tschentscher und Suding weisen darauf hin, dass Hamburg erheblich mehr in den Länderfinanzausgleich (LFA) einzahlen müsste, wenn die Hebesätze deutlich gesenkt würden. Die Grundsteuer wird für den LFA nicht real bewertet, sondern nach einem erwartbaren Durchschnitt. Wird der Durchschnitt real unterschritten, ist es für den LFA unerheblich. Hamburg müsste zahlen. Bundesweit liegt das Grundsteueraufkommen bei 13 Milliarden Euro. Hamburg nimmt jährlich rund 450 Millionen Euro ein.