Hamburg. Mogelpackungen, unnötige Plastikfolien und niedrige Sparzinsen stehen laut Umfrage ganz oben auf der Liste der größten Ärgernisse.
Hamburgs Verbraucher ärgern sich vor allem über versteckte Preiserhöhungen, zu viel Plastik bei Verpackungen und die viel zu niedrigen Sparzinsen. Das ergab eine Umfrage der Verbraucherzentrale Hamburg und der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz zum heutigen Weltverbrauchertag. Die Ergebnisse liegen dem Abendblatt exklusiv vor. In sieben Themenbereichen mit insgesamt 35 Fragestellungen konnten die Verbraucher anklicken, was sie ärgert. Im Schnitt fand jeder zehn Punkte, bei denen der Verbraucherschutz besser werden soll.
Beratungsangebote der Verbraucherschützer
„Deutliche Anstiege der Unzufriedenheit gegenüber dem Vorjahr gibt es bei den Themen Energiepreise und kostenpflichtige Zusatzleistungen beim Arzt“, sagt Michael Knobloch, Vorstand der Verbraucherzentrale. Die Resultate der Internet-Umfrage unter 1035 Personen habe ihn überrascht. „Denn nicht alles, was nervt, wie etwa die Mogelpackungen, führt zu einer Beratung bei uns“, sagt Knobloch. Die Verbraucherschützer machen jährlich 160.000 Beratungen. Das Abendblatt beleuchtet die acht Themen, die die Hamburger am meisten nerven.
1. Mogelpackungen
Mogelpackungen sind versteckte Preiserhöhungen, und das ärgert 80 Prozent der Hamburger. Das Prinzip: Bei unverändertem Preis wird die Füllmenge reduziert. Der Trend hält seit Jahren an. Vor allem Markenprodukte sind davon betroffen. Im März kürten die Verbraucherschützer das Vitalis Früchtemüsli von Dr. Oetker zur Mogelpackung des Monats. Statt bisher 600 Gramm stecken nur noch 500 Gramm in der Packung. „Bei gleichem Preis von 2,99 Euro entspricht das einer versteckten Preiserhöhung von 20 Prozent“, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Der Hersteller begründet das mit einer verbesserten Rezeptur.
2. Plastikverpackungen
Über zu viel Plastik bei Verpackungen ärgern sich 79 Prozent der Hamburger. „Viele in Plastik verschweißte Produkte lassen sich ohne Hilfsmittel gar nicht öffnen“, sagt Valet. Noch ärgerlicher sei, wenn Bioprodukte wie Gurken oder Paprika in Folie eingeschweißt werden, auch wenn es dafür nachvollziehbare Gründe gebe. Denn die Produkte müssen von der Ernte über Lagerung und Verkaufsregal bis zur Kasse von konventionellen Gemüse unterscheidbar sein. „Hier sollte der Handel bessere Lösungen finden“, sagt der Verbraucherschützer. Rewe will Bio-Obst und -Gemüse künftig mit dem Bio-Logo lasern. Mit einer Art Brandzeichen werden zunächst Süßkartoffeln und Avocados versehen, um auf die Folie zu verzichten.
3. Niedrige Sparzinsen
Nach einer Erhebung des Vergleichsportals Verivox liegt der durchschnittliche Zins auf dem Tagesgeldkonto bei 0,01 Prozent. Das treibt 58 Prozent der Verbraucher um. Selbst wer sein Geld für fünf Jahre anlegt, bekommt nur 0,27 Prozent Zinsen. „Die Leute wissen nicht, was sie mit ihrem Geld machen sollen“, sagt Verbraucherschützerin Kerstin Becker-Eiselen. „Trotz Minizinsen wollen viele Kunden ihrer Hausbank nicht den Rücken kehren.“ Zwar könnten die Sparer mit den niedrigen Zinsen die aktuelle Inflationsrate nicht ausgleichen, aber die Kaufkraftverluste lassen sich reduzieren. Denn einige Banken bieten noch einen Tagesgeldzins zwischen 0,50 und 0,70 Prozent an.
4. Ärger mit Kleingedrucktem
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gehören zu jedem Vertrag. Ob Handy oder Versicherung: Kaum einer liest das Kleingedruckte. Erst wenn es Probleme gibt, zeigt sich, wie nachteilig das ist. 58 Prozent der Verbraucher fühlen sich vom Kleingedruckten übervorteilt. Doch wer Schaden vorbeugen will, sollte sich wenigstens den Punkt Verlängerung und Kündigung ansehen. „Die Kündigungsfristen können bis zu drei Monate betragen“, sagt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale. Ohne Kündigung verlängern sich viele Verträge wieder um ein ganzes Jahr.
5. Energiepreise
Innerhalb von zehn Jahren sind die Energiepreise für die Verbraucher um rund 50 Prozent gestiegen. Ein großes Ärgernis für 56 Prozent der Hamburger. Ein Dreipersonenhaushalt bezahlt jetzt monatlich 84 Euro für Strom. Vom 1. April an wird es noch teurer. Vattenfall erhöht die Preise um rund drei Prozent. „Noch haben viele ihren Stromanbieter nicht ein einziges Mal gewechselt und sind noch im Basistarif ihres Grundversorgers Vattenfall“, sagt Knobloch. Dabei kann ein Dreipersonenhaushalt mit einem Anbieterwechsel rund 400 Euro im ersten Jahr einsparen, wie die Vergleichsportale Check24 und Verivox zeigen. Der Wechsel geht einfach, denn im Grundversorgertarif beträgt die Kündigungsfrist nur zwei Wochen. Beim Anbieterwechsel sollte darauf geachtet werden, dass keine Tarife mit einer vorher festgelegten Strommenge (Pakettarife) erworben werden und keine Vorkasse geleistet wird.
6. Ungebetene Anrufe
Das Telefongespräch beginnt mit harmlosen Fragen, doch am Ende wollen die Anrufer etwas verkaufen: Stromverträge oder Wein. Solche Anrufe nerven nicht nur, sie sind bei Privatleuten auch verboten, wenn die Anbieter nicht das Einverständnis des Angerufenen haben. Doch viele Anbieter halten sich nicht daran. 56 Prozent der Hamburger ärgern sich darüber. Nur bei wenigen Vertragsarten müssen die am Telefon geschlossenen Vereinbarungen auch schriftlich vom Angerufenen bestätigt werden. Jetzt gibt es eines Gesetzesinitiative, nach der das für alle Verträge gelten soll.
7. Zusatzleistungen beim Arzt
Jede dritte Hamburger ärgert sich über die individuellen Gesundheitsleistungen (IGel), die gesetzlich Versicherten beim Arzt immer häufiger angeboten werden. „Die Patienten werden in eine Kundensituation gebracht, die sie beim Arzt nicht gewohnt sind“, sagt Christoph Kranich von der Verbraucherzentrale. So gebe es fast keinen Termin beim Augenarzt mehr, ohne dass die Augeninnendruckmessung zur Früherkennung des grünen Stars (Glaukom) angeboten werde. Die Kosten liegen zwischen 20 und 30 Euro. Das Portal www.igel-monitor.de kommt zu dem Ergebnis, dass die Augeninnendruckmessung ein Glaukom nicht zuverlässig vorhersagen oder diagnostizieren kann.
8. Abofalle Smartphone
Unerklärliche Zusatzkosten in der Handyrechnung können Folge eine Abofalle sein, etwa für eine App oder eine andere Dienstleistung. Jeder fünfte Hamburger ärgert sich darüber. „Solche Abschlüsse können Folge einer weggewischten Werbung sein“, sagt Verbraucherschützerin Rehberg. Doch die Mobilfunkanbieter können nach einem Urteil des Landgerichts Potsdam die Kunden nicht einfach an die Drittanbieter verweisen (Az. 2 O 340/14). „Wer das Geld kassiert, muss auch erklären, wofür“, sagt Rehberg. Sie rät unberechtigte Rechnungsposten für Leistungen Dritter gegenüber dem Telefonunternehmen zu bestreiten. Wer sich Ärger ersparen will, kann eine Drittanbietersperre beim Telefonanbieter einrichten. „Insbesondere bei Kindern ist das ratsam“, sagt Rehberg. Dann werden solche Zusatzkosten zuverlässig ausgeschlossen.