Hamburg. Gesetzesänderung führt zu deutlich mehr Tempo-30-Zonen in der Stadt. Grüner Pfeil für Radfahrer soll eingeführt werden.

Es ist eine Lieblingsforderung der Grünen, auch in Hamburg: Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften. Nun könnte dieser grüne Traum bald Wirklichkeit werden – und zwar aufgrund einer von der Großen Koalition in Berlin beschlossenen Veränderung der Straßenverkehrsordnung.

In Paragraf 45 des Gesetzes wurde nämlich nun ein Passus eingefügt, nach dem vor Schulen, Kitas, Alten- und Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 30 leichter als bisher eingeführt werden kann. Und die am vergangenen Freitag vom Bundesrat beschlossene Verwaltungsvorschrift zu dem Gesetz erhebt Tempo 30 vor den genannten Einrichtungen sogar zur Regel.

Kommentar: Tempo 30 in Hamburg – aber nicht überall

Nur „im Ausnahmefall“ könne auf die Absenkung verzichtet werden – wenn nämlich „negative Auswirkungen“ auf den öffentlichen Personennah­verkehr oder eine „Verkehrslagerung auf die Wohnnebenstraßen“ zu befürchten sei. Tempo 30 müsse auf eine Strecke von 300 Metern Länge und auf die Öffnungszeiten begrenzt werden, falls die jeweilige Einrichtung solche festgelegt habe, heißt es in der nun beschlossenen Vorschrift.

Sicherheit ist das oberste Ziel

„Sicherheit ist das oberste Ziel unserer Verkehrspolitik. Bereits im Koalitionsvertrag haben wir daher vereinbart, Tempo 30 vor Schulen auszuweiten und uns für eine bundeseinheitliche Regelung einzusetzen“, sagte der Grünen-Verkehrspolitiker und Bürgerschaftsabgeordnete Martin Bill dem Abendblatt. „Die Grünen setzen sich dafür ein, Tempo 30 zur Regelgeschwindigkeit innerorts zu machen. Das ist bisher bundesweit nicht mehrheitsfähig. Ich freue mich daher, dass wir mit der neuen Straßenverkehrsordnung eine klare Regelung haben, die wesentlich mehr Tempo 30 ermöglicht.“

Der Bezirk Nord will sofort Fakten schaffen

Die Bezirke machen bereits Druck, was die Ausweitung von Tempo 30 angeht. Dabei sind die Grünen keineswegs allein, auch SPD-Politiker fordern eine rasche Anwendung der neuen Möglichkeiten. Rot-Grün in Hamburg-Nord etwa will am 23. März einen Antrag in der Bezirksversammlung beschließen, in dem es heißt, der Bezirksamtsleiter solle sich dafür einsetzen, dass an „Hauptverkehrs-, Vorfahrts- und weiteren Straßen im Bezirk mit Schulen, Kitas, Seniorenwohnanlagen, Kranken­häusern und Einrichtungen für Menschen mit Assistenzbedarf Tempo-30-Abschnitte angeordnet werden“.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bezirksfraktion, Alexander Kleinow, wird dabei sehr deutlich – auch gegenüber der von seinem SPD-Genossen Andy Grote geführten Innenbehörde. „Die Innenbehörde täte gut daran, die neue Straßenverkehrsordnung zügig in Handlungsanweisungen für die Polizei zu übersetzen und Hamburg ein Stück sicherer zu machen“, so Kleinow. „Von Drangsalierung der Autofahrer kann keine Rede sein.

Tempo 30 soll in Hamburg künftig fast überall gelten

In der Abwägung wiegt die Sicherheit der schwächsten Verkehrsteilnehmer wie Kinder und Senioren schwerer. Ich bin mir sicher, dass die Verbesserung der Sicherheit auf breite Zustimmung der Hamburger trifft.“ Auch die rot-grüne Koalition in Eimsbüttel habe sich bereits für die Ausnutzung neuer Spielräume ausgesprochen. „Es bleibt zu hoffen, dass andere Bezirke sich anschließen.“

Der Grünen-Fraktionschef in Nord, Michael Werner-Boelz, fügte hinzu: „Die Unfallstatistik 2016 hat wieder belegt, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen Hauptursache von Unfällen sind. Eine Entschleunigung des Verkehrs ist dringend geboten.“

Grüner Pfeil ausschließlich für Radfahrer

Wie die neuen Regelungen genau umgesetzt werden, darüber wird nun beraten. Die Innenbehörde will gemeinsam mit der Wirtschafts- und Verkehrsbehörde, der Sozial-, der Schul- und der Gesundheitsbehörde „klären, in welchem Verfahren und nach welchen Kriterien die Neuregelungen umgesetzt werden sollen“, sagte der persönliche Referent von Innensenator Andy Grote (SPD) dem Abendblatt. „Es werden auch die bisherigen Vorgaben für die Beschilderung zu überarbeiten sein.“

Auch eine weitere Neuerung könnte es bald geben: einen grünen Pfeil ausschließlich für Radfahrer. Hamburg will an einem Pilotversuch des Bundes teilnehmen, der klären soll, „ob es unter Verkehrssicherheitsgesichtspunkten sinnvoll ist, das Grünpfeil-Schild nur auf den Radverkehr in Einzelfällen zu beschränken“, heißt es aus der Innenbehörde. Hamburg werde sich „im Interesse der Förderung des Radverkehrs im Rahmen der Radverkehrsstrategie um eine Teilnahme an der Untersuchung bemühen“.