Bad Oldesloe. Unfallzahl steigt. Beamte sehen motorische Defizite als eine Ursache. Aber auch ältere Autofahrer oft unsicher

Die Zahl der im Straßenverkehr verunglückten Kinder ist im Vorjahr gestiegen. „Am häufigsten verunfallen Kinder als Radfahrer“, sagt Polizeihauptkommissar Kay-Uwe Güsmer. Der Verkehrssicherheitsbericht der Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg für 2016 verzeichnet 99 Unfälle mit Kindern, fünf mehr als im Jahr davor. In 53 Fällen saß das Kind auf dem Fahrrad, 33 Mal war es der Unfallverursacher.

„Kinder können heute in Windeseile Nachrichten in ihr Smartphone tippen, aber auf dem Fahrrad sind viele sehr unsicher“, sagt Güsmer. Für ihn spielen „zu wenig Übung und Probleme mit der Motorik und dem Gleichgewicht“ eine Rolle. Habe das Kind seinen eigenen Körper nicht unter Kontrolle oder zu wenig Gefühl dafür, könne es auf dem Fahrrad erst recht nicht angemessen reagieren.

Dieses Jahr gibt es mehr Radar- und Alkoholkontrollen

Für Holger Meincke, den stellvertretenden Chef der Polizeidirektion Ratzeburg, sind die Eltern in der Pflicht. „Das gilt natürlich auch für die richtige Sicherung der Kinder im Auto“, sagt er. Immer wieder stellten Polizisten bei Kontrollen fest, dass Mütter und Väter ihren Nachwuchs weder korrekt anschnallen noch geeignete Kindersitze haben. „Sind doch nur ein paar Hundert Meter“, laute dabei die häufigste Ausrede. „Wer am Straßenverkehr teilnimmt, übernimmt automatisch Verantwortung anderen Menschen gegenüber“, sagt Polizeidirektor Meincke.

Die Zahl der Unfälle ist um knapp fünf Prozent auf 6120 gestiegen. Während 2015 fünf Menschen auf Stormarns Straßen ums Leben kamen, gab es im vergangenen Jahr neun Verkehrstote. Die Zahl der Schwerverletzten hat sich um 24 auf 126 erhöht.

„Das hängt unter anderem damit zusammen, dass es mehr Unfälle außerhalb geschlossener Ortschaften gab“, sagt Kay-Uwe Güsmer. „Dort ist die Geschwindigkeit meist erhöht, und die Unfälle sind schwerer.“ Für dieses Jahr kündigt er deshalb vermehrte Radarkontrollen an.

Sorge bereitet der Polizei auch die steigende Zahl der Verkehrsunfälle mit über 65 Jahre alten Autofahrern. Die Sondererhebung „Unfallgeschehen Senioren“ zeigt, dass im vergangenen Jahr in Stormarn ältere Menschen an 353 Unfällen beteiligt waren. Die Folgen: ein Todesopfer und 125 verletzte Personen. „In 196 Fällen waren die Senioren auch die Unfallverursacher“, sagt Holger Meincke.

„Wir wollen die Eigenverantwortung der Senioren fördern“, sagt der Polizeidirektor, der sich seit Langem mit der Thematik beschäftigt und „natürlich niemandem allein aus Altersgründen den Führerschein abnehmen will“. Mobilität sei gerade in ländlichem Umfeld enorm wichtig und ein Zeichen von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit.

Immer mehr Senioren fahren bewusst nur noch tagsüber

„Wer jedoch bemerkt, dass er beim Autofahren in bestimmten Situationen immer wieder in Stress gerät, der sollte versuchen, diese zu vermeiden“, sagt Verkehrsexperte Kay-Uwe Güsmer. Seine Erfahrung zeige, dass viele ältere Fahrer richtig reagierten. „Es gibt immer mehr Senioren, die ganz bewusst nur noch tagsüber ihr Auto benutzen oder die Hauptverkehrszeiten meiden“, sagt Güsmer. Der Grund sei, dass sie sich nicht mehr fit genug fühlten.

Seine Grenzen zu erkennen, sie eventuell in speziellen Fahrtrainings auszuloten und sich regelmäßig einem Gesundheitscheck zu unterziehen: Das seien Zeichen von großem Verantwortungsbewusstsein. „Und das sollte wirklich jeder einzelne Teilnehmer des Straßenverkehrs egal welchen Alters haben“, so Güsmer.

Einen deutlichen Anstieg verzeichneten die Polizeibeamten bei Unfällen in Stormarn, bei denen der Fahrer unter Alkoholeinfluss stand: Im Jahr 2015 waren es 63 Unfälle, im vergangenen Jahr 98. Dabei starben zwei Menschen, 54 wurden verletzt. „Natürlich werden wir auch hier unsere Kontrollen verstärken“, so Holger Meincke.

Für Motorradfahrer bietet die Polizei zum Saisonstart auch wieder Sicherheitstrainings an. Zwar ist die Zahl der Todesopfer bei Motorradunfällen 2016 von vier auf drei gesunken. „Aber jeder Verkehrstote ist einer zu viel“, sagt Kay-Uwe Güsmer.

Das nächste Sicherheitstraining organisiert die Polizeidirektion in Zusammenarbeit mit der Kreisverkehrswacht Herzogtum Lauenburg. Es findet in Lübeck (Am Flugplatz 4) statt, die Kosten betragen 100 Euro für das Grund- und 120 Euro für das Aufbautraining. Anmeldungen nimmt die Polizeidirektion Ratzeburg unter den Telefonnummern 04541/80 92-130 und 80 92-131 entgegen.