Kinder sind besser zu schützen. Dennoch liegt der Bundesrat jetzt falsch.
Emotionslos listet die Unfallbilanz der Hamburger Polizei die Zahlen für 2016 auf: 678 Kinder wurden hier bei Unfällen verletzt, zwei getötet. Die Mädchen und Jungen saßen im Auto ihrer Eltern, als es zum Unfall kam, sie waren mit ihrem kleinen Helm nahezu schutzlos auf dem Rad unterwegs oder wurden als Fußgänger vom Auto erfasst. Um die Schuldfrage geht es hier nicht, wohl aber um Verantwortung. Und die tragen wir Erwachsenen. Kinder reißen sich von der Hand los, an der sie gehen. Sie toben dem Ball hinterher, der auf die Straße rollt. Sie geraten mit dem Rad ins Trudeln, weil sie noch unsicher fahren. Auch wenn es sich wie eine Binsenweisheit anhört: Der Schutz von Kindern sollte absolute Priorität haben im Straßenverkehr. Sollte. Hat er aber noch nicht überall. Und so fällt die erste Reaktion auf die Entscheidung des Bundesrates, Tempo 30 zu forcieren, positiv aus.
Nur: Während es in der Nähe von Kitas größeren Nachholbedarf gibt, gilt rund um sehr viele Schulen in Hamburg längst Tempo 30. Kernproblem ist also nicht die fehlende Vorschrift, sondern die fehlende Einsicht. Viel zu viele Autofahrer inklusive Eltern halten sich nicht ans Tempolimit. Und die Polizei kontrolliert offensichtlich längst nicht in dem Umfang, der nötig wäre, einen erzieherischen Effekt zu erzielen.
Wenn aber jetzt der rot-grün dominierte Bundesrat die Straßenverkehrsordnung dergestalt ändert, dass Tempo 30 eher Regel als Ausnahme werden könnte, so hat das bei Weitem nicht allein den Grund, Kinder besser zu schützen. Es ist der nächste Schritt, Autofahren immer unattraktiver zu machen. Eine erzieherische Maßnahme für alle, die immer noch nicht auf Rad oder Bahn umgestiegen sind. Doch statt einer dogmatischen Verkehrspolitik braucht Hamburg eine realistische. Sie muss eben auch den Anforderungen an die Funktionsfähigkeit einer Stadt und Wirtschaftsmetropole gerecht werden. Tempo 30 auf Hauptstraßen bremst den Verkehr aus – und gehört verboten.