Hamburg. Auch nach der Trennung hielt der Angeklagte ein sehr wachsames Auge auf die Unternehmungen seiner Ex.

Aufbrausend, emotional, eifersüchtig: Die Eigenschaften, die die junge Frau dem Vater ihrer Tochter zuschreibt, lassen ahnen, dass eine Beziehung mit ihm nicht unbedingt einfach ist. Und auch nach der Trennung hielt der Mann ein sehr wachsames Auge auf die Unternehmungen seiner Ex. Der erste kinderfreie Abend für die Mutter? Da schwante dem Eifersüchtigen Unheil. Und so überließ er, statt sich erstmals allein um sein Baby zu kümmern, das Kind lieber der Obhut der Oma – um sich selber der Kontrolle seiner früheren Partnerin zu widmen. „Ich wollte ein bisschen spionieren“, gibt der 27-Jährige freimütig zu.

Und was er da sah, die Exfreundi­n mit einem anderen Mann in ihrer Wohnung auf dem Sofa, ließ ihn rot sehen und ausrasten. Man möchte meinen, dass der aufbrausende Typ derjenige ist, der auf der Anklagebank landet. Doch stattdessen ist es der gute Kumpel seiner Exfreundin, der sich wegen Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft wirft Christof B. (alle Namen geändert) vor, den früheren Partner seiner Bekannten mit Faustschlägen attackiert zu haben. Doch der 38-Jährige schildert sich als besten Freund mit besten Absichten. „Ich wusste ja schließlich, dass ihr Ex ein eifersüchtiger Kerl war.“

Beide Männer erstatteten Anzeige

Sie seien in einer Clique auf dem Weihnachtsmarkt gewesen, erzählt der Angeklagte, ein besonnen wirkender Mann im dunklen Anzug, über die Ereignisse vom Dezember 2015. Anschließend habe er seine Bekannte, mit der er seit über zehn Jahren gut befreundet sei, nach Hause gebracht und sich noch mit ihr unterhalten. „Auf einmal sah ich, dass eine Person am Fenster der Erdgeschosswohnung vorbeischlich. Ich wusste von meiner Bekannten, dass sie mit einem anderen Mann ein gemeinsames Kind hat, dass sie aber seit Längerem getrennt seien.

Und als es Sturm klingelte, war uns beiden klar: Das ist bestimmt er.“ Der Wütende sei hereingestürmt und habe ihn sofort attackiert. „Er hat mich bestimmt vier- bis fünfmal geschubst. Wir gingen zu Boden.“ Er selber, in einer Kampfsportart geschult, habe bewusst nicht zurückgeschlagen, sondern sich lediglich gegen die Attacken geschützt. „Ich war in der größtmög­lichen Verteidigungshaltung, habe ihn lediglich beim Abwehren mal getroffen. Wenn ich ihn hätte verletzen wollen, hätte das anders ausgesehen.“ Am Ende erstatteten beide Männer gegenseitig Anzeige, doch Christof B. zog seine sehr schnell zurück.

Exfreund sei „total aggressiv“ gewesen

Die Frau, um die der Streit ging, bestätigt die Angaben des Angeklagten. Ihr Exfreund sei „total aggressiv“ gewesen, erzählt die 29-Jährige. „Das ist halt mein Ex, der ist super eifersüchtig und will nicht, dass ich andere Männer treffe.“ Eigentlich sei verabredet gewesen, dass Thomas H. auf die gemeinsame Tochter aufpasse. „Es war mein erster kinderfreier Abend. Und dann so was! Es war für mich eine total blöde Situation: Hier mein bester Freund und da der Vater meiner Tochter.“

Letzterer wirkt auch vor Gericht auf Sturm gebürstet. Sein Mund nur eine schmale Linie, die Augen zusammen­gekniffen, lässt sich der 27-Jährige auf den Zeugenstuhl plumpsen und schaltet dann auf stur. „Ich erinnere mich an nix mehr“, behauptet er, der bei der Polizei noch angegeben hatte, sein Widersacher habe ihm „mindestens zehn Faustschläge“ versetzt. Auf Nachfrage gibt Thomas H. zu, dass er seiner Exfreundin hinterherspioniert hat. Ob er eifersüchtig sei? „Wer ist das nicht?“, versetzt der Zeuge. „Aber wir sind eine Familie und müssen weiterhin miteinander auskommen.“

Wer hat den ersten Schlag gesetzt?

Als er durch das Fenster einen anderen Mann mit seiner Exfreundin auf dem Sofa gesehen habe, habe es keine Rolle gespielt, dass nichts auf ein Verhältnis hindeutete. „Ich war sauer, es gab Streit und eine Rangelei. Ich weiß aber nicht mehr genau, wie es dazu kam.“ Es sei gut möglich, dass der Angeklagte sich lediglich verteidigt habe. „Ich möchte niemandem etwas anhängen, was vielleicht gar nicht so stattgefunden hat.“

Der Staatsanwalt beantragt Freispruch, weil nicht festzustellen sei, wer den ersten Schlag gesetzt habe. Dem folgt auch die Amtsrichterin in ihrem Urteil. Sie gehe davon aus, dass der Exfreund „überreagiert hat. Er ist hoch emotional, auch hier im Gerichtssaal“, sagt sie. Entscheidend sei, dass es in der jungen Familie, auch wenn die Eltern getrennt seien, in Zukunft friedlich zugehe.