Hamburg. Zu viele Bewerber sind nicht fit und haben Höhenangst. Deshalb ist eine große Kampagne in U-Bahnen, Schulen und auf Messen geplant.
Das Ziel ist ehrgeizig: 120 Mann, rund 40 mehr als geplant, will die Hamburger Feuerwehr im kommenden Jahr einstellen. Auch um auszugleichen, dass in diesem Jahr ein kompletter Lehrgang mangels geeigneter Bewerber nicht stattfinden kann. Helfen soll dabei ein ausgeklügeltes Werbekonzept sein.
Doch die Anforderungen an angehende Feuerwehrleute sind enorm hoch. Eine Herabsetzung der Standards will man unbedingt vermeiden. Daniel Dahlke, Landesvorsitzender des Berufsverbands Feuerwehr Hamburg glaubt nicht an den Erfolg. Er befürchtet, dass in den kommenden Jahren Teile der Aufgaben im Rettungsdienst beispielsweise an das DRK oder private Anbieter abgegeben werden müssen, um genug Personal für Löschzüge zu haben.
Ungünstiger Zeitpunkt
Der Zeitpunkt, zu dem die Bewerberzahlen sinken, ist denkbar ungünstig. Die Hamburger Feuerwehr muss in den kommenden Jahren besonders viel Nachwuchs aufbauen, um die zahlreichen Pensionierungen zu kompensieren. Wie dramatisch die Situation ist, zeigt die Altersstruktur bei den Angehörigen des Feuerwehrtechnischen Dienstes, also bei den Einsatzabteilungen. Fast die Hälfte dieser insgesamt 2396 Beamten ist 45 Jahre und älter. Feuerwehrleute werden mit 60 pensioniert.
Darüber hinaus muss im Zusammenhang mit dem Elbtunneldeckel zusätzliches Personal für Portalwachen und eine komplett neue Feuerwache in Schnelsen mit mehr als 100 Mann gestellt werden. Weitere Feuerwachen, im Zusammenhang mit neuen Wohnquartieren, werden gefordert.
Unkalkulierbar ist, wie sich das Personal beim Rettungsdienst entwickelt. Für diesen neuen Berufszweig, bei dem die Angehörigen zunächst ausschließlich in Rettungswagen und nicht auf den Löschzügen eingesetzt werden, gibt es zwar genug Bewerber. Allerdings nutzen viele junge Leute die Ausbildung lediglich als Zwischenstation, beispielsweise, um mehr Punkte für ein Studium zu bekommen. „Wir stellen deswegen in diesem Bereich über den Bedarf ein“, sagt Feuerwehrsprecher Werner Nölken.
Um genügend Nachwuchs zu bekommen, soll deshalb kräftig die Werbetrommel gerührt werden. So fahren bereits 250 U-Bahnzüge sowie 200 S-Bahnen mit Feuerwehrwerbung. Auch im „Stellenreport School“ wurde inseriert. Im kommenden Jahr soll die Aktion „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“ starten, sollen Anzeigen in Zeitschriften geschaltet, Stände an Weiterbildungsmessen und Infosäulen an Schulen aufgestellt werden. Auch Edgar-Cards, Facebook-Aktionen und klassische Anzeigen sind in der Vorplanung. „Die personellen und monetären Voraussetzungen sind geschaffen“, so Nölken.
Zugeständnisse bei Sporttest
Um mehr Frauen ausbilden zu können, hat die Polizei bei Sporttest Zugeständnisse gemacht. Das will man bei der Feuerwehr nicht. „80 Kilo sind 80 Kilo“, sagt Nölken. Das ist in etwa das Gewicht einer bewusstlosen Person, die aus einer brennenden Wohnung gerettet werden muss.
Die körperliche Eignung für solche Einsatzsituationen wird bei einem Sporttest festgestellt. Dabei müssen 3000 Meter in 15 Minuten gelaufen werden, zwölf Liegestütze, Wechselsprünge, ein Beugehang, Medizinballwurf, der Closed Kinetic Chain Upper Extremity (CKCU)-Test, ein Parcours und eine „Personenrettung“ absolviert werden.
Speziell entwickeltes Trainingshandbuch
Dabei gibt es enge Zeit- und genaue Wiederholungsvorgaben. Für die Vorbereitung stellt die Feuerwehr sogar ein von der Deutschen Sporthochschule Köln entwickeltes Trainingshandbuch zur Verfügung. Frauen, die sich ohnehin selten bewerben, schaffen das meistens nicht. Die Folge: Auf den Löschzügen der Feuerwehr kommt nicht mal eine Frau auf 100 Mann.