Hamburg . Tausende Euro lassen sich bei fehlerhaften Darlehensverträgen sparen. Stiftung Warentest hatte Beratung vieler Banken bemängelt.
Die Beschwerden über Ratenkredite bei der Verbraucherzentrale häufen sich. Viele Hamburger kommen erst in die Beratung, wenn die Schuldenlast bereits immens drückt. Für einige Betroffene besteht nun die Hoffnung, dass sie sich ihres teuren Kredits entledigen können. „Weitgehend unbekannt ist, dass sich auch bei Ratenkrediten der Widerruf eines Darlehensvertrages auszahlen kann“, sagt Gabriele Schmitz von der Verbraucherzentrale Hamburg. Das gelte vor allem, wenn die Kredite mit einer teuren Restschuldversicherung verknüpft sind und die Darlehen höhere Beträge erreichen. Solche Policen sollen vor einer unverschuldeten Zahlungsunfähigkeit absichern.
„Wenn es fehlerhafte Widerrufsbelehrungen gibt, ist ein Ausstieg auch Jahre nach Vertragsabschluss und sogar noch dann möglich, wenn das Darlehen bereits abbezahlt ist“, sagt Schmitz. Die Erklärung dafür: Bei einer falschen Widerrufsbelehrung kann der Widerruf jederzeit erklärt werden. Einschränkungen des Widerrufs wie sie der Gesetzgeber für Immobilienkredite erlassen hat, gibt es bei Ratenkrediten nicht.
„Prämie wird auf Kredit aufgeschlagen“
Einer der Betroffenen ist Rentner Helmut M., der mehrere Kredite zwischen 2009 und 2012 bei der Targobank aufgenommen und zusätzlich Restschuldversicherungen abgeschlossen hat. „Ich wollte meine Frau davor schützen, dass sie im Fall meines Todes den Kredit mithilfe der Versicherung abbezahlen kann“, sagt M. Wie teuer dies aber tatsächlich werden würde, überblickte er nicht. „Die Nettokreditsumme lag bei 38.500 Euro.
Doch die Gesamtkosten aus Zinsen, Bearbeitungsgebühren und der teuren Restschuldversicherung beliefen sich auf rund 70.000 Euro“, rechnet die Verbraucherschützerin vor. Allein die Restschuldversicherung kostet rund 9400 Euro, um das Darlehen über die Laufzeit von sieben Jahren abzusichern. „Die Prämie wird auf den Kredit aufgeschlagen und auch verzinst“, sagt Schmitz. Knapp zehn Prozent an Zinsen musste M. bezahlen.
Mit einer Risikolebensversicherung eines Direktversicherers hätte sich M. für weniger als ein Drittel der Summe absichern können und die Beiträge hätten nicht im voraus bezahlt werden müssen. „Bei der Targobank sind in der Prämie 20 Prozent an Vertriebsprovision und fünf Prozent für die Verwaltung enthalten“, sagt Schmitz.
Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale Hamburg kann M. zwei Kreditverträge wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen anfechten. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen Vorteile belaufen sich auf rund 35.000 Euro. Auch bei den Berechnungen für andere Kunden ermittelten die Verbraucherschützer Beträge zwischen 6500 und 20.000 Euro, die die Betroffenen durch einen Widerruf sparen könnten.
Verbraucherzentrale prüft Ratenkreditverträge
Die Verbraucherzentrale prüft Ratenkreditverträge und gibt eine Handlungsempfehlung. Allerdings entstehen dem Verbraucher dadurch Kosten in Höhe von 100 Euro. Die überwiegende Mehrheit der Kreditverträge, die zur Prüfung auf ihrem Tisch landet, enthalten solche fehlerhaften Widerrufsbelehrungen und können dann noch widerrufen werden.
Anzeichen dafür sind unklare Formulierungen zu Beginn der Widerrufsfrist, etwa mit dem Wort „frühestens“, wie das auch bei vielen Baudarlehen der Fall war. Insbesondere wenn mit dem Kredit eine Restschuldversicherung abgeschlossen wurde, sind die Widerrufsbelehrungen häufig falsch. „Die Gerichte sehen in der Kombination von Kredit und Versicherung ein verbundenes Geschäft. Die Widerrufsbelehrungen der Verträge müssen deutlich machen, dass bei einem Widerruf auch der verbundene Vertrag entfällt. Viele Belehrungen tun dies jedoch nicht“, sagt die Verbraucherschützerin.
Zinssätze höher als marktübliche Konditionen
Zwar können Ratenkredite durch den Kreditnehmer grundsätzlich mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden, aber durch den Widerruf ergeben sich finanzielle Vorteile. Bei einer normalen Kündigung muss der Kunde eine Vorfälligkeitsentschädigung von einem Prozent der Restschuld entrichten. Beim Widerruf profitiert der Kunde von zwei Faktoren: Die Prämien für den Versicherungsschutz müssen erlassen oder zumindest reduziert werden, ebenso die darauf berechneten Zinsen.
Häufig waren die Zinssätze der angefochtenen Verträge auch höher als die marktüblichen Konditionen, die von der Bundesbank ermittelt werden. „Dann haben die Betroffenen außerdem ein Anrecht auf Rückzahlung zu viel gezahlter Zinsen“, sagt Schmitz. Doch voreilig und ohne Beratung sollte man einen Widerruf nicht erklären.
Erst wenige Urteile zugunsten der Verbraucher
Denn dann muss die Restschuld innerhalb von 30 Tagen zurückgezahlt werden. Es ist aber auch möglich, sich vorher die Kreditzusage einer anderen Bank zu besorgen. Die Kunden profitieren dabei davon, dass die Kreditzinsen in den vergangenen Jahren stark gesunken sind. „Wir raten, den Widerruf nicht ohne anwaltliche Beratung zu erklären“, sagt Schmitz.
Von der Verbraucherzentrale gibt es zwar eine Einschätzung zu den Kreditverträgen und weitere Handlungsempfehlungen, aber damit sind die Ansprüche noch lange nicht durchgesetzt. Ähnlich wie bei den fehlerhaften Widerrufsbelehrungen bei Baufinanzierungen versuchen die Banken die Ansprüche abzuwehren. „Oft müssen die Kreditnehmer vor Gericht ziehen“, sagt Schmitz. Wer keine Rechtsschutzversicherung hat, die für den Rechtsstreit einsteht, geht hohe Risiken ein.
Denn es gibt erst wenige Urteile zugunsten der Verbraucher wie vom Landgericht Berlin (4 O65/14) und dem Oberlandesgericht Hamm (31 U 94/15). Außerdem tragen die Kreditinstitute meist die Entscheidungen bis vor den Bundesge- richtshof (BGH). Und das kann die Kosten am Ende dramatisch in die Höhe schrauben.