Hamburg . Chris Z. hatte die Zeugin im Gerichtssaal mit einer eingeschmuggelten Stichwaffe angegriffen. Heute wird der Prozess fortgesetzt.
Nach einem Angriff auf eine Zeugin im Hamburger Landgericht braucht die junge Frau nicht erneut im Prozess gegen einen 39-Jährigen auszusagen. Alle Prozessbeteiligten verständigten sich am Montag darauf, nur noch über das Strafmaß zu verhandeln. Der Angeklagte soll die junge Frau im Dezember 2015 geschlagen und bedroht haben. Er werde wieder „durchdrehen“, soll er ihr unter Anspielung auf eine frühere Verurteilung wegen Mordes gesagt haben. Bei seiner Festnahme in Billstedt versuchte er nach Angaben der Staatsanwaltschaft, mit einem Messer auf den Kopf eines Polizisten einzustechen. Die Beamten stoppten ihn mit einem Schuss in die Beine.
Das Amtsgericht verurteilte ihn im Juni 2016 zu einem Jahr und vier Monaten Gefängnis. Dagegen legten sowohl der 39-Jährige als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Als die 25-Jährige am ersten Tag der Berufungsverhandlung Ende Januar aussagte, sprang der Angeklagte auf, verletzte sie mit einer eingeschmuggelten Stichwaffe und würgte sie. Auch der Staatsanwalt erlitt eine oberflächliche Schnittverletzung.
Angeklagter trug eine Fußfessel
Bei der Verhandlung am Montag trug der Angeklagte eine Fußfessel. Im Gerichtssaal waren sechs Wachtmeister anwesend. Der schmächtige Angeklagte mit kahl rasiertem Schädel war mit einem hellen Jogginganzug bekleidet.
„Von meiner Mandantin ist sehr viel Druck abgefallen“, sagte der Vertreter der 25 Jahre alten Nebenklägerin, Rechtsanwalt Wolfgang Stenz, nach dem Verzicht auf ihre weitere Zeugenaussage. Knapp zwei Wochen nach dem Angriff im Gerichtssaal sei sie immer noch in ärztlicher Behandlung. Stenz betonte, dass es keine Beziehung zwischen seiner Mandantin und dem Angeklagten gegeben habe. Dieser habe ihr einmal geholfen, einen gewalttätigen Freund aus ihrer Wohnung zu schaffen. Seitdem habe der sich als ihr Lebenspartner ausgegeben und sie gestalkt.
Der 39-Jährige hat ein langes Vorstrafenregister, das der Richter verlas. Demnach wurde er mit zehn Jahren das erste Mal straffällig. Mehr als 30 weitere Straftaten folgten, vor allem Diebstähle, Drogen- und Verkehrsdelikte.
Staatsanwaltschaft leitet neue Verfahren ein
Am 4. Juli 2002 war er wegen der Ermordung des neuen Partners seiner damaligen Lebensgefährtin zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil von damals wurde am Montag nicht erneut verlesen, obwohl Staatsanwaltschaft und Nebenklage dies forderten.
Die Staatsanwaltschaft leitete inzwischen neue Verfahren gegen den Angeklagten ein. Es werde im Zusammenhang mit dem Angriff auf die Zeugin wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung ermittelt, im Zusammenhang mit der Verletzung des Staatsanwalts ebenfalls wegen gefährlicher Körperverletzung, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Auch ein neuer Haftbefehl sei am vergangenen Freitag erlassen worden.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hörte das Gericht am Montag einen Gutachter, der zu möglichen Persönlichkeitsstörungen des Angeklagten Stellung nahm. Sollten die Richter zu dem Schluss kommen, dass eine verminderte Schuldfähigkeit vorliegt, müsste nach Angaben des Staatsanwalts eventuell über eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik entschieden werden. Das könne aber nur eine große Strafkammer am Landgericht tun. Die derzeit verhandelnde kleine Kammer müsste das Verfahren dann abgeben. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.