Hamburg. Mehrere Vereine buhlen um die potenziell 5000 neuen Mitglieder. Doch die Flächen in dem Neubaugebiet scheinen unbezahlbar.
Dirk Hartmann ist immer noch ein wenig „verwundert“. Altona, das ist schließlich irgendwie „sein“ Revier, also das des Altonaer Turnverbands (ATV), dessen Geschäftsführer er ist. Und doch wohl nicht das Interessengebiet des Eimsbütteler Turnverbandes (ETV) aus dem östlichen Nachbarbezirk. Dass eben dieser ETV schon im Sommer sein Interesse für ein Sportcenter für die Neubaugebiete Mitte und Holstenquartier in Altona beim Bezirk vorgelegt hat, gefällt Hartmann nicht.
Der ATV hat schließlich selbst ein Konzept hinterlegt. Zwei Großvereine mit 9000 beziehungsweise 13.500 Mitgliedern wettstreiten nun um die Chance, in einem gigantischen Neubaugebiet den Bewohnern Sportmöglichkeiten anzubieten, die über Fußball hinausgehen. Heute, beim Jahresempfang des ETV, kann er sich mit dem Kollegen Frank Fechner darüber noch einmal austauschen. Vielleicht hören dann ja auch Sportstaatsrat Christoph Holstein und Jürgen Mantell, der Präsident des Hamburger Sportbundes (HSB), zu.
Kleine Schulturnhalle vorgesehen
„In den Farben getrennt, in der Sache vereint“ lautet das Motto bei Fußballfans rivalisierender Vereine. Ähnlich kann man es hier auch sehen: Es geht darum, ein erneutes Planungsdesaster wie in der HafenCity zu verhindern, wo bei der Entwicklung des Stadtteils Sportflächen nicht ausreichend mitgedacht worden sind. „Es hat dort nicht funktioniert“, sagt Fechner. In Europas größtem innerstädtischen Neubauprojekt gibt es nicht einen punktspieltauglichen Fußballplatz. Zu teuer.
Der Grund und Boden dafür würde bei den aktuellen Marktpreisen mit etwa zehn Millionen Euro zu Buche schlagen. Wer soll das bezahlen? Für den Schulbetrieb gibt es zwei Zweifeldhallen und eine Dreifeldhalle. Das ist neben ein paar Freizeitsportflächen alles. Für 14.000 Bewohner ist das zu wenig. In der Mitte Altona ist eine kleine Schulturnhalle und ein Bolzplatz vorgesehen. Mehr nicht.
„Wir müssen aufpassen, dass sich in Altona nicht die Fehler der HafenCity wiederholen“, sagt Fechner. Der Vorstandsvorsitzende des ETV hat eine so einfache wie einleuchtende Formel, um den Sportstättenbedarf in neuen Wohnquartieren zu ermitteln. Er orientiert sich an dem existierenden durchschnittlichen Organisationsgrad in Hamburger Sportvereinen. „25 Prozent der Erwachsenen sind Mitglied in einem Club und 50 Prozent der Kinder“, sagt Fechner.
Von 15.000 neuen Einwohnern in der Mitte Altona und dem Holstenviertel, das von 2018 an auf dem Gelände der Brauerei errichtet werden soll, geht man aus, 5000 davon werden Kinder sein. „Das bedeutet 5000 potenzielle Vereinsmitglieder“, meint der ETV-Chef, „wenn vor Ort keine entsprechenden Angebote entstehen, dann strömen die Leute in die Nachbarschaft. Aber wir sind jetzt bereits am Limit.“
Lokstedt Teil der Expansionspläne
Nur knapp drei Kilometer vom Holstengelände entfernt liegt das ETV-Zentrum an der Bundesstraße. „Wir waren nie nur auf das Kerngebiet Eimsbüttel beschränkt“, sagt Fechner. Auch in Eppendorf biete der Verein schließlich Sport an und in Lokstedt. Beides gehört zum Bezirk Nord. Lokstedt, wo der Club eine Fußball- und Tennisanlage sowie eine Dreifeldhalle unterhält, ist ebenfalls Teil der Expansionspläne.
In Kooperation mit dem Gymnasium Corveystraße soll schon in diesem Jahr ein Kunstrasenplatz für Fußball und Hockey entstehen. Und auf einem Teil seiner Tennisanlage am Lokstedter Steindamm will Fechner ein modernes Sport- und Fitnesszentrum errichten. „Das ist das einzige Gelände, wo wir Herr des Geschehens sind“, sagt der ETV-Chef.
Fokus auf Memellandallee
Ein Vereinscenter mit Geschäftsstelle, Sozialräumen, Fitness, Gesundheitssport, Kampfsport, Eltern-Kind-Turnen und anderen Ballsportarten als Fußball halten Fechner und Hartmann auch in Altona für zwingend notwendig. Der Fokus beider Vereine richtet sich auf das Gelände an der Memellandallee.
Dort hat allerdings auch Altona 93 Interessen, will ein Fußballstadion für 2999 Zuschauer errichten. Ein Projekt, das seit Jahren nicht vorankommt. „Wir haben großes Interesse daran, die Anlage an der Memellandallee zu erhalten und gegebenenfalls zu verbessern“, sagt Martin Roehl, Sprecher des Bezirks Altona. Die konkreten Planungen für das Holstengelände begännen gerade erst.
„Blutige Nase“ geholt
Der ATV allerdings hat sich schon eine „blutige Nase“ geholt, als er zusätzliche Sportflächen in „Mitte“ errichten wollte. „Die Investoren haben dort keine Sportflächen geplant, die hätten von der Stadt mit ausgeschrieben werden müssen“, sagt Hartmann. Er hat dennoch angefragt. Etwa 30 Euro pro Quadratmeter sei der Mietpreis für die Sportflächen. Unmöglich. „Das kann sich kein Sportverein leisten, auch kommerzielle Studios nicht“, sagt Hartmann, „wir haben es halt mit Projektentwicklern zu tun, die nur an Gewinnmaximierung interessiert sind.“