Hamburg. Bei der UN-Konferenz in Ecuador zur Zukunft der Städte wird das Altonaer Forum kommende Woche als beispielhaft vorgestellt.
Bürgerbeteiligung bei Neubauprojekten ist meist eine Sache, die über den betroffenen Stadtteil hinaus kaum Interesse auslöst. Beim Altonaer Bürger-Forum „Eine Mitte für Alle“, ist das anders: Die Vorschläge der von der Evangelischen Stiftung Alstertorf initiierten Runde aus Anwohnern, Bauinteressierten, Sozialverbänden und Vereinen für eines der größten Wohnungsbauprojekte Hamburgs flossen nicht nur in den Masterplan ein. Die Ideen für eine möglichst behinderten- und seniorengerechte Planung der Neue Mitte Altona finden jetzt auch internationale Beachtung: Bei der UN-Konferenz in Quito (Ecuador) zur Zukunft der Städte wird in der kommenden Woche das Altonaer Forum als so genanntes „Best Practice“ -Modell vorgestellt. Als besonders gutes Beispiel für eine „inklusive Stadtentwicklung“, wie es im Jargon der Stadtplaner heißt.
Stolz auf das, was in Altona erreicht wurde
„Das ist schon eine tolle Anerkennung“, sagt Stiftungs-Mitarbeiterin Agathe Bogacz, die seit Anfang des Jahres die Moderation des Forums übernommen hat. Klar, eine kurze Bewerbung wurde geschrieben, sagt sie. Immerhin sei man ja ganz stolz auf das, was erreicht wurde in Altona. „Aber dann mussten wir doch ein paar Mal lesen, dass wir wirklich ausgewählt worden sind“, sagt sie.
Schon am Sonnabend wird sie nun ins Flugzeug steigen und nach Südamerika reisen. Im Gepäck: ein Kurzfilm über die Geschichte und den Erfolg des Forums, das sich 2012 gebildet hatte.
Gremium mit Beteiligung von 250 Bürgern
Für die Neue Mitte Altona wurden vom Gremium, an dem sich bis zu 250 Bürger beteiligt hatten, Ideen entwickelt, die tatsächlich für viele andere Städte vorbildlich sein könnten: Wie können behinderte Menschen in einem neuen Stadtteil gut zurechtkommen, wird auch an ältere Menschen und junge Familien gedacht? Das waren die Fragen der vielen Runden, die von der Stiftung und ihres Altonaer Stadteilbüros begleitet wurden.
In vielen Bezirken der Stadt hat die Stiftung solche Büros mittlerweile eingerichtet, die sich unter dem Projektbegriff Q8 um soziale Fragen kümmern. Bei der Neuen Mitte war es dann insofern Neuland, weil es hier darum ging, einen neuen Stadtteil überhaupt erst einmal zu planen: Fahrstühle von der Tiefgarage bis in die Wohnungen, abgeflachte Bürgersteigkanten, Leitpflaster für sehbehinderte Menschen und Platz für soziale Wohnprojekte – das waren dabei Ideen, die auch umgesetzt wurden. Die Forderungen flossen beispielsweise in die städtebaulichen Verträge, die Hamburg mit den Investoren schloss. Tenor: Ihr sorgt für solche Sachen, wir machen dann aus euren Grundstücken Bauland.
1600 Wohnungen werden barrierefrei
Zwar waren diese Ziele in den Papieren noch recht vage formuliert, oft ist von „möglichst“ und „wirtschaftlich vertretbar“ die Rede. Aber die intensive Begleitung hatte dennoch Erfolg: So gelten beispielsweise mehr als 90 Prozent der rund 1600 Wohnungen des ersten Bauabschnitts als „barrierefrei“, sie sind eben mit Fahrstühlen erreichbar. Was nicht nur Behinderten das Wohnen dort erleichtert, sondern auch alten Menschen oder Familien mit kleinen Kindern. „Das ist wirklich ein außergewöhnlich hoher Anteil“, so Bogacz.
Aber nicht nur das: bei der Grundstücksvergabe sei auch darauf geachtet worden, dass soziale Aspekte berücksichtigt werden. Wohnungen speziell für blinde Menschen würden hier beispielsweise jetzt gebaut werden, ein deutsch-türkisches Senioren-Wohnprojekt ist geplant oder auch Räume, wo spezielle Gewerbe- oder Gastrobetriebe Platz finden sollen, die behinderten Menschen einen Arbeitsplatz bieten.
Mit der jetzigen Anerkennung durch die UN soll nun aber noch nicht Schluss sein mit der Arbeit des Forums. Noch werden gerade die ersten Blöcke gebaut. Zeit also, sich auch über Treffpunkte und Begegnungsstätten Gedanken zu machen – eben für alle Bevölkerungsgruppen, sagt Agathe Bogacz: „Und da geht noch was.“ Selbst in der Neuen Mitte, dem neuen UN-Vorzeige-Quartier.