Hamburg. Warum die Hansestadt bei Lärmbelastung und Flächenverbrauch durchfällt. Behörden bezweifeln Seriosität der Untersuchung.

Das ist kein gutes Zeugnis: Im am Mittwoch vorgestellten „Bundesländerindex Mobilität & Umwelt 2016“ ist Hamburg auf dem 16. und letzten Platz im Vergleich aller Bundesländer gelandet. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Allianz pro Schiene und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat hatten frei zugängliche Verkehrs- und Umweltdaten der Bundesländer mit Stand 2013 ausgewertet.

Bei Verkehrssicherheit liegt Hamburg auf Platz 13

Zugrunde gelegt wurden fünf Indikatoren: Verkehrssicherheit, Lärmminderung, Flächenverbrauch, Klimaschutz und Luftqualität. In keinem der fünf Bereiche landete Hamburg auch nur im Mittelfeld. Bei der Verkehrssicherheit kommt die Hansestadt auf Platz 13, bei der Lärmminderung auf den 16. Platz, beim Flächenverbrauch auf Platz 15, beim Klimaschutz auf Platz 12 und bei der Luftqualität auf Platz 13.

Dass Hamburg beim Thema Lärm an letzter Stelle landete, begründen die Autoren mit zwei Aspekten: Zum einen weise die Hansestadt mit 7,6 Prozent der Bevölkerung den zweithöchsten Anteil an Lärmbetroffenen nach Berlin auf. Außerdem gebe es in Hamburg, anders als in der Hauptstadt, „kein konkretes politisches Ziel zur Senkung der Lärmbelastung, welches über den gesetzlich vorgeschriebenen Lärmaktionsplan hinausgeht“.

Auswertung und Einordnung frei zugänglicher Daten

Beim Verbrauch von Verkehrsflächen liegt Hamburg laut Studie bei 54 Quadratmetern pro Einwohner. Der Flächenverbrauch sei zwischen 2008 und 2013 um vier Prozent angestiegen.

Berlin landet in der Gesamtwertung auf Platz 2. Begründung: Die Stadt habe den geringsten Ausstoß beim Kohlendioxid und habe sich klare und ehrgeizige Ziele bei der Lärmminderung und der Luftverbesserung gesetzt.

Die Untersuchung fußt nach Angabe der Autoren auf der Auswertung und Einordnung frei zugänglicher Daten und bei den zuständigen Länderministerien per Fragebögen eingeholten Auskünften. Nähere Angaben zur Methodik gibt es in der Studie allerdings nicht – auch nicht zu der Frage, wie die Ranglisten erstellt wurden.

Hamburgs BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch sagte, das schlechte Hamburger Ergebnis komme nicht überraschend. Der Senat dagegen zweifelt die Erhebungsmethode an.

Keine deutliche Verbesserung der Lage

Beim Thema Luftverschmutzung und Verkehrslärm gibt es auch nach aktuellsten Daten keine deutliche Verbesserung der Lage. Darauf hat BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch mit Blick auf den aktuellen „Bundesländerindex Mobilität & Umwelt 2016“ hingewiesen.

„Gerade beim Thema Luftschadstoffe und Lärm gibt es keine Verbesserung, eher das Gegenteil“, so Braasch. „Im Jahr 2016 verbleiben die Stickoxide nach Auswertung von elf Monaten auf dem Vorjahresniveau, der Dezember kann den Trend angesichts deutlicher Grenzwertüberschreitungen sogar noch verschlechtern.“ Bei „den bekannten 40 lautesten Straßen in Hamburg tut sich nichts“, moniert der BUND-Chef – trotz der Koalitionsaussagen, hier zeitnah zumindest für zehn Straßen Tempo 30 zu prüfen. Ähnlich sehe es beim Thema Klimaschutz aus.

Abschneiden ist „keine wirkliche Überraschung“

„Der Bundesländerindex greift auf 2013 zu“, so Braasch. „Dem BUND Hamburg liegen seit einigen Tagen die Daten aus 2014 vor: Der Verkehrsbereich emittiert mehr CO2 als im Vorjahr und konterkariert die Beschlüsse von Paris.“

Insofern sei das Abschneiden Hamburgs in der Studie „keine wirkliche Überraschung“, so Braasch. „Viel zu lange haben die verschiedenen Senate dieser Stadt eine autozentrierte Verkehrspolitik betrieben – das rächt sich jetzt.“

Der Senat wies die Kritik zurück – und bezweifelte überdies die Methodik des Bundesländerindexes. „Hamburg verfolgt das Ziel, die dringend benötigten Verkehrsinvestitionen sichtbar dahin zu lenken, wo sie den größten volkswirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Nutzen haben“, hieß es in einer Stellungnahme von Wirtschafts- und Umweltbehörde. „Nur so wird man zukünftig der umwelt- und klimapolitischen Verantwortung gerecht werden.“

In internationalen Rankings lande Hamburg als grüne Stadt am Wasser mit hoher Lebensqualität regelmäßig auf Spitzenplätzen. „Da verwundern die Ergebnisse dieser Studie und sind in ihrer Herleitung für uns an vielen Stellen nicht nachvollziehbar“, so die Erklärung. „Die Studie gibt keinen Aufschluss zur Methodik, Plausibilität oder Datengrundlage, die zu den Ergebnissen geführt hat.“ Hamburgs Position als Schlusslicht sei „nicht nachvollziehbar“. Der Senat arbeitet „aktuell an der 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans mit zahlreichen Maßnahmen, insbesondere im Verkehrsbereich“.