Hamburg. „Die Kammer sind WIR“ präsentiert Unterstützer für die Plenarwahl. Zentrales Versprechen: Abschaffung der Zwangsbeiträge.
Der Wahlkampf um die Mehrheit im Plenum der Handelskammer Hamburg geht in die heiße Phase – und zwar mit einem Paukenschlag. Die Kammerrebellen vom Bündnis „Die Kammer sind WIR!“ haben zur Überraschung vieler Beobachter ausgesprochen prominente Kandidaten aus der Hafenwirtschaft als Unterstützer gewinnen können. Am Montag präsentierte Bündnissprecher Tobias Bergmann seine neuen Mitstreiter in den Räumen der Hinneberg GmbH am Ballindamm. Mit dabei: Torsten Teichert (Lloyd Fonds), Christian und Walter Hinneberg (Hinneberg GmbH), Johann Killinger (Buss Group) und Robert Lorenz-Meyer (Ernst Russ AG).
„Uns ist es gelungen ein Bündnis von der Schanze bis zum Ballindamm zu schmieden, um die Zwangsbeiträge vom Adolphsplatz abzuschaffen“, sagte Bergmann. Zum Wahlkampf hat die Gruppe ihren Namen denn auch gleich plakativ erweitert in „Zwangsbeiträge abschaffen – die Kammer sind WIR“. Damit ist das zentrales Wahlversprechen der Rebellen nun deutlich.
„aufgeblähte Eitelkeitsmaschine“
Schiffsmakler Walter Hinneberg begründete sein Engagement für Veränderungen im Gespräch mit dem Abendblatt vor allem damit, dass die Handelskammer zu einer „aufgeblähten Eitelkeitsmaschine“ geworden sei. Viele Aktionen wie „diese Morgensprache mit den roten Gewändern“ oder manche Hochglanzprospekte seien unnötig. Auch sei es nicht nachvollziehbar, warum sich Kammer-Plenarier nach Tagungen in einem Hamburger Hotel dort Zimmer anmieteten, weil ihnen der Weg nach Hause zu weit sei. Kritik übte Hinneberg auch daran, dass Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz einen Fahrer beschäftige, „der ihm noch das dünne Ledermäppchen nachträgt“, wie er es einmal am Flughafen beobachtet habe. Das alles zeige die „Selbstgefälligkeit“ der aktuellen Kammerführung.
„Wir zahlen mehr als 100.000 Euro an die Kammer und bekommen dafür nichts“, so Hinneberg. In einem Fall habe sein Unternehmen einmal um Unterstützung bei der Beschaffung einer Aufenthaltsgenehmigung für eine Koreanerin gebeten – aber die Kammer habe nichts in der Sache getan.
„Die Handelskammer kannte früher keine Zwangsbeiträge, weil dies mit der Handelskammeridee, einer Interessenvertretung freier Kaufleute, unvereinbar ist“, so Christian und Walter Hinneberg. „Erst 1942 wurde in Hamburg die Zwangsmitgliedschaft mit Zwangsbeiträgen durch die Nationalsozialisten eingeführt, die die Kammern, wie viele andere Institutionen, gleichgeschaltet und für ihre Ziele zweckentfremdet und missbraucht haben. Das muss korrigiert werden.“ Die „offensichtliche Verschwendung von Geld der Hamburger Kaufleute durch die Kammer“ widerspreche den Prinzipien. „Wir werden in den kommenden Wochen einen starken Freundeskreis des Bündnisses präsentieren.“
„Zwangsbeiträge zerstören jeden Wettbewerb"
Johann Killinger von der Buss Group sagte, die Zwangsbeiträge seien ihm „seit vielen Jahren ein Dorn im Auge“. Eine Organisation, die ihren Mitgliedern nicht mehr ihren Nutzen beweisen müsse, laufe Gefahr, die Interessen ihrer Mitglieder aus den Augen zu verlieren, so Killinger. Ähnlich äußerte sich Torsten Teichert vom Lloyd Fonds. „Wer von Zwangsbeiträgen lebt, kann nicht gleichzeitig als fairer Makler für die Interessen von Wirtschaftsunternehmen in einer Marktwirtschaft agieren“, so Teichert. „Zwangsbeiträge zerstören jeden Wettbewerb und sind das Gegenteil von Unternehmertum. Ich will mithelfen, dass es ab 2017 eine Mehrheit im Plenum zur Abschaffung der Zwangsbeiträge und für mehr Kammertransparenz gibt.“ Auch Robert Lorenz-Meyer von der Ernst Russ AG nannte die Abschaffung der Zwangsbeiträge als Hauptziel.
Handelskammer-Sprecher Jörn Arfs betonte als Reaktion auf die Forderung, dass „ein Bundesgesetz regelt, dass die Beiträge verpflichtend und nicht freiwillig sind“. Daher sei die Handelskammer Hamburg gar nicht berechtigt, die Zwangsbeiträge abzuschaffen. Verlierer einer Abschaffung wären laut Arfs überdies „die 40 Prozent kleinen, vom Beitrag befreiten Unternehmen“. Denn diese profitierten „von den vielen unentgeltlichen Dienstleistungen in den Bereichen Existenzgründung und Betriebsberatung, die durch die Beiträge der größeren Unternehmen finanziert werden.“
Am kommenden Freitag endet die Frist zur Einreichung der Kandidatenlisten. Wie berichtet bewerben sich mittlerweile drei konkurrierende Gruppen um die Stimmen der Zwangsmitglieder. Neben den Rebellen der WIR-Gruppe gehen unter dem Namen „Vorfahrt für Hamburg“ auch die Traditionalisten um die amtierende Kammer-Vizepräsidentin Birgit Kochen-Schmidt-Eych ins Rennen. Zu den Gründern der Gruppe, die „die erfolgreiche Arbeit der Kammer“ würdigen will, gehören: Willem van der Schalk, Chef des Logistikers A. Hartrodt, Globetrotter-Geschäftsführer Andreas Bartmann, Budnikowsky-Chef Cord Wöhlke und Andreas Pfannenberg (Pfannenberg-Gruppe).
Das dritte Angebot an die Kammerwähler macht der Hamburger Medienunternehmer Robin Houcken mit seiner Gruppe „Unternehmer für Hamburg“. Für Houcken wird nach Informationen des Abendblattes auch der langjährige Chef des Hamburg Convention Bureaus (Hamburg Marketing), Thorsten Kausch, kandidieren.