Kiel. Naturschützer und die Gemeinde Kollmar haben Beschwerden eingelegt. Das sorgt für Ärger in der Landespolitik.
Das juristische Tauziehen um den geplanten Elbtunnel im Zuge der Autobahn 20 hat das Bundesverfassungsgericht erreicht. Der schleswig-holsteinische Landesnaturschutzverband und die Gemeinde Kollmar (Kreis Steinburg) haben bei dem höchsten deutschen Gericht Beschwerden gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eingelegt. Diese seien Ende September eingereicht worden, sagte der Anwalt beider Beschwerdeführer, Wilhelm Mecklenburg, am Donnerstag. Zuvor hatte das „Flensburger Tageblatt“ berichtet. Aus der Landespolitik kommt massive Kritik an der Beschwerde der Naturschützer.
Projekt A20 dürfte sich weiter verzögern
Kollmar strebt eine nachträgliche Verwaltungsgerichtsentscheidung zur Finanzierung einer Tunnelfeuerwehr an. Der Naturschutzverband sieht Folgen des Tunnelbaus für das Klima nicht hinreichend berücksichtigt. Landesverkehrsminister Reinhard Meyer bedauerte die Beschwerden, die das Projekt weiter verzögern dürften. Manchmal habe er das Gefühl, Verbände wollten das Verfahren in die Länge ziehen, um die A20 weiter in die Zukunft zu verschieben, sagte der SPD-Politiker. „Wir sind da sehr gelassen“, betonte er. „Wir glauben, dass wir eine gute Planung vorgelegt haben - die A20 wird kommen.“
Das Bundesverwaltungsgericht hatte den Planfeststellungsbeschluss zum Bauabschnitt auf schleswig-holsteinischer Seite im April für rechtswidrig erklärt, weil ein Fachbericht zu Auswirkungen auf die Wasserqualität nicht öffentlich ausgelegt worden war. Die Richter gaben den Planern aber die Gelegenheit, den Mangel zu beheben. Eine Gerichtsentscheidung zum niedersächsischen Tunnelabschnitt wurde bei einer Verhandlung am Dienstag für den 10. November angekündigt.
CDU fordert, Verbandsklagerecht abzuschaffen
Auf die Verfassungsbeschwerde der Naturschützer reagierte der CDU-Verkehrspolitiker Hans-Jörn Arp mit der Forderung, das Verbandsklagerecht abzuschaffen. „Es kann nicht sein, dass Naturschutzverbände, die auch noch Geld vom Land erhalten, ständig gegen wichtige Infrastrukturprojekte des Landes klagen und sie dadurch deutlich verzögern“, sagte Arp. „Die Naturschutzverbände missbrauchen das Verbandsklagerecht.“
FDP-Fraktionsvize Christopher Vogt schloss sich dem an. „Es ist ja keine Überraschung, dass die grünen Verbände immer wieder versuchen, die wichtigsten Infrastrukturprojekte unseres Bundeslandes mit allen rechtlichen Mitteln zu torpedieren“, sagte er. „Das Planungsrecht muss die berechtigten Interessen von Betroffenen angemessen berücksichtigen, darf aber kein Verhinderungsrecht sein.“ Das Verbandsklagerecht müsse in diesem Bereich abgeschafft werden, weil es nicht maßvoll angewendet werde. Zudem müssten die Zuschüsse des Landes an die Verbände auf den Prüfstand. Der Naturschutzverband Nabu wies die Vorstöße aus der Opposition zurück.
Kollmar fordert hauptamtliche Tunnelwache
Harsch reagierte der Grünen-Verkehrspolitiker Andreas Tietze. „Wir werden das Verbandsklagerecht politisch auf das Schärfste verteidigen und uns dafür einsetzen, dass diese zivilgesellschaftliche Errungenschaft bewahrt bleibt.“ Tietze betonte die politische Dimension für seine Partei: „Das Verbandsklagerecht ist für uns absolut koalitionsrelevant, egal mit wem wir regieren.“ Bürgerrechte zu schleifen, nur weil man seinen Willen nicht bekomme, stelle den Rechtsstaat infrage. „Der Staat hat bei den Planungen versagt, nicht die BürgerInnen“, sagte Tietze.
Der Landesnaturschutzverband kritisiert, das Bundesverwaltungsgericht habe in der Frage des Klimaschutzes entschieden, ohne den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Die Gemeinde Kollmar macht in Sachen Brandschutz geltend, das Verwaltungsgericht habe nicht über die Sicherstellung des Brandschutzes im Tunnel entschieden. Die eigene Freiwillige Feuerwehr könne die absehbare dreistellige Zahl von Hilfseinsätzen im Jahr nicht leisten; benötigt werde eine hauptamtliche Tunnelwache, die eine bis zwei Millionen Euro im Jahr koste und damit fast den gesamten Gemeindeetat verschlingen würde.
Die Zusage des Landes, hauptamtliche Wachabteilungen zu schaffen und dafür finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, reichte dem Gericht aus, der Gemeinde aber nicht. Minister Meyer bekräftigte, das Land erkläre sich für den Brandschutz verantwortlich und lasse die Gemeinde nicht allein. Eine Klärung vor dem Verfassungsgericht halte er nicht für erforderlich. Er wolle in Gesprächen mit der Gemeinde präzisieren, dass das Land zu seiner Verantwortung stehe, sagte Meyer.