Hamburg. Grundstücke des städtischen Quartiersentwicklers IBA dürfen nur mit vorgegebenen Gebäudetypen bebaut werden.

Wer im Süden Hamburgs den Traum vom Eigenheim verwirklichen will, kommt kaum an der IBA vorbei. Für gleich drei riesige Neubaugebiete in Neugraben-Fischbek vermarktet das städtische Unternehmen jetzt die Grundstücke. Auch für große neue Wohngebiete in Wilhelmsburg und in Oberbillwerder im Bezirk Bergedorf mit Tausenden neuen Wohneinheiten soll die einst für die Internationale Bauausstellung in Wilhelmsburg gegründete IBA die Projektentwicklung und die anschließende Vermarktung von Baugrundstücken übernehmen. Doch bei potenziellen Hausbesitzern der ersten IBA-Projekte kommt es offenbar jetzt schon zu Ärger und Frust.

Zwar müssen Eigenheim-Interessenten für die Reservierung eines Grundstücks mit 3000 Euro in Vorkasse gehen, dennoch schreiben einige diese Summe zurzeit offenbar wieder ab und geben entnervt auf. Der Neugrabener CDU-Politiker Ralf-Dieter Fischer schätzt die Zahl auf „mindestens zwei Dutzend“. Die meist jungen Familien würden dann lieber im nahen Umland suchen, um dort zu bauen. „Die IBA nutzt hier ihr Monopol aus und zwingt die Leute in ein viel zu enges Korsett.“

Tatsächlich sind die Vorgaben eng, die die IBA macht. Für das Neubaugebiet Fischbeker Heidbrook, ein ehemaliges Kasernengelände beispielsweise, müssen Grundstücksinteressenten auf einen „Hauskatalog“ mit 28 festgelegten Entwürfen zurückgreifen. Mehr geht nicht. Viel moderner Flachdachbau ist dort zu sehen – so wie es moderne Planer mögen, Häuslebauer aber oft nicht. Änderungen oder gar eigene Entwürfe müssen einem „Gestaltungsbeirat“ vorgelegt werden, der wie eine Art Geschmackspolizei über das Bauen wacht.

Echten Wettbewerb gibt es nicht

Unmissverständlich formuliert die IBA dazu die Vorgaben: „Fassaden sollten grundsätzlich klar gegliedert sein. Das heißt, auf verspielte Elemente wie Erker, Giebel und Gauben muss verzichtet werden.“ Zäune darf man auch nicht bauen, nur Hecken anlegen, berichten Bau-Interessierte. Walmdächer mit vier geneigten Dachflächen und Pultdächer, die nur eine geneigte Dachfläche haben, sind ausgeschlossen. Zudem „empfiehlt“ die IBA, möglichst mit den Architekten und Bauträgern zu bauen, bei denen die Entwurfsrechte der im Katalog aufgeführten Haustypen liegen. Mit anderen Worten: Echten Wettbewerb gibt es dort nicht.

Es sei gängige Praxis, dass die Stadt zur Bebauung ihrer Grundstücke Vorgaben macht, heißt es bei der IBA zur Begründung. Das diene der Nachhaltigkeit und Wertbeständigkeit der Quartiere. CDU-Politiker Fischer sieht das anders: Er spricht von „sozialistischen Einheitssiedlungen“, die von der IBA hier entwickelt würden.

Der Traum vom eigenen Hausbau dürfte für viele wohl tatsächlich anders aussehen. „Man fühlt sich gar nicht wie ein Bauherr, sondern wie ein Bittsteller ohne Mitspracherecht, eigene Wünsche muss man hinten anstellen“, sagt etwa Yvonne Strohschein. Die 29-jährige Außenhandelskauffrau und ihr 30 Jahre alter Mann Sven, ein Software-Entwickler, hatten eigentlich einen genauen Plan. „Nest bauen und dann Kinder bekommen.“ Und das am liebsten hier im Süden Hamburgs, wo sie beide auch aufgewachsen sind. Das Angebot der IBA schien dann ideal, zumal es dazu kaum Alternativen gibt. Sie tüftelten eine Finanzierung aus und wählten zähneknirschend auch einen der vorgeschriebenen Entwürfe aus und reservierten für 3000 Euro „ihr“ Grundstück.

Vermarktung der Grundstücke startete vor der Hochbaureife

Doch aus dem Traum vom Wohnen an der Fischbeker Heide ist mittlerweile ein Albtraum geworden. Ständige wechselnde Ansprechpartner bei der IBA habe es gegeben, das Grundstück habe man nur bei organisierten Besichtigungen anschauen können, ohne konkrete Informationen dazu zu bekommen. Und schließlich habe sich herausgestellt, dass auf dem Areal ein großer Baum steht, der erhalten werden müsse und folglich ihr Haus dort gar nicht so gebaut werden könne wie geplant. Weitere Kosten für Kalkulationen und Baumgutachten hätten sie tragen müssen, doch der Baum solle bleiben wo er ist. „Obwohl er so in den ursprünglichen Plänen gar nicht eingezeichnet war“, wie Sven Strohschein sagt.

Ein Ersatzgrundstück bekamen sie nicht angeboten und überlegen jetzt auch, mehrere Tausend Euro abzuschreiben, weil der Frust zu groß geworden ist. „Wir müssen nun wohl in Neu Wulmstorf oder Buxtehude suchen“, sagen beide. Ihr Fazit: Interessenten bei der IBA müssten hohe Risiken eingehen und Kosten vorstrecken, nur um die Chance zu haben, ein Haus bauen zu dürfen, das man dann ohne Zustimmung der IBA jahrelang nicht verändern kann. Yvonne Strohschein: „Der Begriff Eigenheim passt hier in Wirklichkeit gar nicht.“

Bei der IBA selbst sieht man solche Probleme aber nicht. Lage und Größe der Grundstücke seien von Anfang an bekannt, heißt es auf Anfrage. Dass die Vermarktung der Grundstücke aber vor der eigentlichen Hochbaureife gestartet war, sei dem Umstand geschuldet, dass bereits viele Anfragen von Kunden vorgelegen hätten, die sich eine Reservierungsmöglichkeit gewünscht hätten. Ob jetzt auch bei den anderen IBA-Projekten wie in Oberbillwerder genauso verfahren wird, ist laut IBA noch offen. Das könne man „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ nicht sagen.

Für Fischer ist der weitere Weg jedoch klar. „Wir wollen jetzt, dass der Gestaltungsbeirat auch mit Kommunalpolitikern besetzt wird“, fordert Fischer. „Dann werden wir den Leuten mehr Freiheiten beim Bauen lassen.“