Hamburg. Ein Jahr nach Beginn der Flüchtlingskrise gibt es endlich Vereinbarungen mit den Betreibern von Flüchtlingsheimen.

Gut ein Jahr nach Beginn der Flüchtlingskrise hat die Stadt endlich Verträge mit den Betreibern von Flüchtlingsheimen geschlossen. Im Transparenzportal wurde jetzt der Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und dem Arbeiter Samariter Bund (ASB) über den Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtungen Papenreye und Schmiedekoppel veröffentlicht.

Darin zeigt die Stadt sich beispielsweise bereit, Mitarbeiter von Unterkünften, die von Sozialunternehmen im Verlaufe des vergangenen Jahres eingestellt wurden, auch dann weiter zu beschäftigen, wenn es die Flüchtlingsunterkunft nicht mehr gibt. Zudem müssen die Heimbetreiber Servicearbeiten wie Catering oder Reinigung nicht nach den Regeln des Vergabegesetzes ausschreiben, was die Anfälligkeit für Missbrauch erhöht.

Die Vereinbarung stehe beispielhaft für Verträge mit anderen Betreibern, sagte die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Jennyfer Dutschke dem Abendblatt. Das habe Innensenator Andy Grote (SPD) am vergangenen Freitag vor dem Innenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft erklärt.

Kommentar: Verträge im Sinn der Steuerzahler

Im September hatte Dutschke bekannt gemacht, dass Hamburg trotz sinkender Flüchtlingszahlen in diesem Jahr allein für seine 51 Erstaufnahmeeinrichtungen bis dahin rund 230 Millionen Euro ausgegeben hatte. Rund 152 Millionen Euro flossen an die Betreiber der Unterkünfte – und zwar, ohne dass es schriftliche Verträge über den Betrieb einer Unterkunft gab.

Nach Darstellung der Stadt hatte man angesichts der sprunghaft gestiegenen Flüchtlingszahlen im Herbst 2015 zunächst auf schriftliche Verträge verzichtet. Da das städtische Unternehmen „Fördern & Wohnen“ mit der Unterbringung so vieler Flüchtlinge überfordert war, sprangen Sozialunternehmen wie der ASB, das Deutsche Rote Kreuz (DRK) oder die Johanniter ein.

Laufzeit von zwei Jahren

Die jetzt rückwirkend geschlossenen Verträge haben eine Laufzeit von zwei Jahren. Allerdings fehlen Regelungen, die den Betreiber zur Einhaltung des geltenden Vergaberechts verpflichten. Daher werden alle Sachaufwendungen sowie sonstige Kosten gegen Beleg erstattet, sofern sie mit dem Betrieb der Erstaufnahme in Verbindung stehen.

Zudem werden die Betreiber von Flüchtlingsunterkünften nicht verpflichtet, Servicedienste öffentlich auszuschreiben, was ungewöhnliche Konstruktionen ermöglicht. So wird beispielsweise die Erstaufnahmeeinrichtung am Hellmesbergerweg vom Landesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) betrieben. Die Caterer- und Reinigungsdienste wurden an die AWO Hamburg Dienste GmbH, eine AWO-Tochter, vergeben. „Diese Praxis ist höchst anfällig für Missbrauch“, sagt die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete.

Zwar sollen die Betreiber der Erstaufnahmeeinrichtungen in der Regel befristete Arbeitsverträge mit ihren Mitarbeitern schließen, heißt es in dem Vertrag weiter. Werde aber eine Unterkunft geschlossen, verpflichtet sich die Stadt, mit dem Träger eine „einvernehmliche Lösung“ über die Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters zu finden. Das bedeutet: die Stadt muss im Falle eine Falles einspringen.

Verträge werfen Fragen auf

Problematisch an dieser Regelung sind zwei Dinge: Zum einen haben die Sozialunternehmen in den vergangenen Monaten einen Teil der Mitarbeiter unbefristet eingestellt. Zum anderen hat die Stadt bislang keinen Überblick darüber, um wie viele Mitarbeiter es sich dabei handelt. Innensenator Grote habe dazu am vergangenen Freitag keine Auskunft geben können, sagte Dutschke. „Er verwies lediglich auf zehn unbefristet eingestellte Mitarbeiter, die am Standort Rugenbarg tätig waren.“

Zu guter Letzt werfen die Verträge Fragen auf, wenn – wie bereits geschehen – Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen abgebaut werden sollen. Derartige Veränderungen bedürften „des Einvernehmens der Vertragspartner“, heißt es in dem Vertrag. Das bedeutet, der Betreiber einer Einrichtung muss einer Reduzierung zustimmen. „Ob und inwiefern bereits mit der Volksinitiative getroffene Verkleinerungsentscheidungen dabei berücksichtigt wurden, konnte Senator Grote am vergangenen Freitag nicht sagen, aber er nähme es jedoch an“, sagt Dutschke.

Die FDP-Abgeordnete verweist darauf, dass die Stadt dem Einsatz von Subunternehmern im Bereich der Wach- und Sicherheitsdienste zustimmen und die Mitarbeiter der Wachdienste einer erweiterten Zuverlässigkeitsprüfung einwilligen müssen. „Warum gelten diese Regelungen nicht auch für anderes Personal?“, so Dutschke. Nach ihrer Ansicht wirken die ausgehandelten Verträge wie „ein Schnellschuss zu Lasten der Steuerzahler“. Es gebe keine Deckelung der Kosten, die die Betreiber der Stadt in Rechnung stellen könnten. Zudem fehlten schriftliche Beschaffungsvorgaben.