Hamburg. Auf die Beschäftigten beim Terminalbetreiber Eurogate wartet ein Kraftakt: 13.750 Container müssen in 48 Stunden von Bord.

Es ist ein riesiger Kraftakt für den Hamburger Hafen, der in den vergangenen Monaten mit vielen negativen Schlagzeilen – Umschlagrückgang, Schlick, Verzögerung der Elbvertiefung – zu kämpfen hatte. Nach der Pleite der südkoreanischen Reederei Hanjin Shipping, wird Hamburg nun zum rettenden Hafen für das Pleiteschiff „Hanjin Harmony“. Das ehrgeizige Ziel: 13.750 Container in nur 48 Stunden umzuschlagen.

Seit Sonntagnacht liegt der Frachter im Hamburger Hafen. Das 366 Meter lange Containerschiff hätte laut Fahrplan bereits vor drei Wochen in Hamburg sein sollen. Doch wegen der Insolvenz der Reederei wurden in den Häfen keine Hanjin-Schiffe mehr abgefertigt. Rotterdam hatte sich geweigert, den Frachter aufzunehmen, ebenso Antwerpen. Hamburg hat sich als einziger Hafen in Europa bereit erklärt, die „Hanjin Harmony“ hineinzulassen.

Terminal, Spediteure und Lkw-Fahrer kooperieren eng

Die Folge: Da der Frachter bisher nirgendwo Ladung loswerden konnte, muss nun Hamburg das Schiff komplett aufnehmen. Anstatt der üblichen 3000 bis 6000 Standardcontainer (TEU) wird jetzt am Containerterminal Eurogate die doppelte bis dreifache Menge Stahlboxen gelöscht. Seit Tagen schafft man Platz. Da der Großteil der Ladung nicht seinen eigentlichen Zielhafen erreicht hat, mussten Spediteure umplanen. Für Rotterdam oder Antwerpen bestellte Lkw kommen jetzt nach Hamburg.

Sie sollen Waren aufnehmen, die in ganz Europa verteilt werden müssen. Damit es auf den Straßen zu keinem Verkehrschaos kommt, arbeiten Terminals, Spediteure, Lkw-Fahrer und Hafenbehörden eng zusammen, um den Abfluss der Ladung zu steuern. Die Lkw-Fahrer bekommen Zeitfenster zugeteilt, um ihre Order abzuholen. Bahnunternehmen stellen mehr Zugkapazitäten bereit. Alles wird genau abgestimmt.

Weitere Ladung wird erwartet

Über die Vermeidung von Engpässen wacht die Hamburg Port Authority (HPA). „In zahlreichen Gesprächen mit Reedereien und Unternehmen weltweit wird immer wieder deutlich, dass Hamburg einen sehr guten Ruf genießt, was die schnelle und effiziente Abfertigung von Schiffen betrifft“, sagt HPA-Geschäftsführer Jens Meier. „Die überraschende Insolvenz der Reederei Hanjin hat nun gezeigt, dass dank der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten im Hafen auch Herausforderungen wie diese gut gemeistert werden können – darauf können wir in Hamburg stolz sein“, ergänzt Meier.

Die „Hanjin Harmony“ wird aber auch dringend erwartet. Neben wichtigen Teilen für die Ford-Produktion in Köln und Steinen für den Straßenbau, hat das Schiff vor allem Saison-Artikel für das Weihnachtsgeschäft geladen. Allein der Hamburger Außenhändler Wünsche Gruppe wartet auf 55 Container mit Waren im Wert von mehr als 2,9 Millionen Dollar (umgerechnet 2,6 Millionen Euro). Darunter Weihnachtskalender und Christbaumbeleuchtung, die schon längst die Lager der Einzelhändler füllen sollten.

Doch Wünsche wartet auf weitere Ladung. Auch die „Hanjin Africa“ und die „Hanjin Gold“ steuern auf Nordeuropa zu. Die „Hanjin Africa“ lag zuletzt vor dem Suezkanal und musste seinen Kurs ändern: Der Insolvenzverwalter der Pleite-Reederei Hanjin Shipping will die Gebühren für das Durchfahren des Kanals nicht bezahlen. Jetzt muss das Schiff um den afrikanischen Kontinent herumfahren.

Ob das Schiff dann Hamburg anlaufen darf, ist offen. Schon die Ankunft der „Hanjin Harmony“ war ein bürokratischer Kraftakt. Elblotsen, Hafenlotsen sowie Hafenverwaltung verlangen wegen erheblicher Außenstände durch die insolvente Reederei ihre Gebühren in Vorkasse. Da das Geld in Korea außerhalb der Geschäftszeiten hiesiger Banken angewiesen wurde, mussten diese Sonderschichten einlegen, um für ihre Kunden sicherzustellen, dass das Geld auch wirklich eingegangen war.