Hamburg. Schrebergärten in Eimsbüttel sollen 200 neuen Wohnungen weichen. Regierung erstickt den Protest der Gartenpächter im Keim.

Im Streit um den Verbleib einer Kleingartenkolonie am Lenzweg in Eimsbüttel hat sich nun der Senat eingeschaltet. Nachdem schon wochenlang Protestplakate hängen und am 1. September ein Bürgerbegehren angemeldet wurde, schob die Stadt dem Kampf um einen Erhalt der Schrebergärten einen Riegel vor.

In einem Bescheid erklärte die rot-grüne Regierung die angestrebte Abstimmung unter dem Titel „Hände weg vom Stadtpark Eimsbüttel“ für unzulässig. Das Begehren würde die Entscheidungskompetenz des Bezirks übersteigen. Stattdessen wurden das Eimsbütteler Bezirksamt und die Bezirksversammlung angewiesen, den dort geplanten Wohnungsbau prioritär zu verfolgen.

Antragsteller nennt gescheitertes Begehren "Riesenenttäuschung"

„Für uns ist das eine Riesenenttäuschung“, sagt Monika Schlechte, die das abgewiesene Bürgerbegehren eingereicht hatte. „Zumal es alternative Bauplätze mit bereits versiegelten Flächen in unmittelbarer Nähe gibt.“ Doch wieder, so Schlechte, werde eine Grünfläche zerstört und dem Wohnungsbau geopfert. „Wir wollten mit unserem Begehren zeigen: Wehret den Anfängen! Aber anscheinend sollen die Kleingärten jetzt schnell platt gemacht werden.“

Kleingärten gegen Wohnungsbau – diesen Interessenkonflikt gibt es immer wieder in der Stadt. Für den Senatsplan, 10.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, fehlen perspektivisch die Flächen. Darum müssen an einigen Stellen auch Schrebergärten weichen. Ob in Groß Borstel, Barmbek oder nun am Lenzweg, wo knapp 200 Wohnungen entstehen sollen. Mittlerweile stehen in der ganzen Stadt nur noch 1400 Hektar für Lauben und Gemüsebeete der Kleingärtner zur Verfügung, fast 200 Hektar weniger als noch vor 20 Jahren, 400 Hektar weniger als Ende der 1960er-Jahre. Allein zwischen 2004 und 2014 kündigte die Stadt 692 Parzellen – wobei die meisten eine Ausgleichsfläche bekamen.

Alle vertriebenen Kleingärtner sollen neue Parzellen bekommen

Auch die Schrebergärtner am Lenzweg sollen an die Hagenbeckstraße umziehen können, wo ein altes Wohnhaus — gewissermaßen im Flächentausch — für neue Gärten abgerissen wird. Den Übrigen wird immerhin zugesichert, „neue Parzellen in der Nähe“ zu bekommen. Der Landesbund der Gartenfreunde propagiert seit längerem die Verkleinerung alter Parzellen. Dadurch werden einerseits neue Gärten geschaffen, um nun die vertriebenen Kleingärtner vom Lenzweg aufnehmen zu können und generell die hohe Nachfrage zu bedienen. Andererseits werden so auch Flächen für den Wohnungsbau abgeknapst.

Kleingärten am Lenzweg Eimsbüttel.JPG
© Joana Ekrutt

Der Senat begründet in seiner Mitteilung die Unzulässigkeit des Eimsbütteler Bürgerbegehrens gegen den Wohnungsbau mit den Grenzen des Entscheidungsrechts der Bezirksversammlung. Ein Bürgerbegehren habe die Wirkung eines Beschlusses der Bezirksversammlung, dieser könne sich aber nicht über Senatsbeschlüsse hinwegsetzen. Im Gegenteil: Sie sei daran gebunden. Deshalb sei ein Bürgerbegehren unzulässig, da der Senat den Bezirk angewiesen habe, den Wohnungsbau zu priorisieren.

Amtsleiter: Werden uns an Anweisung des Senats halten

„Wir werden uns daran halten und das Bebauungsplanverfahren nun weiter verfolgen“, sagt Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD). Sobald der Plan fertig sei, werde den Parzellenpächtern gekündigt. 2017, spätestens 2018, werde es losgehen. „Allen Kleingärtnern wird eine neue Parzelle angeboten. Die meisten werden an der Hagenbeckstraße unterkommen.“

Laut Monika Schlechte empört diese Haltung viele Kleingärtner. Vor allem die Geschwindigkeit, mit der nun ihr Begehren kassiert wurde, ärgert sie. „Senat und Bürgermeister wollen sich offenkundig nicht mit den Alternativen auseinandersetzen. Stattdessen ebnen sie Investoren wie Quantum, die an dieser Stelle neben preisgünstigem Wohnraum natürlich auch Eigentumswohnungen entwickeln, den Weg.“ Unterstützung erhält sie vom Eimsbütteler FDP-Chef und Bezirksabgeordneten Burkhardt Müller-Sönksen: „Der Senat greift hier massiv in den Kernbereich örtlicher Bürgerbegehren ein. Wie dreist sich der Senat über die direkte Demokratie vor Ort hinweg setzt, zeigt schon der Zeitablauf. Am 1. September wurde das Bürgerbegehren eingereicht, fünf Tage später, am 6. September, evozierte der Senat dieses Bürgerbegehren und machte es nachträglich per Senatsbeschluss „unzulässig“. So ein Tricksen höhlt die Integrität und den Glauben an die direkte Demokratie aus und ist ein Schlag ins Gesicht der Bürger.“

Von Evozieren könne indes keine Rede sein, sagt Amtsleiter Sevecke. Dafür müsste der Senat den Plan selbst vorantreiben, hier habe er den Bezirk aber nur angewiesen, im Senatssinn zu agieren.