Hamburg. Der Frau wurden laut Rechtsmediziner vermutlich Drogen verabreicht. Am Bahnhof Stellingen fiel der Mann über sein Opfer her.
Im Prozess um einen sexuellen Übergriff in der Silvesternacht hat ein Rechtsmediziner ausgesagt, dass dem Opfer höchstwahrscheinlich Drogen verabreicht wurden. Die Erinnerungslücken der jungen Frau seien nicht mit ihrem Blutalkoholwert von 1,4 bis 2,0 Promille zu erklären, sagte der Gutachter vor dem Amtsgericht am Donnerstag. Auch die Auswertung der Überwachungsvideos deute auf die Einnahme anderer Substanzen hin.
Auf den Videoaufzeichnungen vom Bahnsteig und aus der S-Bahn war zu sehen, wie das Opfer mal völlig normal, dann wieder nur noch torkelnd geht. Zudem war die junge Frau laut Polizeiakten nach ihrem Auffinden abwesend und kaum ansprechbar gewesen. In dem Blut des Opfers ließ sich allerdings kein bekanntes Betäubungsmittel nachweisen.
Afghane soll die Frau gebissen und gekratzt haben
Dem etwa 19 Jahre alten angeklagten Afghanen wird vorgeworfen, die junge Frau in der Nähe des Bahnhofs Hamburg-Stellingen sexuell genötigt und verletzt zu haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist der Angeklagte der Studentin Saskia M. (Name geändert), die mit Freunden an der Reeperbahn Silvester gefeiert hatte, auf dem Heimweg gefolgt. Als die damals 19-Jährige den S-Bahnhof Stellingen verließ, habe er sie zu Boden gebracht und - als sie schrie - ihren Kopf so stark zur Seite gedrückt, dass sie kaum noch Luft bekam und Hauteinblutungen erlitt. Er soll sie zudem gebissen und gekratzt haben. Schließlich gelang es Saskia M., sich loszureißen und wegzulaufen.
Am Dienstag hatte eine Gutachterin ausgesagt, dass sie DNA-Spuren des Angeklagten an dem 19-jährigen Opfer festgestellt habe. Die DNA-Spuren des Beschuldigten waren demnach an Bissspuren an der Brust, am äußeren Bereich des Slips und des Oberschenkels sowie unter den Fingernägeln des Opfers gefunden worden. Spuren von weiteren Personen seien nicht gefunden worden, sagte die Gutachterin.
„Geistige Unterentwicklung“ des Täters
Zum Prozessauftakt Mitte Juli hatte der Angeklagte über seinen Verteidiger Tim Burkert erklärt, dass er sich in einem Park zu der Frau gelegt und sich selbst befriedigt habe. Die Anwendung von Gewalt bestritt er. "Ich dachte, dass sie etwas von mir will", ließ Nasiri Z. vortragen.
Eine Sozialpädagogin der Jugendgerichtshilfe, die mehrere Gespräche mit dem jungen Angeklagten geführt hat, empfahl der Richterin am Donnerstag im Falle einer Verurteilung das Jugendstrafrecht anzuwenden. Als Grund hierfür nannte die Sozialpädagogin eine „geistige Unterentwicklung“ des jungen Mannes. Am 10. August sollen die Plädoyers gehalten werden.
Der Übergriff auf die junge Frau in der Silvesternacht war kein Einzelfall. Allein in Hamburg gingen 400 Frauen zur Polizei und sagten aus, in der Silvesternacht auf dem Kiez begrapscht, befummelt und/oder bestohlen worden zu sein. Um die Exzesse aufzuklären, hatte die Polizei die Sonderermittlungsgruppe „Silvester“ gegründet.