Hamburg. Kleine Anfrage der FDP ergibt: Nur in acht von 193 Fällen wird rund um die Uhr gearbeitet, in 48 Fällen auch am Wochenende.
Die Köhlbrandbrücke ist nicht nur ein einmaliges Bauwerk. Auch ihre seit April laufende Grundinstandsetzung ist derzeit in Hamburg einmalig: Denn auf dieser Baustelle wird im Mehrschichtbetrieb gearbeitet, es wird auch an Wochenenden geschuftet, mit der Baufirma wurde eine maximale Dauer der Bauarbeiten vereinbart (am 30. November muss alles fertig sein), und es gibt sogar eine Bonus-/Malus-Regelung: Die Baufirma profitiert, wenn sie besonders gut und schnell arbeitet oder hat finanzielle Nachteile, wenn Qualität und/oder Tempo nicht stimmen. Außerdem werden die Arbeiten von der städtischen Baustellen-Koordinierungsstelle KOST mit anderen abgestimmt.
Wochenendarbeit auf 48 Baustellen
Von 193 Straßenbaustellen, die es derzeit in Hamburg gibt oder die demnächst eingerichtet werden, ist die Köhlbrandbrücke damit die einzige, bei der alle Möglichkeiten zur Beschleunigung ausgenutzt werden. Das geht aus den Antworten des Senats auf eine schriftliche Kleine Anfrage des FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Wieland Schinnenburg hervor. Den Verkehrsexperten stellen die Angaben nicht zufrieden: „Durch dieses schlampige Baustellenmanagement werden Autofahrer und oft auch Radfahrer sowie in vielen Fällen auch Anwohner unnötig strapaziert.“
So geht aus den Daten hervor, dass nur auf acht der 193 Straßenbaustellen im Mehrschichtbetrieb gearbeitet wird. Wochenendarbeit gibt es auf 48 Baustellen, also etwa jeder vierten. Und gerade einmal für zwei Baustellen wurde eine Bonus-/Malusregelung vereinbart: Außer für die Köhlbrandbrücke noch für das Projekt „Östliche Anbindung Haupthafenroute“ auf der Veddel. In immerhin 68 Fällen wurde eine maximale Dauer der Arbeiten festgelegt. Und in 59 Fällen findet eine Koordinierung durch die KOST statt.
Was Schinnenburg ärgert: „Bei den meisten Baustellen weiß der Senat nicht einmal, ob eine dieser Maßnahmen zur Beschleunigung getroffen werden.“ Denn für 107 von 193 Baustellen lautet die Antwort nur: keine Angaben.
FDP-Politiker fordert besseres Baustellenmanagement
Das gilt auch für die vielen Baustellen im Zuge der A 7 und verwundert etwas. Denn zumindest für den Abschnitt zwischen dem Autobahndreieck Nordwest und Bordesholm ist bekannt, dass das Baukonsortium Via Solutions 55.000 Euro Strafe pro Kalendertag zahlen muss, den die Bauarbeiten zu spät fertig werden. Zwar ist diese Strafzahlung auf 20 Millionen Euro gedeckelt – aber das dürfte als Anreiz genügen, um auf die Tube zu drücken. Ähnliche Regelungen hat der SPD-Senat 2013 auch für den Bau der Elbphilharmonie durchgesetzt, seitdem läuft es reibungslos.
Aus Schinnenburgs Sicht ist es daher unverständlich, dass es solche Bonus- oder Malus-Regelungen nur für ein Prozent der Straßenbaustellen gibt. „Ich fordere Verkehrssenator Frank Horch auf, umgehend für ein besseres Baustellenmanagement zu sorgen“, sagt der FDP-Politiker und weist auf einen positiven Nebeneffekt hin: „Damit würde auch etwas für eine bessere Luftreinhaltung getan, da es weniger Staus gibt.“
Verkehrsbehörde: „Müssen uns an gesetzliche Vorgaben halten“
In der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation kann man auf derartige Nachhilfe seitens der Opposition gut verzichten. „Wir wollen auch, dass Baustellen möglichst schnell fertig werden“, sagte Sprecherin Susanne Meinecke. „Aber wir müssen uns dabei an gesetzliche Vorgaben halten.“ So sei Wochenend- und Nachtarbeit genehmigungspflichtig und müsse begründet werden. Eine schnellere Fertigstellung der Baumaßnahme reiche als alleinige Begründung nicht aus. In der Regel werde der Anspruch der Anwohner auf Lärmschutz in der Nacht und am Wochenende höher bewertet. Daher werde in dieser Zeit an Wohn- und Nebenstraßen grundsätzlich nicht gearbeitet. Einzige Ausnahme: Im Notfall oder wenn Gefahr in Verzug ist, dürfe auch zwischen 23 und 7 Uhr gearbeitet werden.
Weitere Beschränkungen ergäben sich aus dem Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und aus den Kapazitäten der Baufirmen. Mit anderen Worten: Mitunter müssen Arbeiter auch mal Pause machen, und nicht jeder Bauarbeiter möchte auch am Wochenende oder in der Nacht arbeiten.
Wie aus der Antwort einer weiteren Anfrage von Schinnenburg an den Senat hervorgeht, ist die Zahl der Mitarbeiter, die sich mit der Planung von Straßenbaustellen in Hamburg beschäftigen, seit 2010 kontinuierlich gestiegen – von damals 44 auf aktuell 66. Während die Zahl der direkt bei der Stadt beschäftigten Planer von 32 auf 28 zurückgegangen ist, wurde im Gegenzug Personal bei der DEGES aufgebaut: Bei der von Bund und Ländern gemeinsam getragenen Planungsgesellschaft beschäftigen sich heute 38 Mitarbeiter mit Hamburger Projekten, 2010 waren es nur zwölf.
„Grundsätzlich ist es gut, dass die DEGES viele Arbeiten übernimmt, da die es offenbar besser kann als die Behörde und der zuständige Landesbetrieb“, findet Schinnenburg und verweist auf die vereinbarten Vertragsstrafen beim A-7-Ausbau. „Das sind genau die Maßnahmen, die ich seit Jahren vergeblich vom Senat fordere.“