Hamburg. Anlass für das Gremium war der gewaltsame Tod des kleinen Tayler Ende 2015. Noch im Sommer soll es erste Gespräche zur Besetzung geben.
Nach den gewaltsamen Todesfällen von Kindern in staatlicher Obhut haben sich SPD und Grüne mit den Linken und der FDP auf einen gemeinsamen Antrag für eine Enquete-Kommission zum Thema Kinderschutz und Kinderrechte geeinigt. Zwischendurch drohten die Gespräche zu scheitern, weil es unterschiedliche Positionen zum Untersuchungsgegenstand gegeben hatte.
So war Rot-Grün anfangs daran interessiert, lediglich das Regelwerk, etwa im Pflegekinderwesen, untersuchen zu lassen. Die Linken dagegen wollten darüber hinaus das System gänzlich überprüfen. Nun haben sich beide Seiten – nicht zuletzt auch durch die später in die Verhandlungen dazugestoßene FDP – angenähert. Anlass für die Enquete-Kommission war der gewaltsame Tod des kleinen Tayler Ende vergangenen Jahres.
„Wir wollen jede mögliche Anstrengung zum Wohle unserer Kinder unternehmen“, sagte der SPD-Familienpolitiker Uwe Lohmann. Linksfraktionschefin Sabine Boeddinghaus sagte: „Dass jetzt Fachleute aus der Kinder- und Jugendhilfe gemeinsam mit der Politik nach Lösungen suchen, ist eine große Chance für die Stadt.“
CDU lehnt Einsetzung der Kommission ab
Anna Gallina (Grüne) befand: „Die breite Einigung über die Einsetzung der Enquete-Kommission bereitet den Weg zu einer qualifizierten Überprüfung der Hamburger Jugendhilfe.“ Und Daniel Oetzel (FDP) erklärte, dass die Liberalen mit der Kommission besonders der Frage nachgehen wollen, ob zu jedem Zeitpunkt eines Jugendhilfe-Fallverlaufs die Verantwortung zwischen den Akteuren klar verteilt ist.
Noch im Sommer soll es weitere Gespräche unter anderem über die Besetzung des Gremiums geben. Ende September wird sich dann die Bürgerschaft mit dem Thema beschäftigen.
Die CDU lehnt die Einsetzung der Kommission ab, da es aus Sicht der Christdemokraten bereits ein ausreichendes Regelwerk gebe. „Die jüngsten Fälle schwerer Kindesmisshandlungen haben gezeigt, dass längst bestehende, vom Parlament beschlossene Regeln zum Schutz der Kinder einfach nicht umgesetzt wurden. Diese Arbeitsverweigerung des Senats muss sofort beendet, und nicht wieder monatelang über längst diskutierte Sachverhalte in einer weiteren Kommission lamentiert werden“, sagte der CDU-Familienpolitiker Philipp Heißner. Allerdings kündigte er auch an, dass sich die CDU in der Kommission für den Kinderschutz engagieren werde.
Sozialsenatorin voll des Lobes
Sozialsenatorin Melanie Leonhard erklärte dagegen, dass sie die Einsetzung des Gremiums begrüße: „Ich freue mich über die breite Mehrheit im Parlament für die Einrichtung einer Enquete-Kommission. So besteht die Chance zur parteiübergreifenden Auseinandersetzung mit fachlichen Fragen der Weiterentwicklung des Kinderschutzes in Hamburg. Ich erhoffe mir dafür wichtige Impulse, die losgelöst sind von konkreten Einzelfällen und die die Hamburger Jugendhilfe insgesamt weiter voranbringen.“
Seit 2012 sind in Hamburg drei Kinder ums Leben gekommen, obwohl sie unter der Aufsicht des Jugendamts standen. Die elfjährige Chantal war im Januar 2012 an einer Überdosis Methadon gestorben. Die Heroin-Ersatzdroge war für ihre Pflegeeltern gedacht. Die dreijährige Yagmur überlebte 2013 die Misshandlungen durch ihre Mutter nicht. Zwei Jahre später soll ein 27 Jahre alter Mann seinen einjährigen Stiefsohn zu Tode geschüttelt haben.