Hamburg. Der Luxusliner darf wieder nicht die HafenCity anlaufen. Belastetes Baggergut muss gesondert entsorgt werden.
Bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate muss die „Queen Mary 2“ wegen einer zu großen Menge an Hafenschlick in Hamburg ihren Liegeplatz ändern. Normalerweise legt die Königin der Meere am Kreuzfahrtterminal HafenCity an – nahe der Hamburger Innenstadt und mit ihrem rot-schwarzen Schornstein weithin auszumachen. Und normalerweise hat der Luxusliner mit einem Tiefgang von zehn Metern auch immer knapp zwei Meter Wasser unter dem Kiel.
Doch als das Schiff im vergangenen September zu den Cruise Days nach Hamburg kam, hätte die Wassertiefe wegen der Verschlickung nicht gereicht. Das Kreuzfahrtschiff musste an den Kreuzfahrtanleger in Steinwerder ausweichen. Gleiches gilt wenn das Schiff am kommenden Freitag wieder nach Hamburg kommt. Das Schiff muss nach Steinwerder umgeleitet werden, denn würde es in die HafenCity fahren, hätte es irgendwann gar kein Wasser mehr unter dem Kiel, sondern würde einen halben Meter tief im Schlick hängen bleiben.
Stadt kann nicht vor Helgoland verklappen
Peilungen der Wassertiefe durch die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) haben ergeben, dass am Kreuzfahrtterminal HafenCity derzeit eine Wassertiefe von 9,50 Metern besteht. Die vorgeschriebene Solltiefe liegt bei 11,90 Metern. Dort haben sich also mehr als zwei Meter Sedimente am Flussboden angesammelt.
Und die kann die Stadt nicht wie üblich in der Nordsee vor Helgoland verklappen. Zwar hat Hamburg kürzlich mit Schleswig-Holstein eine Vereinbarung beschlossen, die es der Stadt ermöglicht, Sedimente aus den Hafenbecken in die Nordsee zu bringen. Eine Bedingung der Vereinbarung ist aber, dass die Sedimente vorher auf Giftstoffe untersucht werden und die Ergebnisse ohne Beanstandung sind. Doch bei Proben hat die HPA jetzt festgestellt, dass der Schlick in der HafenCity mit Kohlenwasserstoffen belastet ist. Und zwar flächendeckend am Liegeplatz und den Zufahrtsbereichen.
Kolossal: Die "Queen Mary 2" im Dock
Kolossal: Die Queen Mary 2 im Dock
Unabhängige Labore in Norddeutschland haben die Untersuchung durchgeführt und Schleswig-Holstein sowie die HPA darüber informiert, dass eine geringfügige Überschreitung der in der Ländervereinbarung festgelegten Grenzwerte vorliegt. Deshalb nimmt Schleswig-Holstein den Schlick nicht.
„Die HPA wurde angewiesen eine andere Lösung für das Sedimentproblem in der HafenCity zu finden“, sagte eine Sprecherin der Wirtschaftsbehörde. Denkbar ist eine Entsorgung an Land, etwa auf einer Schlickdeponie in Francop oder eine Reinigung in einer Aufbereitungsanlage für Baggergut.
Doch woher kommt die plötzliche Belastung? Die HPA führt dazu zwei Gründe an. Zum einen ist der Anleger in der HafenCity besonders exponiert. „Hier erreichen belastete Schwebstoffe, die aus dem Oberstrom kommen, zuerst den Hamburger Hafen“, sagt ein Sprecher. Der Belastungsgrad nehme deutlich ab, je weiter westlich man sich stromabwärts der Elbe bewegt. „Aus diesem Grund haben wir aktuell in anderen Bereichen des Hafens die Freigaben für Baggerarbeiten erhalten. Das aktuellste Beispiel sind Parkhafen und Waltershofer Hafen, in dem zurzeit aktiv gebaggert werden kann, weil alle Umweltauflagen erfüllt worden sind“, so der HPA-Sprecher.
HIER gelangen Sie zu allen Chefvisiten
Der zweite Grund ist seinen Worten zufolge, die Regenarmut im Osten Deutschlands. Während Rhein und Donau derzeit aufgrund der starken Regenfälle im Juni hohe Wasserstände zeigten, sehe es auf der Elbe anders aus. „Wir messen derzeit einen Abfluss von 370 Kubikmetern pro Sekunde. Üblicherweise haben wir im Juli einen durchschnittlichen Abfluss von 512 Kubikmetern pro Sekunde“, so der Sprecher. Deshalb sei die Konzentration der Schadstoffe im von der Oberelbe kommenden Wasser höher.
Den Oppositionsparteien CDU und FDP reichen diese Erklärungen nicht. „Die Wahrheit ist, dass die Verantwortlichen seit über zwei Jahren die Probleme nicht in den Griff bekommen “, sagte der hafenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Ralf Niedmers. „Der Ruf des Hamburger Hafens hat durch diesen fortgesetzten Dilettantismus bereits Schaden genommen. Hamburg braucht nun endlich eine effektive Schlickbaggerung und Schlickentsorgung“, so Niedmers. Binnen kürzester Zeit sei das die zweite Meldung über Verschlickung im Hafen, ergänzte Michael Kruse (FDP). „Es verstärkt sich der Eindruck, dass die HPA bei der Herstellung der garantierten Tiefen im Hafen immer nur den Problemen hinterherläuft“, so Kruse.
Wie das Abendblatt berichtete, haben sich in den vergangenen Wochen mehrere Firmen im Hafen darüber beschwert, dass sie aufgrund des Schlicks bei Niedrigwasser nicht mehr an ihre Schuten und Pontons kommen.