Hamburg . HanseWerk Natur stellt Konzept für die Zukunft der Fernwärme vor. Auch Biowärme und Aurubis sollen Kraftwerk Wedel ersetzen helfen.
Im Herbst soll die Entscheidung fallen, wie der Hamburger Westen künftig mit Fernwärme versorgt wird, sobald das betagte Kohlekraftwerk Wedel vom Netz geht. Weil der zunächst geplante Bau eines neuen Megakraftwerks am selben Standort faktisch vom Tisch ist, suchen Senat und Energiewirtschaft nun nach einer „dezentralen Lösung“, bei der unterschiedliche Energiequellen quasi zusammengeschaltet werden. Die Firma HanseWerk Natur (früher E.on Hanse Wärme) hat dazu jetzt einen eigenen, sehr detaillierten Vorschlag gemacht. Das Konzept mit dem Titel „Ökologische und sichere Wärme für Hamburg“, das dem Abendblatt vorliegt, wurde dieser Tage an Unternehmen und städtische Stellen aus der Energiebranche verschickt, auch an die Hamburger Umweltbehörde.
Die vier in dem Konzept formulierten Ziele sind eine CO2-Einsparung von 50 Prozent, eine hohe Versorgungssicherheit, eine „partnerschaftliche Umsetzung“ mit allen Beteiligten und eine „bezahlbare“ Versorgung mit Wärme, die nicht mehr auf Basis von Kohle erzeugt wird.
Dabei schlägt HanseWerk eine Verknüpfung von vier Modulen vor, die jeweils zur Wärmeversorgung beitragen könnten. 265 Gigawattstunden (GWh) Wärme sollen im ersten Modul von der Stadtreinigung kommen, 185 GWh aus Biowärme und 80 GWh aus mit Erdgas betriebener Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Als zweites Modul nennt das Konzept die Einspeisung von 450 GWh industrieller Abwärme des Kupferproduzenten Aurubis auf der Veddel. In einem dritten Modul sollen insgesamt 280 GWh aus vier dezentralen Kraftwerken gewonnen werden, die im Hamburger Westen gebaut werden müssten. Die Kraftwerke bräuchten etwa 1500 Quadratmeter Fläche und sollten etwa die Höhe eines dreistöckigen Gebäudes erreichen, hieß es. Konkrete Standorte werden in dem Konzept nicht genannt. Viertes Modul soll eine „Erhöhung der Wärmeauskopplung aus dem Biomasse-Heizkraftwerk der Stadtreinigung an der Borsigstraße um rund 485 GWh“ sein. Dieser soll erreicht werden durch einen „Umbau der Turbinenanzapfung und ohne Einsatz zusätzlicher Biomasse“.
Die vier Module sollen nach dem Konzept nicht gleichzeitig, sondern sukzessive in Betrieb gehen. Die Biomasse-Anlage könnte als erste schon drei bis sechs Monate nach Umbaubeginn einsatzbereit sein. Die anderen Module würden 2018 bzw. 2022 fertig gestellt. Als Übergangslösung schlägt HanseWerk vor, zehn „temporäre Mietkessel“ im Hamburger Westen aufzustellen. Diese sollten die Größe von 20-Fuß-Containern haben. Damit könne man auf eine Ertüchtigung des alten Kohlekraftwerks Wedel verzichten und es in den kommenden Jahren vom Netz nehmen.
Umweltbehörde sieht neues Papier mit Interesse
„Statt der bisher diskutierten Großlösungen einzelner Unternehmen schlagen wir vor, die Kräfte und Kompetenzen verschiedener Partner zu bündeln und gemeinsam an einer sicheren, zukunftsweisenden und möglichst ökologischen Lösung zu arbeiten“, sagte Jörg Lampe, Geschäftsführer von HanseWerk Natur, auf Abendblatt-Nachfrage.
Dabei will HanseWerk natürlich gerne an dem Umbau der Fernwärmeversorgung mitverdienen. So bietet sich das Unternehmen etwa für die Netzanbindungen, also den Leitungsbau an. Außerdem möchte HanseWerk die dezentralen Kraftwerke im Hamburger Westen errichten und betreiben. Beim Umbau der Biomasse-Anlage an der Borsigstraße sieht sich das Unternehmen in einer Beraterfunktion. Auch die temporären Mietkessel für eine mögliche Übergangslösung könne HanseWerk bei Bedarf errichten, heißt es in dem Konzept.
Bereits im Dezember hatte HanseWerk einen Vorschlag zur künftigen Fernwärmeversorgung gemacht (Abendblatt berichtete). Das jetzt vorgelegte Papier ist eine detaillierte Ausarbeitung dieses ersten Konzepts.
Bei der Umweltbehörde sieht man sich das neue Papier derzeit offenbar mit Interesse an. „Ideen beleben immer die Diskussion. Das vorliegende Konzept stammt von einem erfahrenen Unternehmen mit guter Kenntnis des Hamburger Markts“, sagte Behördensprecher Jan Dube. „Es ist ein sehr partnerschaftlicher Ansatz, bei dessen Umsetzung bisher konkurrierende Unternehmen eng miteinander kooperieren müssten. Wesentliche der darin vorgeschlagenen Komponenten für die Wärmeversorgung prüfen wir gerade ohnehin selbst.“ Die Stadt bereite derzeit mit Gutachtern und eigenen Experten die Entscheidung zur Nachfolgelösung für das Kraftwerk Wedel vor, so Dube. „Ziel ist es, kein neues fossiles Großkraftwerk zu bauen. Wir streben einen möglichst klimafreundlichen Mix aus verschiedenen Anlagen und Quellen an.“