Hamburg/Wedel . Aufsichtsrat vertagt Entscheidung über Zukunft der Fernwärme in Hamburg auf 2016. Als Grund wurde “unsicheres Marktumfeld“ genannt.

Der zunächst geplante Bau eines großen neuen Gas-und-Dampf-Kraftwerks (GuD) in Wedel für die Hamburger Fernwärmeversorgung ist zunächst einmal vom Tisch. Der Aufsichtsrat der Wärmegesellschaft, an der die Stadt derzeit noch 25,1 und Vattenfall 74,9 Prozent halten, hat die Entscheidung über eine Nachfolgeregelung für das alte Kohlekraftwerk Wedel am Dienstagnachmittag vertagt. Erst 2016 soll nun entschieden werden, wie die rund 180.000 angeschlossenen Haushalte in Hamburgs Westen künftig mit Wärme versorgt werden sollen. Als Begründung für das Verschieben der Entscheidung nannte der Senat das derzeit „unsichere Marktumfeld“ für Gas-Kraftwerke.

Nach dem Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze hatte der Senat mit Hamburg die vollständige Übernahme der Fernwärmenetze und der Erzeugungsanlagen für das Jahr 2019 vereinbart. Weil die Entscheidung nun vertagt wurde, werde dann jedoch voraussichtlich noch keine alternative und klimafreundliche Lösung als Nachfolge für das bisherige Kohlekraftwerk einsatzbereit sein, so der Senat. Deswegen wolle Vattenfall das alte Kraftwerk, das dem Unternehmen derzeit noch zu hundert Prozent gehört, ertüchtigen, sodass es über das Jahr 2017 hinaus laufen könne, zu dem es eigentlich vom Netz gehen sollte. Der schwedische Energiekonzern wolle Anfang 2016 einen Plan darüber vorlegen, welche Instandhaltungsaufwendungen dafür nötig werden.

Entscheidung soll nun 2016 fallen

Der Vertrag vom Januar 2014 zum Rückkauf des Fernwärmenetzes sieht zwei Szenarien vor: Bis einschließlich Ende 2015 hätte im sogenannten GuD-Szenario die Entscheidung für ein GuD-Kraftwerk in Wedel in der bisher geplanten Größe fallen müssen. Weil diese Entscheidung nun nicht getroffen wurde, greift das sogenannte Alternativszenario, welches alle Optionen zum Umbau des Netzes und seiner Erzeugungsanlagen offen lässt. Dazu gehört die Kombination aus der Nutzung von industrieller Abwärme mit einem kleineren Kraftwerk. Auch ein GuD am Standort Wedel bleibe aber eine Option, so der Senat.

„Gutachter, Energieexperten und Betriebswirte sind sich einig, dass man zum jetzigen Zeitpunkt keine verantwortbare Entscheidung zum Neubau eines Großkraftwerks treffen kann“, sagte Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) nach der Sitzung. „Große Unsicherheiten gibt es bei den Strommarktpreisen, auch die Bedingungen zur Förderung von Kraft-Wärme- Kopplungs-Anlagen durch den Bund sind noch nicht abschließend geklärt.“ Niemand wolle aber das Risiko eingehen, in Wedel eine Investitionsruine zu errichten. „Wir befinden uns damit jetzt im Alternativszenario und nehmen uns die nötige Zeit, um die Entscheidung zur Nachfolge des alten Kohlekraftwerks sorgfältig vorzubereiten. Diese soll 2016 fallen.“

Grundlage liefert das BET-Gutachten

Leitlinie sei dabei für ihn der Auftrag aus dem Volksentscheid, so Kerstan: eine klimagerechte und sozial verträgliche Wärmeversorgung. „Eine gute Grundlage liefert das BET-Gutachten. Auch die Daten und Vorstellungen von Vattenfall liegen jetzt auf dem Tisch. Diese werden wir mit Hilfe von eigenen Experten ebenso bewerten wie die Marktrisiken, unsere eigenen Szenarien und die Kombination verschiedener Maßnahmen, beispielsweise zum Einsatz erneuerbarer Wärmequellen und zur Nutzung industrieller Abwärme“, so Kerstan.

Anfang 2014 hatte die Behörde das Beratungsunternehmen BET (Büro für Energiewirtschaft und technisch Planung GmbH) mit der Untersuchung von Handlungsalternativen zum Bau eines GuD-Kraftwerks am Standort Wedel beauftragt. Das Gutachten gibt allerdings keine klare Empfehlung zugunsten einer Alternative ab.