Hamburg . Partei fordert: Bau einer Leitung vom Kohlekraftwerk in den Hamburger Westen soll geprüft werden. Rot-Grün dagegen

Spaßvögel haben das Kohlekraftwerk Moorburg längst zum dritten Wahrzeichen Hamburgs erklärt – denn seine riesigen Dampfwolken ragen mindestens genauso sichtbar in den Hamburger Himmel wie Michel und Elbphilharmonie und verschatten dabei bisweilen ganze Stadtteile. Das seit jeher umstrittene Kraftwerk dürfte in den kommenden Wochen erneut für Streit in der Hamburger Politik sorgen. Denn die CDU-Bürgerschaftsfraktion und der CDU-Wirtschaftsrat wollen jetzt ein eigentlich längst ad acta gelegtes Thema neu beleben: Sie fordern die Einbeziehung des Kohlekraftwerks in die Planung der künftigen Hamburger Fernwärmeversorgung. Es sei nicht sinnvoll, dass die Abwärme aus Moorburg ungenutzt in Himmel und Elbe verpuffe, während Hamburgs Westen zur Ablösung des alten Kraftwerks Wedel ein neues System zur Wärmeversorgung brauche.

„Seit Juni 2014 befasst sich die zuständige Behörde mittels eines umfassenden Gutachterprozesses mit der Frage, wie die Fernwärmeversorgung gestaltet werden soll. Weder der SPD-Vorgängersenat noch unter Rot-Grün wurde bislang ein konkretes Lösungsszenario entwickelt, wie das alte Kohlekraftwerk Wedel ersetzt werden soll“, sagt CDU-Energiepolitiker Stephan Gamm. „Diese Verzögerung wird nun zwangsläufig zu einer Laufzeitverlängerung des Kraftwerks Wedel führen. Aus ideologischen Gründen wurde die Möglichkeit der Auskopplung der Wärme aus dem Kraftwerk Moorburg bislang nicht berücksichtigt.“ Die CDU fordere „eine ideologiefreie Prüfung der Einbeziehung industrieller Abwärme, aber auch einer möglichen Nutzung der anfallenden Abwärme aus dem Kraftwerk Moorburg“. Dazu hat die Fraktion nun einen entsprechenden Antrag in die Bürgerschaft eingebracht.

Ähnlich äußert sich der Wirtschaftsrat der CDU. „Wir fordern den Senat auf, auch industrielle Abwärme in seine Planungen einzubeziehen. Außerdem sollte die im Kraftwerk Moorburg anfallende Abwärme endlich sinnvoll eingesetzt und nicht mehr ungenutzt in die Elbe abgegeben werden“, sagt dessen Hamburger Geschäftsführer Hauke Harders. „Diese Praxis wirkt sich negativ auf die Wärmelast des Flusses und den Effizienzgrad der Anlage aus. Der Wirtschaftsrat plädiert daher für eine pragmatische und ideologiefreie Prüfung des Fernwärmepotenzials von Moorburg.“

Rot-Grün aber lehnt die Nutzung der Wärme aus Moorburg ab – aus mehreren Gründen. Zum einen solle die Fernwärme laut dem Volksentscheid von 2013 klimafreundlich gestaltet werden, das sei mit Wärme aus einem Kohlekraftwerk nicht vereinbar. „Der Bau der Moorburgtrasse unter der Elbe hindurch wäre zudem sehr teuer und mit großen Preisrisiken für die Fernwärmekunden verbunden“, betont Umweltbehördensprecher Jan Dube. „Der Bau dieser Trasse ist von der Koalition nicht gewollt, deshalb steht auch im Koalitionsvertrag, dass dieser nicht unterstützt wird. Wir wollen die Fernwärme so umbauen, dass nördlich der Elbe möglichst viel Energie aus erneuerbaren Quellen ins Netz kommt. Bisher gab es einen Konsens der Parteien im Rathaus, diese Option nicht weiter zu verfolgen.“

Hinzufügen muss man allerdings, dass der Koalitionsvertrag explizit auch eine Ertüchtigung des Kraftwerks Wedel ausgeschlossen hatte. Dieser haben SPD und Grüne kürzlich trotzdem zugestimmt. Sonderlich ernst scheint man die eigenen Festschreibungen also nicht zu nehmen. In Wahrheit dürfte bei den Überlegungen auch etwas anderes eine Rolle spielen, nämlich der massive Widerstand gegen den Bau einer Leitung quer durch Altona. Die von den Grünen unterstützten Gegner der sogenannten Moorburgtrasse hatten bereits bei der früheren Planung energischen Widerstand geleistet.

SPD-Energiepolitikerin Monika Schaal betont bei all dem, dass Fernwärme aus Moorburg „weder ökonomisch noch ökologisch“ sinnvoll sei. „Die Kosten der Moorburgtrasse wurden bereits vor nahezu zehn Jahren auf über 125 Millionen Euro taxiert. Dieser Betrag würde heute weit darüber liegen und müsste von den Fernwärmekunden aufgebracht werden.“ Zudem würde die Energiewende durch den Anschluss von Moorburg an die Fernwärme in Hamburg „einen deutlichen Rückschlag erfahren“, so Schaal.

Grünen-Umweltpolitikerin Ulrike Sparr sieht das ebenso – und ergänzte, sie sei „überrascht, dass die CDU die Fernwärmeleitung aus Moorburg wieder aus der Mottenkiste holt“. Die Fraktionen hätten sich im Rahmen des Gutachterprozesses zur Nachfolge­lösung für Wedel auf ein Nein zur Moorburgtrasse geeinigt. „Diesen Konsens kündigt die CDU nun auf.“