Hamburg. Der Hamburger Senat präsentiert seinen Entwurf für den Haushalt 2017/2018, nennt aber kaum konkrete Schwerpunkte.
Eine Weisheit, die in Hamburg von Finanzsenator zu Finanzsenator weitergegeben wird und die auf den ersten Blick überrascht, lautet: Je höher die Einnahmen, desto schwieriger hat es der Chef der Behörde am Gänsemarkt. Bei niedrigen Einnahmen, so der Hintergedanke, müsse man niemandem erklären, warum gespart werden muss. Aber wenn die Steuern sprudeln, wollen plötzlich alle mehr Geld.
So gesehen hat Peter Tschentscher (SPD) einen sehr schweren Job. Denn seit seinem Amtsantritt 2011 eilt die Stadt von einer Rekordeinnahme zur nächsten. Das hat einerseits den Vorteil, dass die Stadt unerwartet schon seit 2014 keine Schulden mehr gemacht hat und Tschentscher daher am Mittwoch zusammen mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) einen Entwurf für den Doppelhaushalt 2017/18 vorstellen konnte, in dem das erstmals auch gar nicht mehr geplant ist. „Es muss zu Ende gehen mit der Politik des Schuldenmachens“, sagte Scholz. Für 2017 werde mit 29 Millionen Euro Überschuss geplant, für 2018 mit 220 Millionen. Zum Vergleich: 2014 war die Stadt 420 Millionen Euro im Plus, 2015 etwa 200 Millionen.
So bereitwillig Scholz und Tschentscher über diesen Erfolg der Haushaltspolitik sprachen, so vage blieben sie andererseits auf die Fragen, wie denn künftig das Geld ausgegeben werden soll. „Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer?“, sinnierte der Finanzsenator. „Es gibt weder das eine noch das andere. Es gibt für jeden das, was erforderlich ist.“
Einige Behörden bekommen mehr Geld – scheinbar...
Ausweislich der von ihm präsentierten Zahlen machen einige Behörden zwar große Sprünge bei den Ausgaben von 2016 zu 2017: etwa die Innenbehörde (von 0,984 auf 1,16 Milliarden Euro), die Sozialbehörde (von 2,8 auf 2,97 Milliarden), die Schulbehörde (von 2,15 auf 2,36 Milliarden) und die Wissenschaftsbehörde (von 1,0 auf 1,1 Milliarden). Auch die sieben Bezirke können 2017 mit gut 550 Millionen Euro 80 Millionen mehr ausgeben als 2016. Die Zahlen seien jedoch nicht aussagekräftig, da sie Rückstellungen für künftig zu zahlende Pensionen enthielten, so Tschentscher – und das wirke sich bei Behörden mit hohem Personalanteil besonders stark aus. Richtig sei aber, dass zum Beispiel Bezirke, Wissenschaft und Wohnungsbau Schwerpunkte im Haushalt seien.
Auch das Gesamtvolumen des Haushalts ist mit dem Vorgänger 2015/2016 nur eingeschränkt vergleichbar. Denn der am Mittwoch präsentierte „Gesamtaufwand“, der 2017 bei 14,1 Milliarden und 2018 bei 14,25 Milliarden Euro liegt, enthält auch „nicht zahlungsbezogene“ Posten wie Abschreibungen und Pensionsrückstellungen. Eine Vergleichszahl für 2016 konnte der Senat nicht nennen. Klar ist aber: Nachdem Rot-Grün Ende 2015 das Finanzrahmengesetz geändert hatte, können gegenüber der bisherigen Planung gut 400 Millionen Euro pro Jahr mehr ausgegeben werden. Der Großteil dieser Summe wird zentral für Flüchtlingsausgaben vorgehalten.
Eine Anfrage des Abendblatts an alle Behörden, was 2017/2018 konkret ihre größten Etatposten sein werden, wurde nur von der Gesundheits-, der Stadtentwicklungs- und der Umweltbehörde im Detail beantwortet. Erstere teilte mit, dass gesetzliche Leistungen wie Hilfen zur Pflege mit 268 Millionen Euro 2017 und 280 Millionen 2018 mehr als die Hälfte ihres Etats ausmachten. Die Krankenhausinvestitionen steigen demnach gegenüber 2016 von 90 auf jeweils 95 Millionen Euro.
Die Stadtentwicklungsbehörde steigert ihre Ausgaben für den Wohnungsbau von 124 auf 144 (2017) und dann auf 159 (2018) Millionen Euro. 34 Millionen Euro stehen für Wohngeld zur Verfügung und 14,5 Millionen für Integrierte Stadtteilentwicklung.
Größter Posten der Umweltbehörde ist mit 148 Millionen Euro (plus elf Millionen gegenüber 2016) der Bereich „Hochwasserschutz und Schleusen“. 35 Millionen stehen für Energiewende und Klimaschutz zur Verfügung und neun Millionen für „Luftgüte und Lärmschutz“. Die Wirtschaftsbehörde will weiterhin 100 Millionen Euro pro Jahr in den Hafen investieren, weitere 24 Millionen Euro kommen vom Bund.
Die Opposition kritisierte die vagen Äußerungen des Senats: „Es lässt nichts Gutes erahnen, dass der Senat kaum eine konkrete Frage beantwortet hat“, sagte CDU-Finanzexperte Thilo Kleibauer. Aus seiner Sicht wurde die Vergleichbarkeit des neuen Haushalts mit dem Vorjahr „bewusst verschleiert“. Norbert Hackbusch (Linkspartei) sagte: „Diese Präsentation ist ein Meisterwerk der Intransparenz.“