Altstadt. Bildung, Wohnen, Nachbarschaft – Volksinitiative legt einen Masterplan für bessere Eingliederung von Flüchtlingen vor.
Bislang ist die Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ vor allem für ihre Ablehnung von Großunterkünften für Flüchtlinge bekannt. Jetzt hat der Dachverband, der verschiedene Bürgerinitiativen vereint, ein umfangreiches Papier mit einem „Masterplan für erfolgreiche Integration in Hamburg“ vorgelegt.
In dem 35 Seiten umfassenden Dokument entwickeln die Autoren eine Vielzahl von Vorschlägen, wie erfolgversprechende Integration der mehreren Zehntausend derzeit in Hamburg lebenden Flüchtlinge gelingen könnte. Im Kern orientieren diese sich an dem bekannten Leitmotiv, wonach Integration am besten dann funktioniert, wenn Flüchtlinge gleichmäßig in der gesamten Stadt untergebracht werden.
Daraus ergibt sich zuallererst die Ablehnung von Großunterkünften und geplanten Expresswohnsiedlungen, in denen auf engem Raum Tausende Flüchtlinge untergebracht werden. So kritisiert die Initiative, dass Hamburg „als einziges Bundesland bisher keine verbindlichen Mindeststandards für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften formuliert“ habe.
In dem Plan wird auf die Behörden in Berlin Bezug genommen. Diese hätten festgelegt, dass für jede Person mindestens sechs Quadratmeter reine Wohnfläche zur Verfügung stehen sollten. Für Hamburg fordert die Initiative „verbindliche Mindeststandards“ beispielsweise bei Wohngröße, der Lage und der Größe der Unterkünfte.
Da, wo Gewerkschaften oder Sozialverbände Expertisen haben, orientiert die Volksinitiative sich an deren Forderungen. So verweist der Masterplan beispielsweise auf Forderungen der GEW nach mehr Personal an den Schulen, damit diese besser Flüchtlingen unterstützen könnten. Aber auch hier legen die Autoren Wert auf eine gute Durchmischung von Anfang an: „Der Anteil von nicht Deutsch sprechenden Kindern darf in einer Einrichtung 30 Prozent nicht überschreiten.“
Die Volksinitiative fordert eine „Zentrale Koordinierungsstelle für Integration“, die an die Senatskanzlei angebunden und mit ausreichendem Budget sowie personellen Ressourcen ausgestattet sein sollte. Der Chefposten sollte zudem mit einem Staatsrat besetzt werden, der erforderliche Vollmachten gegenüber anderen Behörden erhält. Derzeit untersteht Hamburgs Flüchtlingskoordinator den Staatsräten der Innen- und der Sozialbehörde.
Wichtig ist der Volksinitiative die Erfolgskontrolle von Integrationsmaßnahmen. Etwas sperrig heißt es in dem Masterplan: „Aus den Integrationszielen sind die Messgrößen einer erfolgreichen Integration abzuleiten.“ Die Erreichung dieser Messgrößen wiederum sollte jährlich überprüft werden.
Zu den Messgrößen gehören beispielsweise Sprachkompetenzen von Flüchtlingen, langfristig gesicherte Wohnverhältnisse, Kontakt zur Nachbarschaft im Wohngebiet, aber auch „Akzeptanz der Normen und Werte unserer Gesellschaft“ oder der „gleichberechtigte Umgang der Geschlechter“ miteinander. „Der Integrationsprozess ist dann abgeschlossen, wenn 100 Prozent der zuvor genannten Messgrößen denen entsprechen, die insgesamt gesellschaftliche Realität sind.“
Da ein größerer Teil der Flüchtlinge dauerhaft in Hamburg bleiben werde, müssten Integrationsmaßnahmen so individuell wie möglich geplant werden, heißt es in dem Masterplan weiter. Voraussetzung dafür sei ein „zügiges Profiling“. Dabei gehe es um Fragen wie: „Welche Fähigkeiten, Fertigkeiten, Qualifikationen bringt der Geflüchtete mit? Wie sieht sein bisheriger Bildungsweg aus? Auf welchem Bildungsstand befindet er sich aktuell?“
Nach den Worten von Jasmin Peter, eine der Autorinnen des Masterplans, war das Gelingen von Integration von Beginn an ein Kernanliegen der Volksinitiative. „Wir zielen darauf ab, den Integrationsprozess ganzheitlich und aus vielen Blickwinkeln zu betrachten, denn Politik und Stadtgesellschaft können die vor uns stehende Integrationsaufgabe nur gemeinsam meistern.“ Wesentliche Beiträge aus Bildungsorganisationen, den Gewerkschaften oder der Forschung seien berücksichtigt worden. Im Übrigen sei der Entwurf „auch Gegenstand der Verhandlungen mit den beiden Regierungsfraktionen“, sagte Peter.
Der Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Andreas Dressel, begrüßte gestern, dass die Volksinitiative ein umfangreiches Positionspapier zum Thema Integration erarbeitet habe. „Da sind viele richtige und wichtige Anregungen drin, an vielen Stellen gibt es Berührungspunkte auch zu unseren Konzepten.“ Vor allem der Versuch, Integrationserfolge konkret messbar zu machen, um noch zielgenauer fördern und fordern zu können, sei hilfreich, sagte Dressel. Sein Amtskollege von den Grünen, Anjes Tjarks, sieht das ähnlich. Beim Thema Integration sehe er Gemeinsamkeiten mit der Initiative.
Unterdessen gründete sich am gestrigen Abend das „Bündnis Hamburger Flüchtlingsinitiativen“. Ziel der Plattform, der nach eigenen Angaben 97 Initiativen angehören, sei es, den Austausch der Flüchtlingsinitiativen untereinander zu befördern und die Interessen ehrenamtlicher Flüchtlingsarbeit gegenüber der Hamburger Politik, den Behörden und den Betreibern der Unterkünfte zu vertreten.