Hamburg. Hafenverbands-Chef Gunther Bonz ist gegen Wohnungsbau auf Kleinem Grasbrook – und erinnert den Hamburger Senat an Zusagen.
Die Hafenwirtschaft steht derzeit unter politischem Druck. Erst wurde bekannt, dass etliche Unternehmen künftig höhere Grundsteuern bezahlen sollen. Aufgrund neuer Berechnungsgrundlagen verdoppelt sich die Abgabenlast einiger Betriebe sogar. Anfang dieser Woche stellte sich dann zusätzlich heraus, dass der Senat nun doch erwägt, den Kleinen Grasbrook planerisch aus dem Hafengebiet zu entlassen, um dort Wohnungen zu bauen. Bei einer Sondersitzung des Aufsichtsrats der Hafenverwaltung HPA, die aufgrund einer Erkrankung von Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) kurzfristig verschoben wurde, sollte das Thema zur Sprache kommen. Der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH), also das Organ der Hafenwirtschaft, verspürt große Verunsicherung bei seinen Mitgliedern. Präsident Gunther Bonz erklärt nach einer Vorstandssitzung die Haltung des UVHH. Er warnt den Senat davor, wortbrüchig zu werden.
Hamburger Abendblatt: Herr Bonz, es gab nach dem Ende der Olympia-Bewerbung vom Wirtschaftssenator das Versprechen, die Flächen im Hafengebiet auf dem Kleinen Grasbrook nicht für Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Jetzt wird das offenbar anders gesehen. Was sagen Sie dazu?
Gunther Bonz: Wir vertrauen unverändert auf die Zusagen, die uns vom Bürgermeister, vom Sportsenator und vom Wirtschaftssenator gegeben wurden. In Hamburg sollte das versprochene Wort noch gelten.
Hamburg wächst stetig und hat gerade einen immensen Flüchtlingszuzug zu verkraften gehabt. Die Stadt braucht deshalb dringend mehr Wohnraum. Auf der anderen Seite schrumpft der Hafenumschlag. Was haben Sie also gegen neue Wohnungen?
Bonz: Die Hafenwirtschaft hat nichts gegen den Wohnungsbau. Im Gegenteil, sie unterstützt das Vorhaben des Senats, mehr Wohnraum zu schaffen. Der Senat hat aber eindeutig kundgetan, dass es dafür ausreichend Flächen gibt. Und es wurde kürzlich bekannt, dass Hamburg sein Ziel von 6000 Wohnungen im Jahr sogar übererfüllt hat. Die Hafenflächen werden deshalb für die dringende Schaffung von neuen Arbeitsplätzen benötigt, denn die Neubürger benötigen ja auch Arbeit, nicht nur Wohnraum. Und was den sinkenden Umschlag betrifft: Wenn in diesem Jahr endlich das notwendige grüne Licht für die Elbvertiefung kommt, wird sich das Blatt ganz schnell wieder wenden – und der Umschlag wird steigen.
Aber was werden Sie machen, wenn der Senat sich über alle Zusagen hinwegsetzt und sich doch für den Wohnungsbau auf dem Kleinen Grasbrook entscheidet? Wollen Sie dann klagen?
Bonz: Noch einmal: Wir können uns nicht vorstellen, dass ein gegebenes Wort gebrochen wird. Dann würde man absolut unhanseatisch handeln und gegen alle Prinzipien eines Ehrbahren Kaufmanns verstoßen, die Hamburg in der Welt so stark gemacht haben.
Was kann sich die Hafenwirtschaft denn für die künftige Nutzung der Flächen vorstellen, wenn das Überseezentrum geschlossen wird? Das Gelände kann doch nicht brachliegen.
Bonz: Weder die Wirtschaftsbehörde noch die Hamburg Port Authority haben mit uns über die künftige Nutzung der Flächen gesprochen. Da der Wirtschaftssenator immer das Prinzip des Universalhafens hochhält, könnte man an dieser Stelle beispielsweise konventionelles Stückgut umschlagen. Der Kleine Grasbrook eignet sich auch für die Autoverladung, die ja hier bereits stattfindet.
Ein anderes Thema ist die plötzliche Erhöhung der Grundsteuer im Hafen, gegen die es bereits eine Klage gibt. Was empfehlen Sie den betroffenen Firmen?
Bonz: Wir raten allen betroffenen Unternehmen, Widerspruch gegen die neuen Steuerbescheide einzulegen. Wir halten die Argumentation des Finanzamts für rechtlich nicht haltbar. Im Übrigen ist die Hafenwirtschaft schon sehr verwundert, dass eine jahrzehntelange Praxis der Steuerfestsetzung ohne eine Änderung der Gesetzeslage und ohne Anlass durch das Bundesfinanzministerium über Nacht umgestellt werden soll. Das zeigt, dass der Finanzverwaltung das Verständnis für die Belange des Hafens fehlt. Das Gleiche gilt für die fehlende Erleichterung der Einfuhrumsatzsteuer, die die deutschen Häfen schon seit Jahrzehnten gegenüber ihren niederländischen Mitbewerbern benachteiligt. Hier hat die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder bereits Ende des vergangenen Jahres die Untätigkeit des Bundesfinanzministeriums kritisiert und um eine zügige Änderung der Rahmenbedingungen gebeten.
Fühlt sich die Hafenwirtschaft mit all diesen von Ihnen beschriebenen Einschränkungen derzeit vom Senat noch ausreichend unterstützt?
Bonz: Für die Hafenwirtschaft kann ich mich dazu derzeit öffentlich nicht äußern.