Hamburg. Fläche auf Kleinem Grasbrook könnte nun doch für Stadtentwicklung genutzt werden. Die Hafenbehörde HPA steht vor einem Neuzuschnitt.
Der Hamburger Hafen steht vor seinem größten Umbau seit Jahrzehnten. Der Aufsichtsrat der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) hat zu einer Sondersitzung geladen. Thema des gewichtigen Treffens: „Zukünftige strategische Ausrichtung“. Wie das Abendblatt erfuhr, stehen weitreichende Änderungen auf der Tagesordnung, die Auswirkungen auf den gesamten Hafen haben werden.
Unter dem Stichwort „HPA next“ ist eine Neugliederung der Hafenverwaltung geplant: dem Vernehmen nach soll die HPA mit ihren 1800 Mitarbeitern in drei Bereichen klarer gegliedert werden: Ein Bereich soll sich um die Vermietung der Flächen und Immobilien im Hafen kümmern, ein weiterer um die hoheitlichen Aufgaben wie die Regelung des Schiffsverkehrs. Der dritte Teil innerhalb der HPA-Struktur soll sich um Instandhaltung und Ausbau der Infrastruktur wie Straßen, Brücken und Hafenbahn kümmern. Hinter der Aufsplittung verbirgt sich der Wunsch des Senats, bessere Einsicht in Ausgaben und Einnahmen zu erhalten sowie in Investitionen und Betriebskosten. Letztere soll die HPA abbauen.
Mietvertrag für Übersee-Zentrum aufgehoben
Besondere Brisanz birgt Punkt 3 der Tagesordnung. Er lautet: „Aufhebung Mietvertrag Übersee-Zentrum“. Damit ist das Schicksal des einst weltgrößten Verteilschuppens für Stückgutladung besiegelt. Der Betreiber Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) will es aus Kostengründen schließen. Doch hinter den Stichwörtern verbirgt sich noch viel mehr: eine Abkehr des Senats von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vom bisherigen Versprechen, das Hafengebiet nicht zu verkleinern. Denn auf einer kleinen Fläche sollen Wohnungen gebaut werden.
Nach Abendblatt-Informationen sieht der Plan vor, dass die HHLA das Gelände an den Elbbrücken an die HPA zurückgibt, und zwar knapp zehn Jahre vor dem Ablauf ihres Mietvertrags. Eine Sprecherin der Wirtschaftsbehörde bestätigte das vorzeitige Beenden des Mietverhältnisses. Ein Teil der Fläche, auf der die 100.000 Quadratmeter große Halle steht, soll künftig für Gewerbe und hafennahe Nutzung zur Verfügung stehen. Ein kleiner Teil, vorn an der Wasserkante, soll dem Vernehmen nach aber aus dem Hafengebiet herausgelöst und der Stadt übergeben werden, die dort Wohnungsbau planen könnte. Die Rede ist vom Schumacherwerder, einem schmalen Streifen Land auf dem Kleinen Grasbrook hin zur Norderelbe.
Senat hatte Wohnungsbau ausgeschlossen
In der Hafenwirtschaft und in regierungsnahen SPD-Kreisen ist die Überraschung groß. Sollte der Aufsichtsrat dieses beschließen, stünde der Senat vor einem Wortbruch: Bisher hatte er eine weitere Verkleinerung des Hafengebiets zugunsten des Wohnungsbaus kategorisch ausgeschlossen. So hatte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) der Hafenwirtschaft nach dem Aus für die Olympia-Bewerbung im Herbst 2015 zugesagt, dass der Plan fallen gelassen werde, dem Hafen Flächen zu entnehmen. „Es wird keinen Wohnungsbau auf dem Kleinen Grasbrook geben“, versicherte Horch stets. „Zeitnah“ stünde keine Entscheidung über eine künftige Nutzung an, sagte die Sprecherin der Wirtschaftsbehörde und betonte: „Das Vorgehen ist zwischen Bürgermeister Scholz und Senator Horch seit Langem abgestimmt.“
Unklar ist, wer die Kosten des Manövers trägt. Allein für die vorzeitige Beendigung des Mietvertrags muss die HHLA entschädigt werden. Und da geht es schnell um Millionenbeträge. Denkbar wäre, dass der Senat der HPA finanziell beispringt und sich das Geld später bei der Vergabe des Schumacherwerders an Wohnungsbaufirmen zurückholt. Unklar ist auch, was aus den restlichen Flächen des einstigen Übersee-Zentrums wird. Ein Blick in den Hafenentwicklungsplan hilft dabei kaum. Generell gilt es als geeignet für die Montage von Bergwerks- und Baumaschinen ausländischer Hersteller oder die System- und Endmontage von Lokomotiven.
Eigentlich sollte die Sondersitzung des HPA-Aufsichtsrats morgen stattfinden. Sie wurde allerdings kurzfristig abgesagt: Senator Horch ist erkrankt.