Hamburg. Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) erwartet für 2016 ein Plus von 478 Millionen Euro gegenüber Haushaltsplanung.
Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) griff zu einem Vergleich aus der Meteorologie. „Steuerschätzungen sind wie Wetterprognosen. Am besten sind sie für denselben Tag.“ Je weiter man vorauszublicken versuche, desto schwieriger würden die Prognosen. „Das heißt eben auch: Nicht jedes Unwetter kann man frühzeitig erkennen“, sagte der SPD-Politiker. Nur ohne Planung geht es auch nicht.
Bezogen auf die Steuereinnahmen der Stadt sieht Tschentscher nun klarer. „2016 können wir jetzt sehr gut beurteilen“, sagte der Finanzsenator. Laut der Maisteuerschätzung, die Tschentscher am gestrigen Dienstag im Rathaus vorgestellt hat, hält Hamburgs Hoch bei den Steuereinnahmen an: Der Stadtstaat wird Ende des Jahres voraussichtlich 58 Millionen Euro mehr in der Kasse haben als noch im November 2015 vorhergesagt. Gegenüber der allerdings sehr vorsichtig kalkulierten und mit hohen Risikoabschlägen versehenen Haushalts- und Finanzplanung beträgt das Plus sogar 478 Millionen Euro bei insgesamt in Hamburg verbleibenden Steuern in Höhe von 10,22 Milliarden Euro.
„Grundlage für die wachsenden Steuereinnahmen ist eine weiterhin gute konjunkturelle Entwicklung“, sagte Tschentscher. Der positive Trend spiegele die bundesweit gute wirtschaftliche Lage wider. „Aber es gibt in Hamburg weitere Effekte. Wir haben zum Beispiel erfreulicherweise einige große Steuerzahler“, sagte der Senator. „Hamburg ist überdurchschnittlich stark in Wirtschafts- und Finanzkraft.“
Auch für die kommenden Jahre rechnen die Steuerschätzer mit steigenden Einnahmen. So soll das Plus von 32 Millionen Euro 2017 auf bis zu 119 Millionen Euro anwachsen. Tschentscher erwartet nun für die Haushalts- und Finanzplanung bis 2019 ein entsprechend höheres Plus an Steuereinnahmen von zusammengenommen 1,44 Milliarden Euro.
Eine Folge des Geldsegens sind höhere Zahlungen Hamburgs in den Länderfinanzausgleich. Nach jetziger Prognose werden sich die Überweisungen aus Hamburg an die „ärmeren“ Länder von 65 Millionen Euro (2017) auf 130 Millionen Euro (2020) verdoppeln. Bislang war lediglich von einem Anstieg auf 75 Millionen Euro ausgegangen worden. „Hamburg steht deutlich auf der Seite der Geberländer“, sagte Tschentscher.
Der Finanzsenator warnte zugleich eindringlich davor, die erwarteten Mehreinnahmen aus Steuern gleich für zusätzliche Ausgaben zu verplanen. „Es geht bergauf, aber man darf nicht unvorsichtig und großspurig werden“, sagte Tschentscher. Deswegen werde der Ausgabenrahmen für die Fachbehörden nicht erhöht.
Und doch will der rot-grüne Senat den gewonnenen finanziellen Spielraum für die Bereiche Flüchtlinge, städtische Infrastruktur und Kredittilgung nutzen. „Wir wollen die Zuwanderung gut meistern, und das werden wir auch“, sagte Tschentscher. Dafür werden noch einmal 160 Millionen Euro vorsorglich bereitgestellt. „Ob wir das Geld benötigen, wissen wir am Ende des Jahres“, betonte der Senator. In den IT-Innovationsfonds sollen 120 Millionen Euro fließen und die zentralen Reserven mit 65 Millionen Euro gestärkt werden. In Höhe von 100 Millionen Euro sollen Kredittilgungen vorgenommen werden. Der Haushaltsplan 2016 soll nach dem Willen des Senats entsprechend geändert werden.
Der Kernhaushalt kommt auch weiterhin ohne neue Schulden aus. „Es geht bergauf, Jahr für Jahr“, sagte Tschentscher. Trotz der großen Aufgaben im Bereich der Zuwanderung gebe es „einen richtigen Überschuss“ im Gesamtetat. „Das gibt es außer in Bayern und Baden-Württemberg nur bei uns.“ Der Überschuss wird sich 2016 voraussichtlich von 127,2 Millionen auf 351,7 Millionen Euro fast verdreifachen.
Die Opposition von CDU und FDP kritisierte vor allem, dass der Senat die Ausgaben erhöhen will. „Hamburg profitiert von der guten Konjunktur- und Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland. Auf dieser Basis die Ausgaben deutlich zu erhöhen, ist allerdings ziemlich kurzsichtig“, sagte der CDU-Finanzpolitiker Thilo Kleibauer. Es dürfe nicht vergessen werden, dass der öffentliche Haushalt derzeit „massiv von den Niedrigzinsen profitiert“. FDP-Fraktionschefin Katja Suding kritisierte, dass der Senat nur in sehr geringem Umfang Schulden tilgen, aber deutlich mehr Geld ausgeben wolle. „Der Senat verlässt die eigene Marschroute der maximalen Mehrausgaben von einem Prozent pro Jahr. Das deutet eine Kehrtwende an“, so Suding.
Der Linken hingegen geht die Ausgabebereitschaft des Senats nicht weit genug. „Der Senat muss sich endlich seiner sozialen Verantwortung stellen und soziale Projekte ausreichend finanzieren“, sagte Linken-Fraktionschefin Cansu Özdemir. Den höchsten Anteil am Steueraufkommen hat die Lohnsteuer mit 30 Prozent, gefolgt von der Umsatzsteuer mit 20 Prozent und der Gewerbesteuer mit 16 Prozent.