Christoph de Vries will für Parteivorsitz kandidieren. Die bisherige Chefin Herlind Gundelach ist „menschlich sehr enttäuscht“.
Der CDU-Kreisverband Hamburg-Mitte hat immer wieder durch interne Auseinandersetzungen für Aufsehen gesorgt. Seit die Bundestagsabgeordnete Herlind Gundelach vor vier Jahren das Amt der Kreisvorsitzenden übernommen hatte, war es ruhiger geworden. Zumindest wurden in der Öffentlichkeit keine Streitereien mehr ausgetragen.
Am 23. Mai steht die Neuwahl des Kreisvorsitzenden der CDU Hamburg-Mitte an – und mit dem Frieden ist es vorbei: Nach Informationen des Abendblattes wird sich Christoph de Vries, der bislang stellvertretender Kreisvorsitzender ist, zur Wahl stellen.
Das hat Ex-Wissenschaftssenatorin Gundelach, die sich eigentlich zur Wiederwahl stellen wollte, überrascht: „Mir wurde vor gut einer Woche in einem Gespräch mitgeteilt, dass Herr de Vries bei der Wahl zum Kreisvorsitzenden antreten wird. Da bin ich aus allen Wolken gefallen. Ich bin menschlich sehr enttäuscht“, sagte Gundelach auf Abendblatt-Anfrage.
Gundlach: „Bin perplex“
Denn noch zwei Tage vorher soll es laut Gundelach ein persönliches Gespräch mit de Vries unter vier Augen gegeben haben, bei dem es um ein ganz anderes Thema ging. In diesem Gespräch soll de Vries dem Vernehmen nach mitgeteilt haben, dass er bei der Bundestagswahl 2017 im Wahlkreis Mitte kandidieren wolle. Seine Ambitionen auf den Kreisvorsitz seien dabei kein Thema gewesen, so Gundelach.
Und Herlind Gundelach hatte ihm ihre „volle Unterstützung zugesagt. Es hat auch vorher keine Differenzen gegeben, deshalb bin ich so perplex gewesen.“
Bis vor einer Woche war Gundelach davon ausgegangen, dass ihrer Wiederwahl nichts im Wege steht. Sie habe auch von den meisten Ortsvorsitzenden nach Gesprächen entsprechende Signale erhalten, so Gundelach.
Gundlach will keine Kampfkandidatur
Doch auf eine Kampfkandidatur, wird sich die Ex-Senatorin nicht einlassen: „Das ist nicht mein Stil. Ich stehe nicht mehr für das Amt der Kreisvorsitzenden zur Verfügung, wenn Herr de Vries kandidiert.“
Die 67-Jährige wird sich auf ihre Arbeit im Bundestag konzentrieren und bestätigte dem Abendblatt: „Ich kandidiere gerne bei der Bundestagswahl 2017 wieder für den Wahlkreis Bergedorf/Harburg und führe dazu die entsprechenden Gespräche.“
De Vries will Gundlach informiert haben
Auf Abendblatt-Anfrage bestätigte de Vries seine Kandidatur und sagte zu den Gründen: „Aus dem gesamten Kreisverband ist nach Abschluss der Ortsverbandswahlen, die am 28. April endeten, die Bitte an mich herangetragen worden, künftig als Kreisvorsitzender noch mehr Verantwortung zu tragen und mit dafür zu sorgen, dass wir unsere Aktivitäten und Präsenz als Kreisverband steigern.“ Diesen sehr einvernehmlichen Wunsch der Partei nach Verjüngung und Aufbruch habe er wenige Tage später Frau Gundelach mitgeteilt, so der 41-Jährige weiter.
Die Kür des Kandidaten soll wohl an diesem Freitag auf einem Treffen mit den Ortsvorsitzenden aus dem Kreisverband Mitte – der etwa 950 Mitglieder hat – erfolgen, auf dem über Personalien gesprochen werden soll. Bei diesem Treffen wird Gundelach nicht dabei sein, da sie auf einer lange geplanten Kurzreise ist.
Wenn de Vries 2017 für den Wahlkreis Mitte als Bundestagskandidat antreten möchte, dann hilft ihm der einflussreiche Posten des Kreisvorsitzenden dabei. Da Gundelach nicht antritt, ist de Vries wohl der einzige Kandidat, der sich dem Kreisausschuss am 23. Mai zur Wahl als Kreisvorsitzender stellt.
De Vries will zurück auf die politische Bühne
Fakt ist: Christoph de Vries ist im Kreisverband Mitte bestens vernetzt. Den Posten des Kreisvorsitzenden hatte de Vries von 2007 bis 2010 schon einmal inne.
In den Jahren von 2011 bis 2015 war de Vries Bürgerschaftsabgeordneter und kümmerte sich um Themen wie Familien und Kinderschutz. Doch nachdem die CDU bei den Bürgerschaftswahlen im vergangenen Jahr nur 15,9 Prozent erhielt, zog de Vries nicht mehr in das Parlament ein. Er ist nun zwar in der Fraktionsgeschäftsstelle als Leiter Strategie und Kommunikation tätig, aber damit steht er nicht auf der politischen Bühne.
Verliert Wersich Wahl im Kreisverband Nord
Auch im CDU-Kreisverband Nord, in dem die Delegierten am 28. Mai den neuen Kreisvorsitzenden wählen, brodelt es. Dort stellt sich der ehemalige zweite Bürgermeister Dietrich Wersich zur Wiederwahl. Sein Widersacher ist Christoph Ploß. Der 30-Jährige hat sich in der Verkehrspolitik einen Namen gemacht, ist Vizefraktionschef in der Bezirksversammlung Nord und bestens vernetzt in der Partei. Vor allem ist Ploß aber Vorsitzender des mächtigen Ortsverbandes Winterhude. Es werden ihm gute Chancen nachgesagt, die Wahl zu gewinnen.
Seine Kandidatur hatte Ploß gegenüber dem Hamburger Abendblatt im April dieses Jahres unter anderem so begründet: „Viele Parteifreunde haben mich gebeten, als Kreisvorsitzender zu kandidieren.“ Außerdem brauche die Hamburger CDU frischen Wind, so Ploß.