Hamburg. Andreas Guhr hatte Großes vor – und wurde betrogen. Jetzt wurden Exponate für zwei Millionen Euro versteigert. Die ganze Geschichte.

Andreas Guhr ist einer der renommiertesten Fossilien- und Mineralienhändler in Europa. Seine Red Gallery am Rödingsmarkt ist eine beliebte Adresse für Sammler. Und Andreas Guhr hat einen Traum: Gemeinsam mit Partnern möchte der 64-Jährige ein Museum in der Speicherstadt eröffnen. Es soll eine Erlebniswelt werden, in der sich die Besucher auf eine faszinierende Reise durch die Schatzkammer der Erde begeben, so Guhr.

Um diesen Traum zu leben, hat Guhr eine wertvolle Sammlung aus der Schweiz kaufen wollen, dafür brauchte der Edelsteinexperte Geld. Die Banken haben es ihm nicht gegeben. Dafür aber das Hamburger HanseLombard-Pfandhaus. Es geht um 600.000 Euro.

Als Sicherheit verpfändete Guhr vier wertvolle Exponate, die laut Gutachten insgesamt einen Wert von bis zu 2,15 Millionen Euro haben: ein etwa 180 Millionen Jahre altes Fossil, einen fast 20 Kilogramm schweren Turmalin-Edelstein, eine aus natürlichem Bergkristall hergestellte Panflöte mit Gold und Edelsteinen und ein aus Bergkristall im Fabergé-Stil gefertigtes Ei mit Edelsteinen.

Pfandhaus hat vier Stücke versteigern lassen

Die Panflöte wurde aus einem natürlichen
Bergkristall hergestellt
Die Panflöte wurde aus einem natürlichen Bergkristall hergestellt © HA | Michael Arning

Jetzt hat das Pfandhaus diese vier Stücke versteigern lassen: „Der Schuldner hätte den Pfandschein, das sind die 600.000 Euro plus Zinsen und Gebühren, bis zum 11. März auslösen müssen. Das hat der Schuldner nicht getan, deshalb kam es jetzt zu der Versteigerung“, sagte HanseLombard-Geschäftsführer Carsten Simon.

Dahinter verbirgt sich eine Geschichte, die wie ein Krimi anmutet: „Ich bin von zwei Hamburger Kaufleuten hinters Licht geführt worden. Wir wollten zusammen die Sammlung aus der Schweiz für 1,5 Millionen Euro ankaufen und die Herren wollten dafür weiteres Geld besorgen. Die 600.000 Euro habe ich ihnen gegeben, und diese sind jetzt verschwunden“, sagte Guhr dem Abendblatt.

Als Sicherheit haben ihm die Vertragspartner wertvolle Gemälde überlassen, der Wert soll bei mehr als einer Million Euro liegen.

Strafanzeigen gegen ehemalige Geschäftspartner

Aber: „Diese Bilder wurden wohl auch noch als Sicherheit für eine weitere hohe Summe hinterlegt, die die Herren von einem anderen Geschäftspartner erhalten hatten. Das heißt, diese Gemälde waren für mich nicht zu verwerten“, sagte Guhr.

Eine Rechtsanwaltskanzlei hat im Auftrag von Andreas Guhr Strafanzeigen gegen die ehemaligen Geschäftspartner vorbereitet. „Das Geld ist von den Herren vereinnahmt, aber die geschlossenen Verträge nicht erfüllt worden“, so der Rechtsanwalt.

So kam es zur Versteigerung in ungewöhnlicher Umgebung: Die öffentlich bestellte Auktionatorin Clarissa Semprich stand in der Wohnküche einer Doppelhaushälfte in den Vier- und Marschlanden, wo die HanseLombard GmbH residiert. Die Bad Bramstedterin hielt einen Holzhammer in der Hand und rief die Pfandnummer 20151 auf. Dahinter verbergen sich die wertvollen Stücke, die Guhr beim Pfandhaus als Sicherheit hinterlegt hat.

Vielleicht wird am Ende doch noch alles gut

Es sollte kein Aufsehen geben, darum wurde die Versteigerung auch nicht beworben. Reiche Sammler oder geheimnisvolle Telefonbieter waren nicht anwesend oder dazu geschaltet. Stattdessen waren nur Andreas Guhr, HanseLombard-Chef Simon und die Auktionatorin vor Ort. Als sie das Mindestgebot von 600.000 Euro aufrief, bot Carsten Simon selbst für die Hanse Lombard und erhielt – zum ersten, zum zweiten – den Zuschlag.

Warum hat der Pfandhauschef nun selbst die wertvollen Exponate ersteigert? „Ich habe so die Möglichkeit, die Stücke gegebenenfalls selbstständig zum Beispiel über Auktionshäuser wie Sotheby’s oder Christie’s versteigern zu lassen und dann einen entsprechenden Erlös zu erzielen“, erklärte er nach der Versteigerung.

Aber vielleicht wird am Ende doch noch alles gut, denn Carsten Simon ist selbst ein Fossilienfan und schätzt Guhr bereits seit Jahren. „Ich habe mit Herrn Guhr vereinbart, dass er nun ein Jahr Zeit hat, um die Summe von 600.000 Euro plus Zinsen und Gebühren aufzubringen. Bis dahin werde ich die vier Stücke nicht verkaufen“, so sein Versprechen.

Erlebniswelt in der Speicherstadt geplant

Auktionatorin Semprich bei der Versteigerung
in der Wohnküche
Auktionatorin Semprich bei der Versteigerung in der Wohnküche © HA | Klaus Bodig

Simon würde gerne sehen, dass diese Exponate in dem geplanten Museum in der Speicherstadt ausgestellt werden. Und Andreas Guhr braucht Geld: „Ich hoffe, dass wir einen Mäzen finden, der uns finanziell unterstützt, damit wir dieses einmalige Projekt umsetzen können.“

In der Speicherstadt planen Guhr und seine Mitstreiter eine Erlebniswelt mit verschiedenen Themenfeldern – diese tragen Namen wie: Sternschnuppen, Magische Erde, Fossilien oder Dino-Park. Zudem soll es Sonderausstellungen in Zusammenarbeit mit anderen Museen aus dem In- und Ausland geben.