Hamburg/Kiel. Das Verfahren der EU-Kommission ist abgeschlossen. Vorstände sollen bis zu 300.000 Euro für eine erfolgreiche Privatisierung erhalten.
Das Milliardenschwere Rettungspaket für die HSH Nordbank ist endgültig unter Dach und Fach. Am Montag hat die EU-Kommission der Vereinbarung mit den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein offiziell zugestimmt. Im Kern bedeutet das: Die EU segnet die Erhöhung der Länder-Garantie für die Bank von sieben auf zehn Milliarden Euro ab. Sie erlaubt den Ländern, der HSH faule Kredite im Wert von bis zu 6,2 Milliarden Euro abzukaufen. Und sie macht die Auflage, das Institut bis Februar 2018 zu privatisieren.
Sollte das gelingen, wäre es nicht der Schaden der HSH-Vorstände. Nach Abendblatt-Informationen wird ihnen ein Bonus von bis zu 300.000 Euro für den erfolgreichen Verkauf der Bank in Aussicht gestellt. Inklusive der auf 500.000 Euro gedeckelten Grundbezüge sowie der Altersversorgung von 100.000 Euro könnten die Führungskräfte damit zumindest in einem Jahr auf ein Gesamteinkommen von 900.000 Euro kommen. Abgeleitet wurde diese Größenordnung von einer Vorgabe der EU, wonach die Gesamtvergütung eines Vorstands das Zehnfache des Durchschnittsgehalts der Beschäftigten nicht übersteigen sollte – dieses Durchschnittsgehalt liegt bei der HSH demnach bei 90.000 Euro.
Wie Marcus Merkenich, Sprecher der Hamburger Finanzbehörde, auf Abendblatt-Anfrage bestätigte, halten die Länder diese Bonus-Regelung für angemessen und unterstützen sie. Die Ausgestaltung sei nun aber Sache des Aufsichtsrats. Markus Schreiber, Experte der SPD-Bürgerschaftsfraktion für öffentliche Unternehmen, sagte, er sei zwar nicht dafür, das die HSH-Vorstände grundsätzlich wieder mehr als die 2009 von den Parlamenten festgelegten 500.000 Euro verdienen sollen. „Aber im Falle eines erfolgreichen Verkaufs der Bank wäre ein Bonus gerechtfertigt. Denn das wäre ein großer Erfolg, von dem Hamburg und Schleswig-Holstein profitieren würden.“
Auch Tobias Koch, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Kiel, hält eine Bonuszahlung für „sachlich nachvollziehbar“. Denn es sei für die beiden Bundesländer sehr wichtig, dass die Privatisierung gelinge. „Andererseits hat die Finanzministerin Monika Heinold damals, als sie mit den Grünen noch in der Opposition war, immer großen Wert darauf gelegt, dass die 500.000-Euro-Grenze bei den Vorstandsgehältern nicht überschritten wird. Nun fällt sie um.“
Mit dem Abschluss des EU-Verfahrens wird die Privatisierung der HSH nicht leichter. Denn angesichts der geplanten Spaltung der Bank in eine operative Einheit – die später verkauft werden soll – und eine Holding, die die Anteile an ersterer hält, hat Brüssel eine harte Auflage gemacht: Der operative Teil muss der Holding einmalig 260 Millionen Euro zahlen. Hintergrund dieser Auflage: Die operative HSH soll dadurch gestärkt werden, dass sie künftig deutlich geringere Gebühren für die Länder-Garantie zahlen muss. Stattdessen schuldet aber die Holding, die über keine eigenen Einnahmen verfügt, einen Teil dieser Gebühr, und dafür bekommt sie nun Geld.
„Der Eigentümerwechsel ist damit nicht einfacher geworden. Wir werden dennoch alles daran setzen, mit einer gut aufgestellten Bank zügig in den Verkaufsprozess zu gehen“, sagte HSH-Vorstandschef Constantin von Oesterreich. Wie berichtet, ist geplant, dass er den Chefposten im Juni an seinen Stellvertreter Stefan Ermisch übergibt. Die Details sollten eigentlich heute Thema im Aufsichtsrat sein, die Sitzung wurde jedoch kurzfristig verschoben. Umstritten ist unter anderem noch, inwiefern von Oesterreich Teile seines noch bis Herbst 2017 laufenden Vertrags ausbezahlt werden.
Die für Wettbewerb zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager sagte, die beschlossene Vereinbarung „ebnet den Weg dafür, dass aus dem Veräußerungsverfahren ein rentables privatisiertes Unternehmen hervorgeht“. Auch Anjes Tjarks, Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Bürgerschaft, sprach von „einem erfolgreichen Ende“ eines langen Verfahrens: „Obwohl weiterhin hohe Risiken bestehen, haben wir einen bestandsgefährdenden Vermögensschaden für die Stadt Hamburg endgültig abgewendet.“
FDP-Wirtschaftsexperte Michael Kruse bewertete das anders. Nachdem der Senat ihm auf eine Kleine Anfrage mitteilte, dass das 6,2-Milliarden-Portfolio, das die HSH an die Länder übertragen will, zu 77 Prozent aus Schiffskrediten für norddeutsche Reeder besteht, kritisierte er: „Es ist der Beginn eines Experiments, das die Stadt Hamburg zu einem großen Schiffsfinanzierer macht und dem Hamburger Steuerzahler zusätzliche Risiken in Milliardenhöhe aufbrummt.“