Hamburg. Junge Flüchtlinge dürfen kein Essen in die Wohnräume nehmen. Aus hygienischen Gründen ist dies in allen Unterkünften untersagt.

    Aus der Regierungsfraktion der Grünen wird scharfe Kritik am Umgang des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) mit Flüchtlingskindern laut. In drei Zentralen Erstaufnahmen (ZEA) des Trägers wurden Kinder zumindest punktuell beim Verlassen der Speiseräume darauf durchsucht, ob sie kleine Essensportionen eingesteckt haben. Aus hygienischen Gründen ist dies in allen Unterkünften untersagt. „Kinder einer Kontrolle zu unterziehen ist nicht angemessen. Das geht gar nicht“, sagte Antje Möller, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

    In der Unterkunft des DRK am Albert-Einstein-Ring war es bereits im Dezember zu einem schweren Zwischenfall gekommen. Ein Elfjähriger hatte mehrere kleine Portionen Nutella beim Verlassen des Speisesaals eingesteckt und war von einem Sicherheitsmann angehalten worden. Daraufhin eskalierte die Situation. Der Junge soll von dem Sicherheitsmann laut Augenzeugen an eine Wand gedrückt worden sein. Der elfjährige Tschetschene erlitt einen offenbar stressbedingten Krampfanfall und wurde in ein Krankenhaus gebracht.

    Wie aus ärztlichen Dokumenten hervorgeht, die dem Abendblatt vorliegen, zog sich der Junge in der Folge stark zurück: Mehrere Ärzte in der Unterkunft stellten „häufiges Weinen, nächtliches Erwachen mit Schreien“ fest und diagnostizierten den Verdacht auf eine Angststörung. Eine Ärztin sah die wesentliche Ursache in einem „körperlichen Übergriff durch Security in der Einrichtung“. Die Polizei sichtete Videoaufnahmen des Vorfalls, sah aber keine ausreichenden Hinweise für ein Strafverfahren gegen den Mitarbeiter.

    Laut DRK-Sprecher Rainer Barthel habe der Junge mehr als 20 Nutella-Portionen bei sich gehabt. Der Sicherheitsdienstmitarbeiter habe ihn angesprochen, weil dies gegenüber den anderen Bewohnern nicht angemessen sei. Die Situation sei daraufhin eskaliert. Der Junge habe sich auf den Boden fallen lassen, seine Eltern hätten geschrien. Einen Übergriff habe es jedoch nicht gegeben. Die Auswertung von Videoaufnahmen durch die Polizei habe keinen entsprechenden Anfangsverdacht ergeben.

    Das Verbot der Mitnahme von Essen aus den Speisesälen in die Wohnräume wird von anderen Trägern nicht mit Kontrollen durchgesetzt. Kerstin Graupner, Sprecherin des Zentralen Koordinierungsstabs Flüchtlinge, sagt, dass niemand etwas dagegen habe, wenn jemand ein belegtes Brot oder Obst mitnimmt. Erst recht nicht, wenn es sich um Kinder handle. Das Mitnahmeverbot habe „ordnenden Charakter“, heißt es aus dem Senatsumfeld: „Wenn Sie die Mitnahme gestatten, erwachsen schnell weitere Ansprüche.“

    Kinderärzte zweifelten bereits in der Vergangenheit am Sinn dieser Regelung, auch angesichts häufigen Untergewichts von Flüchtlingskindern. Laut der Grünen-Politikerin Antje Möller müsse man die Regelung grundsätzlich hinterfragen: „In jedem Fall muss man zunächst die Eltern der Kinder ansprechen.“