Hamburg . Das junge Unternehmen Floatility will in der City ein Netz mit rund 100 Elektromobilen aufbauen. Stadt ist interessiert.
Oliver Risse dreht den Griff am Lenker und schon setzt sich der Roller in Bewegung. Lautlos, wie es sich für ein Elektrogefährt gehört, und flott. „Er schafft 20 Kilometer in der Stunde“, ruft Risse herüber, als er auf den Betonplatten der HafenCity herumkurvt. Das graue Mobil aus leichtem Kunststoff fährt nicht nur mit Batteriebetrieb, schafft damit eine Reichweite von 15 Kilometern und lässt sich sehr simpel bedienen. Das alles gibt es schon, das allein wäre keine große Überraschung. Doch der agile Roller kann noch viel mehr: Über ein GPS-System meldet er jederzeit seinen Standort, seinen Ladestatus und wie lange er sich schon vor Ort befindet. Zudem kann er über eine Solarstation aufgeladen werden, ist damit sogar unabhängig vom Stromnetz.
Die Macher von Floatility haben eine Vision
Denn das Fahren allein reicht Oliver Risse nicht aus. Mit seiner Firma Floatility will der 42-Jährige die urbane Mobilität revolutionieren, möglichst auf der ganzen Welt. „Wir erleben in allen Metropolen dasselbe Dilemma“, sagt Risse, ein legerer Manager in roter Sweatshirtjacke. Der ehemalige Conergy-Mitarbeiter lebt in Hamburg und Singapur und hat damit einen guten Überblick über die Wünsche der Städter: „Jeder will, selbst bei kurzen Entfernungen, mit dem Auto zur Arbeit fahren und trägt damit zur Verstopfung der Städte bei.“ Allein in Hamburg fielen jeden Tag 85.000 Fahrten an, die mit einer Länge von weniger als drei Kilometern eigentlich kein Auto erforderten – und dennoch seien die Leute zu faul fürs Fahrrad oder zu bequem für den HVV. Die Vision der Macher von Floatility: „Wir wollen die Mobilität den Leuten so einfach machen, dass sie gar nicht auf die Idee kommen, ins Auto zu steigen“, sagt Risse.
Etwa 100 Roller sollen ein Netz bilden
Etwa 100 Roller sollen nach der Vorstellung des Wirtschaftsingenieurs ein Netz bilden, das die Bewohner der City zum Transport von der Wohnung zur S-Bahn oder für ähnliche kleine Strecken nutzen können. „Wir planen eine Grundgebühr und einen Preis pro Minute“, ergänzt Daniel Priem, der bei Floatility für den Vertrieb in Europa verantwortlich ist. Denn irgendwann soll der Roller auch durch Wien oder London rollen.
Doch zunächst soll das Projekt in Hamburg und Singapur starten. Auf diese Weise will das Start-up den Sommer- und Wintermodus simulieren. Die Gründer wollen testen, ob die Fahrzeuge Klimaextreme vertragen und wie die Kunden in verschiedenen Situationen reagieren. Zudem setzt Risse auf den Wunsch der Hansestadt, eine führende Rolle bei der modernen urbanen Mobilität zu spielen. Ziele der Stadt sind unter anderem, das bestehende Transport- und Verkehrssystem zu optimieren und dabei nachhaltige Verkehrsmittel zu bevorzugen.
Die E-Gefährte könnten die Stadtteile entlasten
Andreas Rieckhof, Staatsrat der Verkehrsbehörde, spricht sich daher auch für das Geschäftsmodell von Floatility aus: „Hamburg ist auf dem Weg zur Innovationshauptstadt. Die Behörde unterstützt Start-ups wie Floatility, die in Hamburg die Zukunft mit guten Ideen und positiver Energie vorbereiten.“ Die Roller des Floatility-Teams könnten in Hamburg überall dort zum Einsatz kommen, wo viele Menschen arbeiten, etwa in der Innenstadt. Und auch dort, wo dichte Wohnbebauung vorherrscht. Auf diese Weise, plant das Start-up, könnten die E-Gefährte die ohnehin mit Verkehr überfluteten Stadtteile entlasten.
Für die Entwicklung der Kommunikationsoftware der Elektroflitzer hat Floatility IBM und Cisco gewonnen, BASF ist als Partner für die Hardware dabei. Der Chemiekonzern unterstützt die Firma bei der Suche nach dem besten Kunststoff, der zugleich leicht und stabil ist. Der Prototyp wurde bereits bei Messen vorgestellt und hat allein in der ersten Phase der Entwicklung schon mehrere Millionen Euro verschlungen. „Wir haben zum Beispiel 60 Tonnen Stahl gekauft, um die Formen für die Gestelle zu bauen“, berichtet Risse über den Aufwand, den die junge Firma sich leistet. Über weitere Investoren schweigen sich Risse und Priem allerdings aus. Nur so viel: Sie arbeiten relativ sparsam – in zwei Containern in der HafenCity, die sie eigenhändig ausgebaut haben. Denn die beiden Gründer, die sich beim Studium der Umweltwirtschaft kennengelernt haben, stützen ihr gesamtes Firmenmodell auf Mobilität. Sobald sie eine Stadt mit ihren Mikro-Scootern ausgestattet haben, können sie die Bürocontainer auf das Schiff laden und beispielsweise neu in São Paulo durchstarten.
Der Businessplan sieht keinen Verkauf der Roller vor, sondern ausschließlich das Sharingmodell. Vorbilder für (Sponsor-)Partner sehen die Unternehmer in der ganzen Welt: So rollen in New York Fahrräder mit dem Logo der Citi Bank durch die Straßen. Dieses dem roten Stadtrad in Hamburg ähnelnde Projekt bringe der Bank bei relativ geringem finanziellem Aufwand eine große Werbewirkung, sagt Risse. Gespräche für Paten der Floatility-Roller laufen auch hierzulande schon.
„Wir gehen auf Firmen aus der Telekommunikation und dem Finanzbereich zu“, sagt der Gründer. Wenn sich Partner für die Elektroflotte finden, kann das Projekt bald starten. Schon im Sommer könnten die Hamburger dann – ganz umweltbewusst – auf den Roller umsteigen.