Hamburg. Der Hamburger Start-up-Gründer Tarek Garir will das batteriebetriebene Zweirad Skujou an den Markt bringen.

Vormittags nimmt sich Tarek Garir gern ein paar Stunden Zeit, um anderen Menschen Spaß zu bereiten. „Bislang hat noch jeder gegrinst, wenn er wieder abgestiegen ist“, sagt der 25 Jahre alte Student, sobald man ihm nach einer Probefahrt seinen Skujou zurückgibt. Und zwar widerwillig zurückgibt, denn mit dem Elektroscooteran der Alster entlangzudüsen, macht kurz gesagt sehr, sehr gute Laune. Aber Garir braucht den Skujou unbedingt zurück. Es gibt nur diesen einen. Und aus Spaß wird gerade Ernst.

Wenn alles läuft wie geplant, werden vom Frühjahr nächsten Jahres an die ersten zugelassenen Skujous auf Hamburgs Straßen unterwegs sein. Der Skujou sieht aus wie ein überdimensionaler Tretroller, wird aber von einem batteriebetriebenen Elektromotor angetrieben. Bis 30 Stundenkilometer schnell, Scheibenbremsen, 20 Kilometer Reichweite, 15 Kilogramm Gewicht, Vorderrad 26 Zoll, Hinterrad 20 Zoll. Der Name setzt sich aus dem englischen Scooter (Roller) und aus der ersten Silbe von Joule zusammen, der Maßeinheit für Energie. Garir hat drei Semester Physik studiert, bevor er auf Volkswirtschaftslehre umsattelte.

Auf dem Weg zwischen der Wohnung in Bramfeld und der Uni entstand die Idee für den elektromobilen Roller. „Wenn ich mit dem Fahrrad fuhr, war ich verschwitzt, E-Bikes sind hässlich, öffentlicher Nahverkehr und Auto nicht wirklich eine Alternative.“ Zugleich hat Garir die Überzeugung, dass Elektromobilität in der Stadt eine zunehmend größere Rolle spielen wird. Und die Erkenntnis, dass die Verbraucher bereit sind, dafür zu bezahlen. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr mehr als 400.000 E-Fahrräder verkauft. Und auch Motorroller mit Elektromotor verkaufen sich gut.

Gut drei Monate dauerte es, aus handelsüblichen Teilen den Skujou-Prototypen mit dem markanten Vorderrad zu montieren. 10.000 bis 20.000 Euro, schätzt Garir, hat er bislang in das Gefährt investiert.

Nun soll es bald auf den Markt kommen. Garir ist nicht der einzige, der an den wirtschaftlichen Erfolg glaubt. Der Hamburger Funders Club, ein Unternehmen, das Start-up-Gründer und Investoren zusammenführt, ist einer der vier Teilhaber der Firma. „Für Skujou haben wir uns entschieden, weil das Team klasse ist und wir mit Tarek Garir einen jungen Unternehmer gefunden haben, der viele Talente hat“, sagt Funders-Club-Geschäftsführer Christian Mees. Die beiden anderen Skujou-Teilhaber neben Garir bringen ihre speziellen Markt-Erfahrungen in das junge Unternehmen ein.

Auf der Finanzierungsplattform Kickstarter läuft derzeit ein Test. Mindestens 35.000 Euro will Skujou einsammeln. Dann sollen die ersten Exemplare montiert und an die über Kickstarter gefundenen Besteller ausgeliefert werden. Je mehr Geld zusammenkommt, desto schneller kann Garir die nächsten Entwicklungsschritte angehen. Eine App ist geplant, die wie ein Bordcomputer die wichtigen Fahr- und Batteriedaten anzeigt, ein Anti-Diebstahls- und Ortungssystem, sogar die Entwicklung einer eigenen Lithium-Ionen-Batterie für eine größere Reichweite.

Bislang läuft die Finanzierungskampagne mittelmäßig gut: Wenige Tage vor Ablauf der Frist hatten mehr als 40 Unterstützer knapp 10.000 Euro zugesagt. Immerhin wurden bis Mittwoch sieben Skujous vorbestellt. Dazu gehört auch ein Paket von vier Scootern. Der Chef einer Hamburger Agentur will sie anschaffen, damit seine Mitarbeiter schneller durch die Stadt kommen.

Ab 1000 Euro kosten die Frühbesteller-Skujous, die unverbindliche Preisempfehlung wird später bei 1899 Euro liegen. „Das ist etwa so viel wie ein günstiges, aber gutes E-Bike, mehr als ein motorgetriebener Klapproller aus China, aber weniger als ein Motorroller mit Elektroantrieb“, sagt Tarir. Und was geschieht, wenn das erste Finanzierungsziel nicht erreicht wird? „Wir arbeiten in jedem Fall weiter am Produkt.“

Die notwendige Straßenzulassung beim Kraftfahrtbundesamt dauere maximal sechs Monate und koste bis zu 50.000 Euro, weiß der Skujou-Entwickler. „Man kann aber auch viele Unterlagen selbst erstellen und so die Kosten auf 15.000 bis 20.000 Euro drücken.“ Klar ist: Weil für ein zweiachsiges, motorgetriebenes Fahrzeug ein Sitz vorgeschrieben ist, wird der Skujou einen Notsitz haben. Und weil er mehr als Tempo 25 fährt, bestehen Helm- und Versicherungspflicht.

Als Zielgruppe sieht Garir „urbane Menschen ab 20 Jahren, die keine Lust haben, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, weil sie orts- und zeitunabhängig von A nach B kommen wollen und die aus Kosten-, Umwelt- und Verkehrsgründen auch kein Auto nutzen möchten“. Menschen, die offen für technische Spielereien und Neuerungen sind und denen Ernährung und Lifestyle wichtig ist.

Sie zu erreichen, ist neben der Anschubfinanzierung das zweite wichtige Ziel der Kickstarter-Kampagne. „Wir bekommen Aufmerksamkeit und viel Feedback. Sogar Leute aus den USA, Großbritannien und Skandinavien wünschen uns viel Erfolg, oder geben technische Tipps“, sagt der Innovations- und Start-up-Berater Slaven Marinovic, der das Projekt begleitet. Dazu gehört, dass man sich im Netz zur Testfahrt anmelden kann.

Marinovic und Garir sind in diesen Tagen aber auch gern mal mit dem Prototypen in der Schanze unterwegs, in der HafenCity oder in der Innenstadt. Dort, wo sie die Zielgruppe treffen können. Manchmal müssen die beiden ziemlich lange warten, bis die Zufalls-Testfahrer grinsend wieder absteigen.