Hamburg. Hamburg plant Kompetenzzentrum, um Firmen des Mittelstands bei der Digitalisierung zu unterstützen. Scharfe Kritik der Opposition.
Die SPD hat der deutschen Industrie kein gutes Zeugnis ausgestellt. „Während Tesla die Automobilbranche auf den Kopf stellt, streitet man bei der Daimler-Aktionärsversammlung über das Würstchenbüffet“, sagte SPD-Wirtschaftspolitiker Hansjörg Schmidt am Mittwoch in der Bürgerschaft. „VW ruft Hunderttausende Fahrzeuge für ein Update der Abgassoftware in die Werkstätten, während Tesla über Nacht per Funk ein Update einspielt, das dem Fahrer zig neue Funktionen bis hin zu einem Autopiloten zur Verfügung stellt.“ Der Unterschied sei klar: Tesla denke wie ein Softwareunternehmen und arbeite so, wie es unter dem Schlagwort „Industrie 4.0“ sein müsse. „Dieser Trend zur Digitalisierung von Produktion und Wertschöpfung wird Geschäftsmodelle ändern und neue schaffen“, so Schmidt.
Mit dem Ziel, Hamburg bei diesen Veränderungen zu einem Vorreiter zu machen, hat die Bürgerschaft eine Antrag von SPD und Grünen beschlossen, nach dem der Masterplan Industrie um das Thema ergänzt werden soll. Außerdem soll bis Jahresende unter Federführung der Handelskammer ein „Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum“ entstehen, das Firmen bei der Digitalisierung unterstützt. Die Mittel dafür stammen aus einem Programm des Bundeswirtschaftsministeriums.
Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks betonte die Bedeutung von Datensicherheit und Datenschutz bei der künftigen Entwicklung. Es müsse sichergestellt werden, dass etwa durch das automatische Anmelden moderner Fahrzeuge an intelligenten Ampeln keine persönlichen Datenspuren entstünden.
Die Opposition übte in der Debatte generelle Kritik an der rot-grünen Digitalisierungspolitik. Insgesamt stehe Hamburg bei der Digitalisierung „hinten an“, sagte der CDU-Abgeordnete Carsten Ovens. In vielen Stadtteilen gebe es immer noch keine Breitbandanbindungen ins Internet und Rot-Grün schmücke sich mit Leistungen des Bundes oder der Privatwirtschaft wie etwa beim nun anlaufenden Aufbau eines kostenlosen WLAN-Netzes in der Innenstadt.
Der Linken-Politiker Stephan Jersch forderte, der Senat müsse sich stärker mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeitnehmer befassen. Davon sei in dem Konzept aber keine Rede, obwohl die Entwicklung auch massive Veränderungen der Arbeitswelt mit sich bringe.
FDP-Wirtschaftpolitiker Michael Kruse attestierte Rot-Grün „Worthülseritis“. Schaue man sich die konkreten Schritte der Digitalisierung in Hamburg an, auch und gerade bei den von der Stadt kontrollierten Unternehmen, so sei von Erfolgen wenig zu sehen.
AfD-Fraktionsvize Bernd Baumann resümierte schließlich: „Hamburg ist kein Leuchtturm der Digitalisierung – sondern ein Taschenlämpchen, das man andernorts gar nicht wahrnimmt.“