Hamburg. Die AfD hatte in der Bürgerschaft über die Demonstration nationalistischer Türken sowie die Gegenproteste in Hamburg geklagt.

Mit einer Lehrstunde zur Versammlungsfreiheit haben die etablierten Parteinen in der Hamburgischen Bürgerschaft Kritik der rechtskonservativen AfD an den jüngsten Demonstrationen von Türken und Kurden zurückgewiesen. Von CDU bis Linken waren sich am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde alle Fraktionen einig, dass gegen die am vergangenen Sonntag weitgehend friedlich verlaufenen und ordnungsgemäß angemeldeten Kundgebungen überhaupt nichts einzuwenden sei. Die AfD dagegen hatte beklagt, dass 1300 Polizisten die Demonstrationen schützen mussten. Außerdem erklärte sie: „Durch Merkels Türkei-Abkommen wird Deutschland zunehmend zum Austragungsort türkischer innerer Angelegenheiten.“

„Der Artikel 8 Grundgesetz ist ein Bürgerrecht, (...) kein Menschenrecht“, sagte AfD-Fraktionsvize Dirk Nockemann mit Blick auf die Versammlungsfreiheit. Das bedeute, „eigentlich ist dieses Grundrecht dafür da, dass die Deutschen gegen ihren eigenen Staat demonstrieren dürfen, aber nicht, dass wir fremder Länder Konflikte nach Deutschland importieren“. Er wundere sich schon, wer aus Sicht der anderen Fraktionen demonstrieren dürfe. „Sobald wir eine NPD-Kundgebung hier haben, heißt es hier quer durch die Bank: „Unverschämtheit, Frechheit, so ein Pack darf nicht demonstrieren“.“ Bei türkischen Nationalisten sei das aber offensichtlich anders. „Ich finde, da urteilen Sie mit gespaltener Zunge“, sagte Nockemann.

Die Gruppe "AYTK" hatte die Demo angemeldet

Am vergangenen Sonntag waren nach Polizeiangaben etwa 300 als nationalistisch eingestufte Türken in Hamburg auf die Straße gegangen. Angemeldet hatte die Versammlung die Gruppe „AYTK“, die auch in anderen Städten wie Köln, Frankfurt und Hannover zu Kundgebungen aufgerufen hatte. Zum Anlass nahm sie die jüngsten Terroranschläge in Ankara und Istanbul. Zur Gegendemonstration hatten linke und kurdische Gruppen aufgerufen. Etwa 1200 Menschen zogen zum türkischen Generalkonsulat.

Nach dem offiziellen Ende dieser Demonstration kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, bei der eine Beamtin leicht verletzt wurde. Unter anderem wurde ein Knallkörper auf ein Polizeipferd geworfen. Bei weiteren Auseinandersetzungen zwischen den Gruppierungen wurde ein Mann verletzt, er wurde ins Krankenhaus gebracht. Es gab mehrere Festnahmen. Den Angaben zufolge waren in der Hansestadt rund 1300 Polizisten im Einsatz.

Fraktionen kritisieren AfD

Die Konflikte zwischen nationalistischen Türken und Kurden bestünden auch deshalb in Deutschland, weil nun einmal nahezu drei Millionen Menschen mit türkischen oder kurdischen Wurzeln hier leben, sagte der SPD-Innenexperte Arno Münster und fügte an: „Solange dieser Konflikt mit friedlichen Mitteln durch gewaltlose Demonstrationen ausgetragen wird, ist das aus unserer Sicht völlig ok.“ Die Grünen-Innenexpertin Antje Möller sagte mit Blick auf das von der AfD angemeldete Thema zur Aktuellen Stunde, sie sei sich nicht sicher, ob das nicht Satire sei: „Man weiß es nicht.“ Ihr FDP-Kollege Carl-Edgar Jarchow sprach von einem gestörten Verhältnis der AfD zur Versammlungsfreiheit. Die Grundrechte gälten für alle Menschen und seien nicht verhandelbar. „Es ist sehr aussagekräftig, dass die AfD ein Recht, auf das sie sich selbst nur allzu gerne beruft, anderen nicht zugestehen will.“

„Nationalismus kann man nicht mit Nationalismus bekämpfen“, sagte die Linken-Innenexpertin Christiane Schneider. Hamburg sei seit jeher weltoffen und sei schon immer eine Einwandererstadt. Fast ein Drittel der Einwohner habe einen Migrationshintergrund. „Globalisierung und Migration verändern die Stadt, so schnell und gründlich, dass manche wie Sie auf der Rechten nicht mitkommen und sich rückwärtsgewandt der Entwicklung entgegenstemmen.“