Hamburg. Dutzende aufgebrachte Ruheständler vor dem Hamburger Rathaus. Es geht um einen versteckten Passus zu Krankenkassenbeiträgen.

Wann hat es das zuletzt gegeben? Dutzende Rentner haben in Hamburg in unmittelbarer Nähe des Rathauses demonstriert, um auf eine nach ihrer Auffassung ungerechte Behandlung bei der privaten Altersvorsorge aufmerksam zu machen. Es geht um Direktversicherungen, für die bei der Auszahlung plötzlich Krankenversicherungsbeiträge anfallen. Anders, als bei Vertragsabschluss vereinbart, werden so zum Beispiel aus 100.000 angesparten Euro für den Lebensabend nur noch 82.000 Euro. Denn die Krankenkassen behält sowohl den Arbeitnehmer- als auch den Arbeitgeberanteil ein. „Wir werden abgezockt und für dumm verlauft“, sagt der Ahrensburger Reinhard Günther, einer der Organisatoren der Demo vor dem Rathaus.

Bei dieser scheinbar legalen Trickserei geht es um Versicherungsverträge, die vor 2004 abgeschlossen wurden. Denn in dem Jahr wurde das sogenannte GMG verabschiedet, das „Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“. Darin war ein Paragraf versteckt, der regelt: Hat eine Lebensversicherung einen Charakter wie eine Betriebsrente, werden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung fällig – und zwar der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberanteil. Das gilt auch nachträglich. Das Gesetz sollte helfen, die klammen Krankenkassen am Leben zu halten.

Und das bringt die Rentner in Wallung. Denn betroffen sind mutmaßlich Millionen Verträge in Deutschland. Die Gruppe der „Direktversicherungsgeschädigten“ hat sich bei Facebook organisiert, einen deutschlandweiten Verein mit mehreren Hundert Mitgliedern gegründet und ist dank Günther im Norden besonders aktiv.

Hier kommen Sie zu dem Verein

"Wir fordern, dass der Staat einmal gemachte Versprechungen und Zusagen, mit denen er die Bürger in eine zusätzliche, private Altersvorsorge lockte, auch einhält“, war das Motto der Demo. Die Protestierenden zogen weiter zur Techniker Krankenkasse, die von einigen Rentnern verklagt wurde. Dort sollte es Gespräche mit Verantwortlichen geben.

GMG-Geschädigte: die Facebook-Gruppe

Während die Sozialgerichte meist zugunsten der Krankenkassen entschieden, musste gerade Deutschlands größte Kasse, die TK, in einem Musterprozess in Dortmund eine Niederlage gegen einen Rentner einstecken. Außerdem hat just das Hamburger Sozialgericht für einen Rentner und gegen seine Krankenkasse entschieden. Er bekommt einen Großteil seiner Beiträge zurück. Es geht um Zehntausende Euro.

Rentner Günther beklagt, dass Politiker aller regierenden Parteien auf Briefe und Eingaben mit vorformulierten Statements und Textbausteinen antworten. Dabei sei die Homepage des Vereins unter der Last von 40.000 gleichzeitigen Zugriffen zusammengebrochen, als dort von einem Erfolg eines Klägers vor Gericht berichtet wurde. Das Thema betreffe eben so viele Rentner.

Hintergrund: Die gesetzliche Rente in Deutschland