Hamburg. Bürgerschaft entscheidet heute: Betriebskosten der Elbphilharmonie sollen nicht zulasten anderer Einrichtungen gehen.
Man könnte meinen, dass 2,8 Millionen Euro in einem Zwölf-Milliarden-Etat nicht weiter ins Gewicht fallen. Und doch hatte diese Summe seit Monaten für Diskussionen unter Haushalts- und Kulturpolitikern gesorgt. Es geht um den Zuschuss der Stadt an HamburgMusik – die Betreiberin der Laeiszhalle und künftig auch der Elbphilharmonie. Wenn diese am 11. Januar 2017 eröffnet wird, soll der Zuschuss der Stadt an die von Christoph Lieben-Seutter geführte Hamburg Musik gGmbH von 3,2 auf 6,0 Millionen Euro steigen. Zudem erhält er für die ersten vier Jahre einen einmaligen Zuschuss von fünf Millionen Euro – auf vier Jahre umgelegt, hat er also 7,2 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung.
Nicht wenige Kulturschaffende und Bürgerschaftsabgeordnete hatten befürchtet, dass die Mehrausgaben bei anderen Kultureinrichtungen eingespart werden müssen. Dem haben SPD und Grüne mit einem Antrag, der zusammen mit dem Betriebskonzept heute in der Bürgerschaft beschlossen werden soll, nun endgültig einen Riegel vorgeschoben – zur Freude von Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos), deren Etat ab 2017/2018 um die Mehrausgaben erhöht wird. „Ich begrüße den Antrag“, sagte sie dem Abendblatt. „Damit kann das Versprechen des Senats umgesetzt werden: dass auch der Spielbetrieb der Elbphilharmonie den Kulturhaushalt nicht belastet. Es ist ein Bekenntnis der Stadt zu ihrer Elbphilharmonie einerseits und zur Vielfalt der Kultur in Hamburg andererseits.“
Die Etat-Erhöhung ist nur für die Elbphilharmonie gedacht
Allerdings schränkt der Antrag die Kultursenatorin auch ein: Sollte HamburgMusik ihren Etat nämlich nicht ausschöpfen, darf überschüssiges Geld nicht für andere Kultureinrichtungen verwendet werden, sondern muss zurück in den Etat der Stadt fließen. Auf diese Regelung haben vor allem SPD-Haushaltspolitiker wie Jan Quast und Mathias Petersen gedrängt. „Ich wollte immer, dass die Elbphilharmonie sich durch Einnahmen und Spenden selbst trägt“, sagte Petersen dem Abendblatt. „Das wurde den Bürgern mal so versprochen, dabei muss es auch bleiben.“
Sowohl Quast als auch Petersen verweisen daher auf „die Einnahmekonzepte vergleichbarer Häuser auf internationaler Bühne“, die deutlich erfolgreicher um Spenden für den Betrieb werben. Dennoch dürfte es viele Hamburger vermutlich überraschen, dass der Zuschuss der Stadt pro Besucher in der Elbphilharmonie mit langfristig angepeilten 8,11 Euro deutlich unter dem anderer Kultureinrichtungen liegt. Bei solchen Vergleichen müssen allerdings viele Faktoren berücksichtigt werden. So musste Christoph Lieben-Seutter bislang bei seiner Programmplanung für die Laeiszhalle mit 2025 Plätzen für den Großen und 639 Plätzen für den Kleinen Saal kalkulieren. Künftig kommen zwei Säle in der Elbphilharmonie mit 2086 und 526 Plätzen hinzu. Schon daraus ergibt sich ein deutlicher Mehrbedarf bei den Subventionen, wenngleich der Spielbetrieb in der Laeiszhalle von Januar an durch die Termine im Neubau entlastet wird.
Kommentar: Ticket-Zuschüsse überraschen
Ein anderer wichtiger Kostenfaktor sind die vielen Musikvermittlungsprojekte für Kinder und Jugendliche in den Kaistudios der Elbphilharmonie, die ständig zu leisten sind, aber andererseits keine Einnahmen bringen wie ein reguläres abendliches Konzert. Die Bürgerschaft will sich halbjährlich Bericht über die Betriebskosten erstatten lassen: "Dies soll uns vor Überraschungen schützen und negative Kostenentwicklungen frühzeitig offenlegen", sagte Farid Müller (Grüne).
Weiter erschwert wird der Vergleich mit Adressen wie den Staatstheatern dadurch, dass diese große Personalkörper unterhalten und eine ganz andere Preisgestaltung haben. Während ein Anbieter wie die Staatsoper als einziger Veranstalter unter ihrem Dach die Preise konkret staffelt, arbeitet HamburgMusik mit Preiskategorien für Saalabschnitte: Es gibt also eine bestimmte Anzahl von Plätzen in einer billigsten Kategorie, ebenso eine immer gleiche Platzzahl in den folgenden.
Die weiße Haut im Großen Saal der Elbphilharmonie
Wie hoch dann der jeweilige Preis eines Platzes und die Abstände zwischen den Preisgruppen konkret sind, entscheidet der jeweilige Veranstalter. Und die Saalmiete, die er für einen Abend zu entrichten hat, richtet sich nach dem höchsten Kartenpreis. Ein Veranstalter, der einen besonders kostspieligen Künstler bucht (oder besonders gut an ihm verdienen will), wird also andere Preise verlangen müssen als beispielsweise der NDR für ein Abo-Konzert mit seinem Elbphilharmonie Orchester, das dort als Residenzorchester besonders präsent sein wird.
Bei bis zu 25 Euro pro Karte beträgt die Miete für den Großen Saal der Elbphilharmonie 8200 Euro, danach wird in mehreren Schritten gestaffelt. Bei maximal 200 Euro Kartenpreis sind 28.200 Euro fällig. Zum Vergleich: Im Großen Saal der Laeiszhalle kostet die Miete bei Kartenpreisen von bis zu 26 Euro 2631 Euro, bei mehr als 150 Euro pro Karte sind es 7695 Euro.
Außerdem gibt es Kooperationen wie die zwischen Lieben-Seutter und der Konzertdirektion Dr. Goette („Pro Arte“), um gemeinsam und kostensenkend Konzerte anzubieten. Bei diesen Deals profitieren beide Seiten und letztlich auch das Publikum, wenn Eintrittskarten wegen ihrer Mitfinanzierung durch die Stadt günstiger werden.