London/Hamburg. Europäischer Flugzeugbauer Airbus steigert den Umsatz und den Gewinn. Produktion des A330 wird wieder hochgefahren.

Der Airbus-Konzern hat eine Schallmauer durchbrochen. Dass das Auftragsbuch beim europäischen Flugzeugbauer dick ist, war bekannt. Allein für die A320-Familie, die rund zur Hälfte in Hamburg endmontiert wird, sind 5568 Maschinen bestellt, die laut Preisliste zwischen 75 und 125 Millionen Dollar kosten. Das sichert beim größten Arbeitgeber der Stadt für ein Jahrzehnt die Beschäftigung. Die Höhe des Auftragsbestandes, die der Vorstandsvorsitzende der Airbus Group am Mittwoch in London verkündete, erreichte dann aber doch eine neue Dimension. Für 1,006 Billionen Euro stünden Order in den Büchern, sagte Tom Enders auf der Bilanzpressekonferenz. 17 Prozent mehr als im Vorjahr und eine Bestmarke. Der Löwenanteil mit 952 Milliarden Euro entfiel auf zivile Jets.

Enders erwartet Lösung bei A320neo-Triebwerken

„Der Rekord-Auftragsbestand un­terstützt unsere Pläne, die Kapazitäten in der Zivilflugzeugproduktion zu erhöhen“, sagte Enders. Schon vor einigen Monaten hatte der MDAX-Konzern beschlossen, die Fertigungsrate der A320-Familie von derzeit rund 45 auf 60 Flugzeuge pro Monat bis Mitte 2019 zu erhöhen. Spätestens Anfang 2018 soll im Werk auf Finkenwerder die vierte Endmontagelinie in Betrieb sein. Dauerhafte Probleme beim A320neo mit spritsparenden neuen Triebwerken und nach oben gebogenen Flügelspitzen erwartet Enders nicht. „Wir haben Vertrauen, dass Pratt & Whitney die Performance Schritt für Schritt verbessern wird“, sagte Enders. Der US-Hersteller arbeitet weiter daran, die Kühlungsprobleme an seinen Aggregaten zu lösen. Der eigentliche Erstkunde Qatar Airways war deshalb abgesprungen, die Lufthansa nahm stattdessen Mitte Januar in Hamburg den ersten neo-Flieger in Betrieb. Strafzahlungen wegen verspäteter Auslieferungen erwarte er nicht, sagte Enders. Für Mitte dieses Jahres rechnet der Vorstandschef zudem damit, dass CFM International, ein Joint Venture von General Electric (USA) und Snecma (Frankreich), ihren Antrieb für den A320neo auf den Markt bringt.

Major Tom, wie der Reserveoffizier gerne genannt wird, kündigte für das Langstreckenflugzeug A330 wieder ein Anheben der Fertigungsrate an. Erst vor Kurzem wurde die Produktion von zehn auf sechs Stück pro Monat gesenkt, nun sollen es wieder sieben Maschinen sein. „Wir haben einen guten Auftragsbestand“, sagte Enders zur Begründung. Seit der A330neo im Juli 2014 angekündigt wurde, gab es 268 neue Bestellungen für die Familie. 13 Airlines und Leasingunternehmen wurden als Neukunden gewonnen. Mitte 2017 soll die neo-Produktion starten.

Sorgenkind bleibt weiter das größte Passagierflugzeug der Welt. Zwar erreichte der A380 im vergangenen Jahr erstmals operativ die Gewinnschwelle, sodass mit jedem verkauften Flugzeug jetzt Geld verdient wird. Die Investitionskosten in Milliardenhöhe müssen aber nach wie vor eingespielt werden. „Der A380 wird eine große Zukunft haben“, sagte Enders. Allerdings stellte er auch klar, dass der Konzern mehr Bestellungen brauche. „Ich bin optimistisch, dass sie auf dem Weg sind“, sagte Enders. 2015 waren es netto allerdings nur Aufträge für zwei Jets.

An die Kunden übergab Airbus im vergangenen Jahr 635 Flugzeuge. Die sechs Exemplare mehr als im Vorjahr und der starke Dollar hätten die Erlöse nach oben getrieben, sagte Finanzchef Harald Wilhelm. Der Umsatz des Konzerns stieg um sechs Prozent auf 64,5 Milliarden Euro. Die zivile Flugzeugsparte steuerte dazu 71 Prozent bei, den Rest der Hubschrauber- und Militär/Raumfahrt-Bereich. Das Konzernergebnis legte um 15 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro zu. Allerdings maßgeblich begünstigt durch einen Nettoertrag von 748 Millionen Euro durch den Verkauf eines 18,75-Prozent-Anteils am Jethersteller Dassault Aviation, sonst hätte es einen Rückgang gegeben. Der Vorstand schlägt vor, die Dividende um acht Prozent auf 1,30 Euro pro Aktie zu erhöhen. Für dieses Jahr erwartet das Unternehmen einen Gewinn auf Höhe des Jahres 2015. Hintergrund sind die Kosten für das Hochfahren der A320- und A350-Produktion. Insgesamt mehr als 650 Jets sollen ausgeliefert werden.

Haspa stuft Aktie als neutral ein, Commerzbank als Kauf

An der Börse fiel die Reaktion verhalten aus. Das Papier verlor 1,3 Prozent auf 54,75 Euro, der DAX büßte doppelt so viel ein. Die Zahlen seien sehr solide und keine Überraschung, sagte Haspa-Analyst Ingo Schmidt. Die Abnehmerseite bereite aber Sorgen. Gerade Airlines in Schwellenländern hätten lange von niedrigen Zinsen profitiert. Dort zögen die Zinsen nun an, sodass der Flugzeugkauf teurer werde. Und Fluggesellschaften wie Emirates und Etihad seien stark vom Öl abhängig und litten nun unter dem Preisverfall. Die Haspa stuft Airbus daher weiterhin als neutral ein und sieht das obere Kursziel bei 55 Euro. Das Analysehaus Independent Research kürzte seine Gewinnprognose für 2016, senkte das Kursziel von 64 auf 58 Euro und blieb bei der Einschätzung Halten. Die Commerzbank ist optimistischer, hält das Papier für einen Kauf mit Ziel 62 Euro.