Hamburg. Udo Hafner konstruiert von Hamburg aus Boote. Die Nachfrage ist hoch, demnächst bekommt er den Design Award.
Das Büro gegenüber der Speicherstadt sieht aus wie die Kanzlei eines Anwalts oder Steuerberaters. Auf die Idee, dass hier an der Straße Bei den Mühren Boote und Yachten entstehen, käme wohl niemand. Keine Werkbänke oder Reißbretter, kein Geruch nach Schmieröl oder Diesel, stattdessen jede Menge Computer. Es ist das Reich von Schiffbauer Udo A. Hafner. Und der liefert gleich die nächste Überraschung: Er stammt nicht etwa von der Waterkant, seine Heimat sind die Berge. Aus Kärnten hat es ihn einst an die Elbe verschlagen.
Für Udo Hafner ist das jedoch keineswegs ein Widerspruch. Im Gegenteil: „Bereits als Junge war ich mit der Jolle auf dem Wörthersee unterwegs“, sagt der heute 36-Jährige. „Und so wie Hamburger über das Wochenende an die Nord- oder Ostsee fahren, haben wir die Freizeit oft am Mittelmeer verbracht.“ Früh war deshalb klar, dass der Wassersportler aus seinem Hobby einen Beruf machen wollte.
In seiner Heimatstadt Klagenfurt schloss Hafner ein Maschinenbau-Studium ab, kam dann Anfang der 2000-Jahre nach Hamburg, um hier Vorlesungen in Schiffbau zu belegen. Schon bald interessierte er sich aber nur noch für Yachtkonstruktionen und gründete seine erste eigene Firma. „Zusammen mit einem älteren Partner, der leider nicht ehrlich war. Anfängerfehler!“ Aber auch hier gelte: „Wo immer eine Tür sich schließt, geht eine andere auf.“ 2007 war es soweit, da wurde das Unternehmen iYacht aus der Taufe gehoben. „Das i steht für Innovation und hat so gar nichts mit der Apfel-Firma aus Kalifornien zu tun,“ erklärt Hafner.
An den Computern in seinem Büro arbeiten heute sechs Ingenieure und Produkt-Designer. Der jährliche Umsatz liegt bei rund 500.000 Euro als Dienstleister – Tendenz steigend. Hafners Credo für sein Unternehmen: „Die Schiffe müssen gebaut werden können und gut aussehen. Gleichzeitig muss das kostenmäßig funktionieren.“ Durchschnittlich zehn Projekte pro Jahr bringt die Firma so aufs Wasser. Im Februar wird ihm der renommierte German Design Award verliehen.
Ob lila Stoffpolster oder edles Leder – die Auswahl für das Design ist groß
Vom 3,20 Meter langen Tretboot bis zur Luxusjacht mit allen Schikanen reicht die Palette. In den ersten Jahren saßen viele Kunden in Italien oder in der Türkei, jetzt ist das Büro hauptsächlich im Deutschland-Geschäft tätig. „Wir haben uns einen guten Namen gemacht“, sagt Hafner. Zu seinen Abnehmern gehören die Hanse-Gruppe in Greifswald, die Sirius-Werft in Plön, die Bremer Bootsschmiede Drettmann und die Marina Brodersby an der Schlei, wo Boote der Serie Kiel Classic gebaut werden. Für die Werft Degerö in Fahrdorf bei Schleswig hat er die Scangaard 26, einen 8,26 Meter langen Segler, komplett überarbeitet. Und auch dem schon mehr als 70 Jahre alten Folkeboot hat er neuen Pfiff gegeben.
„In der Regel ist unsere Arbeit bedarfsgesteuert von der Werft“, erläutert Hafner. „Die will entweder ihre Produktpalette erweitern oder eine neue Nische ergründen.“ Manchmal führt der Ingenieur die Gespräche aber auch direkt mit dem Kunden, wenn der so ganz genaue Vorstellungen von seinem Zuhause auf dem Wasser hat. Bei der Ausstattung und Materialwahl sind dem Variantenreichtum dabei kaum Grenzen gesetzt. Ob lilafarbene Stoffpolster oder feinste Lederbezüge, ob ein Rumpf aus Stahl, Holz oder Kunststoff, ob eine extragroße Bade-Plattform oder eine geräumige Heckgarage für die Jet-Skis – für den Österreicher gilt: „Ein Schiff muss aufrecht schwimmen und darf nicht kentern. Da lassen sich die physikalischen und mathematischen Grundsätze nicht überlisten.“
Um im Geschäft zu bleiben, muss Hafner viel reisen. Bei den großen Messen in Cannes und Monaco im Herbst sowie bei der jetzt laufenden boot in Düsseldorf heißt es für den Ingenieur, Flagge zeigen und Kontakte pflegen. Entspannung findet er dafür quasi um die Ecke. Am Sandtorkai, einen Steinwurf von seinem Büro entfernt, liegt sein altes Tuckerboot: Ein kleines, offenes Motorboot, dessen Name sich vom Geräusch ableitet, wenn das Kühlwasser beim Fahren nach außen gepumpt wird und der Motor tuckert. Leinen los, ein paar Meilen auf der Elbe machen – das ist Hafners Freizeitvergnügen. Ehefrau Yvette, die einen eigenen Friseursalon in der Isestraße führt, und Tochter Enid kommen gerne mit. Aber bei aller Liebe zu Hamburg und zum Wasser: „Natürlich vermisse ich die Berge“, sagt Hafner. Einmal im Jahr macht er daher Heimaturlaub, besucht Familie und Freunde. Zum Segeln auf dem Wörthersee bleibt da allerdings meistens keine Zeit. Man muss halt Prioritäten setzen, wo immer man gerade ist.