Hamburg. Erneut diskutieren Abgeordnete über Silvester-Übergriffe. Grote kündigt an, Spielräume im Ausländerrecht „vollständig auszuschöpfen“.
Mit einem Tag Verspätung hat Andy Grote (SPD) nun doch seine Jungfernrede als neuer Innensenator in der Bürgerschaft gehalten. Wie tags zuvor befasste sich das Parlament in der Aktuellen Stunde mit den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht. Diesmal mit der Verschärfung des Sexualstrafrechts als Zusatz.
Grote sagte, dass er eine Verschärfung begrüße. „Wir bekommen dadurch auch für die Polizei eine verbesserte Handlungsgrundlage. Wir können niedrigschwelliger mit der Verfolgung von Übergriffen, wie denen aus der Silvesternacht, ansetzen und einen wirkungsvolleren Schutz gewährleisten.“
Zunächst dankte Grote den Abgeordneten, die ihn am Vortag gewählt hatten und bot darüber hinaus den Oppositionsfraktionen „eine gute und faire Zusammenarbeit“ an. Er bezeichnete die „hemmungslosen Attacken auf Frauen und Mädchen“ als „völlig unerträglich, abstoßend und für unser Gemeinwesen in keiner Weise hinnehmbar“.
Die Übergriffe seien nicht nur ein neues Kriminalitätsphänomen, sondern berührten auch „die Grundlage des Zusammenlebens in einer freien, offenen, toleranten und kulturell gemischten Gesellschaft“. Jeder müsse sich zu jeder Zeit überall in der Stadt frei bewegen können – ohne Angst vor Übergriffen.
Vermischung von Asyl- und Sexualstrafrecht?
Klares und konsequentes Handeln der Polizei sei dafür erforderlich. Diese habe an den vergangenen beiden Wochenenden „mit massiver Präsenz für Sicherheit auf St. Pauli“ gesorgt. Und Grote machte klar: „Das ist im Übrigen nicht die Aufgabe von Türstehern oder anderen Privatangestellten.“
Im Zusammenhang mit den jüngsten Festnahmen kündigte Grote an, dass die Spielräume im Ausländerrecht „vollständig ausgeschöpft“ würden. Das werde nicht immer das gewünschte Ergebnis erbringen. „Der Rechtsstaat funktioniert nicht auf Zuruf. Aber die generelle Haltung ist: Wer solche Taten begeht, ist als Gast hier nicht länger willkommen. Er muss damit rechnen, dass sein Aufenthalt hier endet.“
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Abgeordneten bereits heftig darüber gestritten, dass einige Redner die Verschärfung des Sexualstrafrechts und die Verschärfung des Asylrechts vermischten. Insofern glich diese Debatte in Teilen der Debatte vom Mittwoch. Mareike Engels, frauenpolitische Sprecherin der Grünen, kritisierte CDU und AfD dafür, „Frauen für die eigenen politischen Zwecke zu instrumentalisieren“.
Engels sagte, die sexuelle Selbstbestimmung werde aus ihrer Sicht mit den geltenden Gesetzen nicht „ausnahmslos geschützt“. Sie forderte deshalb eine Verschärfung des Sexualstrafrechts, welches den Grundsatz „Nein heißt nein“ zum Inhalt habe. „Es darf nicht sein, dass Eigentum in der Gesellschaft besser geschützt ist als die sexuelle Selbstbestimmung.“ Sie widersprach der CDU-Vizefraktionschefin Karin Prien, die am Mittwoch den Grünen noch vorgeworfen hatte, dass deren Ruf nach einer Gesetzesverschärfung überstürzt sei. „Im Gegenteil, es wird höchste Zeit. Was wir aber nicht brauchen, ist eine Verschärfung des Asylrechts.“
FDP-Fraktionsvize kritisiert Grüne
Richard Seelmaecker, justizpolitischer Sprecher der CDU, erwiderte, dass der Vorstoß ohne Inhalt sei. „Nein heißt nein, heißt nichts“, sagte er und brachte damit die beiden Regierungsfraktionen gegen sich auf. Grundsätzlich sei auch er dafür, „strafrechtliche Lücken zu schließen“. Allerdings müsste der Unterschied zwischen „Grapschen“ und etwa einem Schlag deutlich gemacht werden.
Auch Cansu Özdemir, Fraktionschefin der Linken, warnte davor, sexuelle Gewalt mit Migranten zu verbinden. „Diese Taten werden von Tätern mit und ohne Migrationshintergrund begangen. Sexuelle Gewalt ist kein Problem einer bestimmten Herkunft.“ Und FDP-Fraktionsvize Anna von Treuenfels kritisierte, dass die Grünen eine gleichzeitige Verschärfung des Asylrechts ablehnten.
Dirk Nockemann, Fraktionsvize der AfD, zeigte sich empört darüber, dass angeblich „alle Schutzsuchenden dieser Welt in Deutschland Schutz finden, aber unsere eigenen Frauen keinen Schutz finden“, weil bei den Silvester-Übergriffen „keine Polizei in der Nähe“ gewesen sei.
Justizsenator Till Steffen (Grüne) hatte bereits vergangene Woche ein strengeres Sexualstrafrecht gefordert und kündigte nun an, dass der Senat eine Initiative im Bundesrat starten werde. Sexuelle Gewalt ziehe sich durch alle Gesellschaftsschichten, so Steffen. „Es braucht daher klare Grenzen und klare nachvollziehbare strafrechtliche Regelungen.“ Es sei weiterhin wichtig, dass sexuelle Handlungen in Verbindung mit Gewalt weiter hart bestraft werden. „Wir brauchen aber auch eine Strafbarkeit von sexuellen Handlungen, die gegen den Willen der Frau durchgeführt werden.“